Der Teufel trägt Prada
hören Sie mir mal eine Minute zu«, legte ich los; dieser faulen Schnepfe, die auf ihrem Posten im Gegensatz zu mir eine mehr als ruhige Kugel schob, würde ich es zeigen. »Ich rufe aus dem Büro von Miranda Priestly an, und zufällig -«
»Entschuldigung, sagten Sie, Sie rufen aus dem Büro von Miranda Priestly an?« Ich hörte förmlich, wie ihre Lauscher sich aufrichteten. »Miranda Priestly… vom Magazin Runway ?«
»Eben die. Warum? Mal von ihr gehört?«
Und nun vollzog sich an ihr die wundersame Wandlung von der missachteten grauen Assistentenmaus zur verzückten Modesklavin. »Von ihr gehört? Wie denn nicht? Gibt es irgendwen, dem der Name Miranda Priestly nichts sagt? Die maßgebliche Frau in der Modebranche? Was sagten Sie noch, wonach sucht sie?«
»Nach einer Besprechung. Gestern in der Zeitung. Ein Asien-Restaurant. Online habe ich nichts gefunden, aber vielleicht war ich ja nicht gründlich genug.« Das war geschwindelt. Ich hatte es gecheckt und war mir ziemlich sicher, dass die New York Times in der ganzen letzten Woche kein einziges Asien-Restaurant besprochen hatte, aber das wollte ich ihr nicht auf die Nase binden. Vielleicht konnte unsere kleine Grau-raus-Mode-rein-Maus ja ein Wunder wirken.
Außer bei der Times hatte ich es schon bei der Post und der Daily News probiert, aber ohne Erfolg. Nach Eingabe der Nummer
von Mirandas Firmenkreditkarte war mir darüber hinaus Zugang zu den gebührenpflichtigen Archiven des Wall Street Journal gewährt worden, wo ich tatsächlich eine Kurzbesprechung über ein neues Thai-Restaurant im Village fand, das ich jedoch sofort wieder streichen musste, als ich feststellte, dass die Hauptgerichte durchschnittlich nur sieben Dollar kosteten und » citysearch.com « es unter »preiswert« auflistete.
»Ja, klar, bleiben Sie bloß eine Sekunde dran. Ich sehe gleich mal für Sie nach.« Und mit einem Mal tippte unser kleines Fräulein Kann-mir-schließlich-nicht-jedes-Wort-aus-der-Zeitung-Merken eifrig auf der Tastatur herum und summte uns zweien dazu vergnügt was vor.
Mir brummte noch der Schädel von den Strapazen der Nacht. Es hatte Spaß gemacht, Alex zu überraschen, und es war erstaunlich entspannend gewesen, einfach faul bei ihm in der Wohnung herumzuhängen, aber zum ersten Mal seit vielen, vielen Monaten konnte ich nicht einschlafen. Wieder und wieder quälten mich Gewissensbisse und die Erinnerung daran, wie Christian mich auf den Hals geküsst und ich Alex nichts davon erzählt hatte. Je häufiger ich mir all die Gedanken aus dem Kopf zu schlagen versuchte, desto intensiver kehrten sie zu mir zurück. Als ich zum Schluss endlich doch einschlief, träumte ich, dass Alex bei Miranda als Kindermädchen arbeitete und – anders als die realen Angestellten – auch bei ihr wohnen musste. Wenn ich ihn in meinem Traum sehen wollte, musste ich jedes Mal mit Miranda zusammen heimfahren und ihn in ihrer Wohnung besuchen. Dabei nannte sie mich hartnäckig Emily und trug mir irgendwelchen Mumpitz auf. Bis zum Morgengrauen war Alex Mirandas Zauber erlegen und verstand nicht mehr, was ich an ihr so schlimm fand, und, übler noch, hatte Miranda sich Christian geangelt. Gott sei Dank fuhr ich irgendwann mit einem Ruck aus diesem Albtraum hoch, der damit endete, dass Miranda, Christian und Alex sonntagmorgens in teuren Bademänteln um den Tisch saßen, die Times lasen und sich köstlich amüsierten,
derweil ich das Frühstück herrichtete, servierte und wieder abräumte. Mein Nachtschlaf war also ungefähr so entspannend gewesen wie ein Solospaziergang durch die Bronx um vier Uhr morgens, und jetzt machte mir diese Restaurantbesprechung auch noch das letzte Fünkchen Hoffnung auf einen stressfreien Freitag zunichte.
»Hm, nein, also wir haben in letzter Zeit tatsächlich nichts über Asien-Restaurants gebracht. Ich versuche nur gerade mich persönlich zu erinnern, ob es irgendwelche neuen schicken Adressen für Asien-Küche gibt. Also ich meine solche, die für Miranda eventuell in Frage kämen?« Es klang, als wollte sie die Unterhaltung unter allen Umständen am Laufen halten.
Ich dagegen wollte dieses Mäuschen schleunigst aus der Leitung haben und sparte mir daher jeden Kommentar zu ihrem vertraulichen »Miranda«. »Okay, gut, das habe ich mir schon gedacht. Aber vielen Dank jedenfalls, das war sehr nett von Ihnen. Wiederhören.«
»Warten Sie!« Sie klang so dringend, dass ich den Hörer wieder Richtung Ohr hob. »Ja?«
Ȁh, also, ich wollte nur sagen,
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