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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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sie mir zu sagen hatte. Einen Augenblick liebäugelte ich mit der Idee, mich hinzusetzen, was das Aufnehmen eines Diktats sehr viel angenehmer gemacht hätte, nahm dann aber wohlweislich doch Abstand davon.
    Sie seufzte so schwer, als drohte sie unter der übermenschlichen Anstrengung zusammenzubrechen, und zupfte an dem wei ßen Hermès-Schal, den sie um ihr Handgelenk drapiert hatte. »Setzen Sie sich mit Natalie von Glorious Foods in Verbindung, und sagen Sie ihr, ich ziehe das Rhabarberkompott vor. Lassen Sie sich nicht von ihr beschwatzen, dass sie mit mir persönlich sprechen müsse, dazu besteht keine Notwendigkeit. Klären Sie die Blumenbestellung mit Miho. Wegen Tischwäsche, Tischkarten und Serviertabletts verbinden Sie mich irgendwann vor dem Lunch mit Robert Isabell. Außerdem möchte ich mit der Frau vom Met sprechen, und sagen Sie ihr, sie soll mir vorab das Tischarrangement faxen, damit ich die Sitzordnung festlegen kann. Das wäre fürs Erste alles.«
    Sie hatte den ganzen Sermon heruntergerattert, ohne auch nur eine Sekunde im Schreiben innezuhalten, und händigte mir nun die eben verfertigte Notiz zur Weiterleitung aus. Ich kritzelte den letzten Rest auf meinen Block; hoffentlich hatte ich alles richtig verstanden – bei ihrem Akzent und dem Schnellfeuergewehrtempo, in dem sie sprach, war das nicht immer ganz einfach.
    »Okay«, murmelte ich und wandte mich zum Gehen. Gesamtzahl der Miranda-Wörter: fünf. Vielleicht schaffe ich’s heute ja unter 50 . Ich spürte ihren Blick, der den Umfang meines Hinterns taxierte, während ich auf meinen Schreibtisch zusteuerte, und überlegte kurz, ob ich auf dem Absatz kehrtmachen
und rückwärts gehen sollte wie die gläubigen Juden nach dem Gebet an der Klagemauer. Nein. Lieber gab ich mir alle Mühe, praktisch schwebend außer Sicht- und Reichweite zu kommen und stellte mir dabei Abertausende Chassidim vor, von Kopf bis Fuß in Pradaschwarz gekleidet, die rückwärts im Kreis um Miranda Priestly paradierten.

12
    Der himmlische Tag, auf den ich hingefiebert, von dem ich so lange geträumt hatte, war endlich, endlich da. Miranda war weg – nicht bloß aus dem Büro, sondern sicher außer Landes. Vor einer knappen Stunde war sie auf ihren Sitz in der Concorde gehechtet, um in Europa Gespräche mit maßgeblichen Designern zu führen: Herz, was willst du mehr? Emily versuchte mir zwar weiterhin weiszumachen, dass Miranda noch weniger Ruhe gab, wenn sie im Ausland war, aber das kaufte ich ihr nicht ab. Mitten in meinen Planungen, wie und womit genau ich jede einzelne göttliche Sekunde der kommenden zwei Wochen zu verbringen gedachte, bekam ich eine E-Mail von Alex.
    Hey, Babe, wie geht’s? Hoffe so weit gut. Und sicher schon mal besser, nachdem sie weg ist, oder? Genieß es. Wollte eigentlich nur fragen, ob Du mich heute so gegen halb vier anrufen könntest. Da habe ich eine Stunde frei, bevor der Leseunterricht losgeht, und ich muss Dir was sagen. Nichts Weltbewegendes, aber ich würde gern mit Dir reden. Alles Liebe, A.
    Natürlich machte ich mir sofort Gedanken und schrieb zurück, ob irgendwas los wäre, aber er hatte sich wohl gleich danach ausgeloggt, jedenfalls kam keine Antwort mehr von ihm. Ich machte im Geist einen Vermerk, ihn um Punkt halb vier anzurufen; welch himmlisches Gefühl von Freiheit, zu wissen, dass SIE nicht da war und mir dazwischenfunken konnte. Für alle Fälle
schrieb ich noch »A. ANRUFEN, HEUTE 15.30« auf einen Briefbogen von Runway und klebte ihn seitlich an meinen Monitor. Eben wollte ich mich bei einer Schulfreundin melden, die mir vor einer Woche zu Hause auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte, da klingelte das Telefon.
    »Büro Miranda Priestly« – fast hätte ich laut aufgeseufzt. Ich wollte im Augenblick einfach mit keiner Menschenseele sonst sprechen.
    »Emily? Sind Sie das? Emily?« Die Stimme war unverkennbar, sie drang durch die Leitung und schien sich im ganzen Büro zu verbreiten. Von ihrem Platz am anderen Ende konnte Emily unmöglich etwas gehört haben, trotzdem blickte sie zu mir hin.
    »Hallo Miranda. Andrea am Apparat. Kann ich etwas für Sie tun?« Wie um alles in der Welt kam die Frau an ein Telefon? In Windeseile überflog ich den Reiseplan, den Emily getippt und für die Zeit von Mirandas Abwesenheit an alle ausgegeben hatte. Sie war noch keine sechs Minuten in der Luft und schon hielt es sie ohne Hörer am Ohr nicht mehr auf ihrem Sitz.
    »Das will ich hoffen. Ich habe eben den Plan durchgesehen, und

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