Der Tempelmord
wollte bei dem Arzt keine Freude aufkommen. Zu hoch war der Preis, den er dafür gezahlt hatte! Erst hatte dieser Söldner Samu umgebracht und dann auch noch Abimilku getötet! Was wollte der Kerl noch von ihm? Um einen schnellen Tod betteln? Philippos preßte die Lippen aufeinander und starrte vor sich auf den Fußboden. Den Gefallen würde er ihm nicht tun!
Nachdem Abimilku gestorben war und der Regen begonnen hatte, war Philippos in den Tempel hinabgestiegen und hatte Hilfe geholt. Zwei Männer hatten Hophra auf eine Trage in den Eshmun-Tempel gebracht, wo Chelbes persönlich sich des Verletzten angenommen hatte.
»Soll ich mit dir kommen?« Der Hohepriester hatte Philippos väterlich den Arm um die Schultern gelegt.
Verärgert schüttelte der Grieche den Kopf. »Ich möchte mit ihm allein sprechen.« Seine Stimme klang hart und verbittert.
Als er gehen wollte, hielt ihn der Priester am Ärmel seiner Tunica fest.
»Du wirst ihm doch nichts antun, Philippos?«
»Ich habe einen Eid geschworen . Wegen eines Mannes wie Hophra werde ich nicht gegen meinen Gott, Asklepios, wortbrüchig werden.«
Chelbes nickte. »Verzeih! Das war eine dumme Frage.«
Samu lehnte an der Wand des Torgewölbes und betrachtete die langsam wachsenden Pfützen im Atrium, als endlich ein lautes Klopfen am Tor die bedrückende Stille unterbrach.
Septimius persönlich schob den eisernen Riegel zurück, der das große Holztor verschlossen hielt. Hinter dem Tribun warteten sechs Legionäre mit gezogenen Schwertern.
Iubal schien kaum überrascht zu sein, daß ihn Soldaten in seinem Haus erwarteten. Er verneigte sich knapp. »Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs, Römer? Ich hoffe, ich kann dir und den Deinen behilflich sein.«
Auf der Straße konnte Samu etliche Lastenträger mit langen Holzstangen erkennen, die dazu dienten, die schweren Kisten zu transportieren.
»Du bist des versuchten Giftmordes angeklagt, Kaufmann. Marcus Antonius möchte dich zu dieser Angelegenheit befragen.«
Der schmächtige Mann rieb sich über das Kinn und machte dann plötzlich einen Satz zurück. »Macht sie nieder!« schrie er mit sich üb erschlagender Stimme und suchte hinter den Lastenträgern Schutz.
Septimius riß sein Schwert aus der Scheide und tauchte unter einem Schlag hinweg, den einer der Lastenträger mit seiner Stange führte. »Schneidet sie in Streifen!« zischte der Tribun wütend. »Und dann bringt mir diesen Bastard!«
Samu drückte sich eng an die Wand des Torgewölbes und zog sich zum Atrium hin zurück.
Der Kampf zwischen den Lastenträgern und den schwer bewaffneten Legionären dauerte nur wenige Augenblicke. Als der dritte Hafenarbeiter blutend zu Boden gegangen war, warfen die anderen ihre Waffen weg und ergaben sich. Iubal aber hatte die Gelegenheit genutzt, um in Richtung des ägyptischen Hafens zu fliehen.
Sobald das Geplänkel beendet war, setzte Samu über die Verletzten hinweg und rannte die schmale Gasse hinab, die an der Villa vorbei zum Meer führte. Hinter sich hörte sie, wie ihr die Römer schnaufend und mit klirrenden Kettenhemden folgten.
Ohne Waffen und in leichter Kleidung konnte sie schneller laufen als die Legionäre. Iubal hatte vielleicht hundert Schritt Vorsprung vor ihr, doch sie holte langsam auf.
Die gepflasterten Straßen waren glatt vom Regen. Zweimal strauchelte sie fast, bis sie das halb verfallene Stadttor erreichte, hinter dem das versandete Hafenbecken lag. Iubal war ein Stück weit eine der verfallenen Molen hinabgelaufen. Er winkte mit seinen Armen und schien etwas zu rufen, doch durch das monotone Rauschen des Regens konnte die Priesterin seine Worte nicht verstehen. Am Ende der Mole lagen zwei flache, kleine Segelboote.
Als sie den Kaufmann und seine Verfolger sahen, lösten die Fischer die Leinen und nahmen lange Stangen auf, mit denen sie sich vom Kai abstießen.
Am Ende der Mole angelangt, sprang Iubal mit einem weiten Satz ins Wasser. Die Schiffer des hinteren Bootes streckten ihm eine Stange entgegen und zogen ihn dann an Bord.
Keuchend blieb Samu stehen. Sie hatte verloren! Die Boote kamen zwar nur langsam voran, doch es gab keine Möglichkeit, sie weiter zu verfolgen. Außer den beiden kleinen Seglern gab es keine weiteren Boote in dem aufgegebenen Hafen.
Am Heck des vorderen Schiffes stand ein hochgewachsener Mann und winkte hämisch zu ihnen herüber. Es war Archelaos, der Priesterfürst aus dem pontischen Comana.
Fluchend blickte die Priesterin den Flüchtlingen nach, als
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