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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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hatte den
Gebrauch der Schleuder beliebt gemacht. Dabei waren jedes Jahr zahllose junge
Menschen zu Tode gekommen, die Stirn von einem Wurfgeschoß zerschmettert.
    «Warum hast
du deinen Gegner getötet?» fragte Salomo.
    Die Frage
verwunderte den Soldaten.
    «Ich hatte keine andere Wahl,
Gebieter. Wer hat mit Jakob gerungen, ehe er ihm den Namen Israel verliehen
hat, wenn nicht der Engel? Wir sind doch Krieger. Im Kampf muß man bis ans Ende
gehen!»
    Der Sieger war berauscht und
verspürte keinerlei Gewissensbisse. Morgen würde er unter ähnlichen Umständen
genauso handeln. Falls Salomo ihn bestrafte, würde er sich das empörte
Mißfallen seiner Leibwache zuziehen.
    «Geh», befahl
er.
    Lächelnd
entfernte sich der Mörder. Er hatte vor, seinen Sieg mit seinen Waffengefährten
zu feiern, und würde auch nicht vergessen, Jahwe dafür zu danken, daß er seinen
Arm so stark gemacht hatte.
    Nachdem
Salomo den Obersten seiner Leibgarde befohlen hatte, mit einem Trupp zur
Bundeslade zu kommen, stieg er zu Fuß den Hügel hinunter. Er setzte sich auf
einen Felsen und barg den Kopf in den Händen.
    Der Friede
war nichts als ein Traum. Ein Trugbild, an das er glauben wollte, damit sein
Leben einen Sinn bekam. Er mußte sich der Wahrheit stellen. Er würde kein
eleganter Fürst sein, der den Tag und seine Langeweile mit dem Verfassen von
Gedichten totschlug, welche die Höflinge dann bewundern mußten.
    Die Morgenluft wehte das
klare Geläut einer Glocke heran.
    Salomo zuckte
zusammen.
    David hatte
den Gebrauch dieses Instruments verboten, seitdem die Glocke verstummt war, die
ihm die Engel geschenkt hatten. Wenn der König zu Gericht saß, war sie in
Anwesenheit eines Unschuldigen erklungen und hatte geschwiegen, wenn der
Schuldige verschwand. So herrschte sie über Israel als allmächtige Kraft, die
von Gott selbst kam. Doch David hatte gesündigt, und seither schwieg die Glocke
und zwang den Herrscher, seine eigenen Urteile zu fällen auch auf die Gefahr
hin, daß er sich irrte.
    David saß
nicht mehr zu Gericht. Der alte König wartete verzweifelt darauf, daß die
Glocke wieder erklang. Davids Glocke… War sie es, die Salomo hörte? Er stand
auf und ging in Richtung einer Höhle, aus der das Geläut zu kommen schien. Er
betrat das Innere einer dunklen und feuchten Welt. Der Ton wurde lauter.
    Er wandelte
sich zu einer mächtigen Stimme, die sehr feierlich klang, zu feierlich, um
einem Menschen zu gehören. Da zog eine tiefe Ruhe in das Herz von Davids Sohn
ein. Er wußte, diese unsichtbare Gegenwart war Gott.
    Salomo
lauschte mit seinem ganzen Wesen. Er fiel auf die Knie und betete leise: «Von
Dir, Du Mächtigster der Mächtigen, wünsche ich mir weder Glück noch ein langes
Leben. Aber gewähre mir die erforderliche Klugheit, daß ich den Weg des
Friedens finde und lerne, Gut und Böse zu unterscheiden.»
    Strahlendes
Licht erfüllte die Höhle und zwang Salomo, die Augen zu schließen. Die
feierliche Stimme, die nur aus Schwingungen bestand, verklang.
    Als der Sohn Davids aus der
Höhle trat, erreichte die Sonne bereits den Zenit. Schreiend liefen die
Soldaten der Leibwache umher. Ihr Oberster stürzte auf seinen Herrn zu.
    «Gebieter!
Wir haben dich überall gesucht. Ein Bote ist aus Jerusalem gekommen. Du mußt
unverzüglich zurückkehren. Dein Vater liegt im Sterben.»

 
    Kapitel 2
     
     
     
    Jerusalem
erhob sich auf dem Hügel Zion. Die Stadt
wirkte wie eine Festung mit Festungsmauern und bewachten Toren, die sie
uneinnehmbar machten. Trotzdem hatte David sie eingenommen, hatte die hohen
Mauern gestürmt, nachdem er sie lange belagert hatte. Für den König war es sein
schönster Sieg gewesen, und er hatte Israel eine neue Hauptstadt beschert.
    Von drei
Seiten durch karge Täler eingeschlossen, von Schluchten mit steilen Hängen
umgeben, durch deren Wadis nach Unwettern Wasserfluten schossen und gewundene
Wasserläufe schufen, war die Festung durch ihre Lage geschützt. David hatte es
nicht für nötig gehalten, seinerseits neue Festungsanlagen hinzuzufügen,
abgesehen von der Nordflanke. Auf dem Vorgebirge Ophel, das
eintausendvierhundert Ellen hochragte, erhob sich das Zion Davids.
    Salomo betrat
Jerusalem durch eins der befestigten Tore, das ständig von bewaffneten Soldaten
bewacht wurde. Die Hauptstadt Israels machte ihm mehr Angst als Freude. Warum
gab sie sich so abweisend, warum versteckte sie ihren Zauber hinter einem
verschlossenen und abwehrenden Äußeren? Die Paläste der Reichen, welche

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