Der Teufel trägt Prada
Notfälle
9.00:
Anfrage von Natalie (Glorious Foods): Sol len die Meringues mit Beeren-Pralinémischung oder mit gewärmtem Rhabarberkompott gefüllt werden? Bitte zurückrufen. 555.9887
9.00:
Anruf von Ingrid Sischy, gratuliert zur April Ausgabe. Das Cover sei »wie immer absolut sensationell«. Möchte wissen, wer das Großpor trät auf der Innenseite gestaltet hat. Bitte zurückrufen. 555.6246: Büro 555.8833: Privat
Notiz:
Anruf von Miho Kosudo, haben leider das Ge steck für Damien Hirst nicht zustellen kön nen. Lassen ausdrücklich ausrichten, dass sie vier Stunden vor dem Haus gewartet haben und dann gehen mussten, nachdem es dort offen sichtlich keinen Portier gibt. Sie versuchen es morgen noch einmal.
9.15:
Anruf von Mr. Samuels. Ist nach der Mittagspau se wieder erreichbar, wollte Sie aber vorsichts halber an den heutigen Elternabend erinnern.
Vor Beginn würde er mit Ihnen gern noch über Carolines Geschichtsreferat sprechen. Rückruf frühestens ab 14 Uhr, spätestens bis 16 Uhr. 555.5932
9.15:
Zweiter Anruf von Mr. Tomlinson mit der Bitte an Andrea um eine Tischreservierung nach dem Elternabend. Rückruf auf Handy erbeten.
Notiz:
Andrea hat für Sie und Mr. Tomlinson heute Abend um 20 Uhr einen Tisch im La Caravelle bestellt. Rita Jammet freut sich, Sie wieder ein mal bei sich begrüßen zu dürfen, und fühlt sich geschmeichelt, dass Sie bei ihr dinieren wol len.
9.30:
Anruf von Donatella Versace. Für Ihren Aufent halt ist alles arrangiert. Sie möchte wissen, ob Sie neben Chauffeur, Koch, Fitnesstrainer, Fri seur, Visagisten, persönlicher Assistentin, drei Zimmermädchen und dem Jachtkapitän noch weiteres Personal benötigen? Falls ja, bittet sie um Benachrichtigung vor ihrer Abreise nach Mailand. Sie wird außerdem für Handys vor Ort sor gen, kann allerdings nicht persönlich anwesend sein, weil sie mit den Vorbereitungen für die Modenschauen zu tun hat. 011.3901.55.27.55.61
9.45:
Anruf von Judith Mason. Bitte zurückrufen. 555.6834
Ich knüllte das Blatt zusammen und warf es in den Papierkorb unter meinem Schreibtisch, wo es sich auf der Stelle mit dem Fett vollsog, das mitsamt Mirandas drittem Frühstück bereits früher dort gelandet war. Laut Bulletin verlief der Tag bisher
ziemlich normal. Gerade wollte ich bei Hotmail auf »Abholen« klicken und nachsehen, ob schon neue E-Mails angekommen waren, als sie ins Büro gerauscht kam. Die Pest über diese dämliche Sophy! Sie hatte schon wieder den Warnruf vergessen.
»Ich gehe davon aus, dass das Bulletin auf dem neuesten Stand ist«, sagte sie eisig, ohne eine von uns eines Blickes zu würdigen oder unsere Anwesenheit sonstwie zur Kenntnis zu nehmen.
»Das ist es, Miranda«, gab ich zur Antwort und hielt es ihr hin, damit sie nicht etwa danach greifen musste. Vier Wörter, und der Zähler läuft , dachte ich und betete innerlich, dass mein Vorgefühl stimmen mochte und ich für meinen Teil maximal mit einem 75-Wörter-Tag davonkommen würde. Sie entledigte sich ihrer kurzen Nerzjacke, in deren weichem Flaum ich am liebsten auf der Stelle mein Gesicht vergraben hätte, und warf sie achtlos auf meinen Schreibtisch. Ich verfrachtete das Prachtstück von totem Tier in den Schrank und erschrak plötzlich, als ich unauffällig meine Wange an den Pelz schmiegte: Es hingen noch winzige Eisklümpchen darin. Wie überaus passend.
Dann entfernte ich den Deckel von einem lauwarmen Milchkaffee und türmte sorgsam Speck, Würstchen und Käsecroissant zu dem üblichen Fettberg auf einen schmuddeligen Teller. Alles zusammen balancierte ich, auf Zehenspitzen schleichend, in ihr Büro und setzte es so behutsam wie möglich auf einer Ecke des Schreibtischs ab. Sie war mit der Abfassung einer Notiz (auf eierschalenfarbenem Briefpapier von Dempsey und Carroll) beschäftigt und sprach so leise, dass ich es um ein Haar überhört hätte.
»Aan-dreh-aa, ich muss die Verlobungsparty mit Ihnen durchsprechen. Holen Sie sich ein Notizbuch.«
Ich nickte und kam gleichzeitig zu der Erkenntnis, dass Nicken nicht als Wort zählte. Diese Verlobungsparty war schon jetzt der Nagel zu meinem Sarg, und dabei sollte sie erst in gut einem
Monat steigen. Aber da Mirandas Abreise zu den europäischen Modeschauen kurz bevorstand und sie zwei Wochen fort sein würde, waren wir seit Tagen mit wenig anderem als mit der Planung dieses Großereignisses zugange. Also fand ich mich mit Stift und Block wieder bei ihr ein, ohne große Hoffnung, auch nur ein Wort von dem zu verstehen, was
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