Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
»John’s ist auch gut«, sagte er.
Im ersten Moment wusste Byrne nicht, was er meinte. Wer ist John? Dann fiel es ihm ein: Gabriel sprach über John’s Roast Pork.
»John’s? Du meinst in der Synder?«
Der Junge nickte.
»Stimmt«, sagte Byrne. »John’s ist wirklich gut. Wenn du willst, können wir da mal hingehen.«
Gabriel schickte sich an, die Tür zu schließen, verharrte dann aber und dachte nach. Schließlich beugte er sich in den Wagen, als wollte er Byrne ein Geheimnis anvertrauen. Byrne stellte fest, dass er unwillkürlich den Atem anhielt.
»Ich weiß, dass Sie über mich Bescheid wissen«, sagte Gabriel.
»Was soll ich über dich wissen?«
»Oh, Mann.« Gabriel schüttelte den Kopf. »Die Weißen haben immer ’ne Akte, wenn sie mit mir reden. Sozialarbeiter, Anwälte, Lehrer, Leute, die für die Stadtverwaltung arbeiten. Leute vom Jugendamt. Die schauen alle in die Akte, bevor sie mit mir sprechen. Da muss doch irgendwas drinstehen.«
»Ja«, sagte Byrne und versuchte ein Lächeln zurückzuhalten. »Ein paar Dinge weiß ich.«
»Hm, es gibt da aber noch etwas, was Sie wissen sollten. Das steht allerdings nicht in der Akte.«
»Und was ist das?«
»Er hat sich nicht weggeknallt.«
»Was soll das heißen?«, fragte Byrne. » Wer hat sich nicht weggeknallt?«
Gabriel blickte die Straße in beide Richtungen hinunter und drehte sich kurz um. »Mein Bruder Terrell«, sagte er dann. »Er hat sich nicht weggeknallt, wie alle sagen.«
Nach diesen Worten schlug er die Tür zu und ging mit schnellen Schritten über eine schneebedeckte Brachfläche davon. Geschickt wich er einem ausrangierten Kühlschrank und anderem Gerümpel aus.
Kurz darauf sah Byrne nur noch den ausgeblichenen Kapuzenpullover des Jungen, dann war Gabriel Hightower verschwunden.
*
Abends machte Byrne sich ein Fertiggericht in der Mikrowelle warm: Hühnchen, für seinen Geschmack zu süß, mit faden Erbsenschoten. Nach dem Essen wurde er unruhig und verließ das Haus. Er fuhr zum American Pub im Centre Square Building. Ein freier Tag warf ihn jedes Mal regelrecht aus der Bahn. Oft arbeitete er sieben, acht Tage hintereinander. Hinzu kamen die unvermeidlichen Überstunden, die der Job als Detective bei der Mordkommission des Philadelphia Police Departments verlangte. Wenn er dann endlich mal Zeit hatte, auszuschlafen, zu lesen oder die Wäsche zu waschen, wurde er nervös und interessierte sich mehr für seine aktuellen Fälle als für das Entspannen. Byrne gab es nicht gerne zu, aber der Job war sein Leben. Er war mit Herz und Seele Polizist.
An diesem Abend fragte er sich, ob sich in einem aktuellen Fall bereits Zeugen gemeldet hatten.
Gegen halb zwölf verließ er den Pub.
Anstatt nach Hause zu fahren, fuhr er Richtung Norden.
*
Am frühen Abend hatte Byrne im Büro angerufen und ein paar Informationen darüber erhalten, was Gabriels Bruder Terrell zugestoßen war.
Nach dem Tod ihrer Mutter waren die beiden Jungen bei zwei verschiedenen Pflegefamilien untergebracht worden. Terrell, der die Central Highschool besucht hatte, war dem Vernehmen nach ein guter Schüler gewesen, wenngleich er unter Hyperaktivitätsstörungen gelitten hatte – ein Begriff, der zu der Zeit allerdings kaum benutzt worden war.
Mit fünfzehn fand Terrell ein Ventil für seine nervöse Energie: die Leichtathletik. Nachdem er eine volle Saison trainiert hatte, war er ein Klassesprinter über die 100 und 200 Meter, gefürchtet von der Konkurrenz. In seinem zweiten Jahr auf der Highschool gewann er sämtliche Titel in Philadelphia, im dritten Jahr führte er seine Mannschaft bei den Landesmeisterschaften zum Sieg. Sogar von der fernen University of California in Los Angeles kamen Scouts, um das Talent zu beobachten.
Eines Abends, als Terrell die Werkstatt fegte – er jobbte in Teilzeit bei einer Autolackiererei –, kamen zwei Männer herein. Sie feuerten auf den Besitzer James DuBois und schossen Terrell zwei Kugeln in den Bauch. DuBois war auf der Stelle tot. Terrell wurde mit dem Rettungswagen ins Jefferson Hospital gebracht. Nach vier Stunden galt sein Zustand wieder als stabil.
Die Polizei nahm die Ermittlungen auf. Wie nicht anders zu erwarten, hatten die Nachbarn nichts gesehen und gehört. Noch ein Phantomkiller in Philadelphia.
Doch es kursierte das Gerücht, dass ein Drogendealer namens DeRon Wilson aus North Philly den Anschlag aus Rache verübt hatte, weil Terrell seiner Gang nicht beitreten wollte. Dadurch fühlte Wilson sich in
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