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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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hatte noch nie ein Date, aber meine Mama sagt, Mädchen können auch alleine ausgehen, und das werde ich auch. Ich habe ein Kleid, aber das ist schon alt und kein Designerkleid oder sonst was, das so bei Runway zu sehen ist. Meine liebsten Designer sind 1) Prada, 2) Versace und 3) John Paul Gotier. Ich finde viele toll, aber das sind meine drei Favoriten. Ich habe keine Kleider von ihnen und auch noch nie welche im Laden gesehen (ich weiß nicht, ob es die irgendwo in Newark zu kaufen gibt, aber falls Sie etwas wissen, schreiben Sie es mir bitte, dann kann ich hingehen und sie mir aus der Nähe ansehen), aber ich kenne sie aus Runway und finde sie echt supersuperschön.
    Ich will Sie jetzt nicht länger belästigen, aber ich wollte Ihnen noch sagen, auch wenn Sie diesen Brief in den Müll schmeißen, ich bin trotzdem weiter ein großer Fan von Ihrem Magazin, weil ich die Models und die Kleider und alles einfach ganz toll finde, und Sie natürlich auch.
    Mit besten Grüßen
    Anita Alvarez
     
    P.S. Meine Telefonnummer ist 973-555-3948. Sie können zurückschreiben oder anrufen, aber bitte vor der Woche vom 4. Juli, bis dahin brauche ich nämlich ganz unbedingt ein schönes Kleid. SIE SIND SOOO LIEB!! Vieeeelen Dank!!!
    Der Brief roch intensiv nach Jean Naté, dem Eau-de-Toilette-Spray, das sich landauf, landab bei Mädchen unter 13 großer Beliebtheit erfreute. Aber nicht deswegen schnürte es mir Brust und Hals zu. Wie viele Anitas gab es wohl da draußen? Junge Mädchen, deren Leben so leer war, dass sie ihren Wert, ihr Selbstvertrauen, ihre ganze Existenz an den Kleidern und Models von Runway
maßen? Wie viele andere waren noch der Frau verfallen, die Monat für Monat jene verführerische Fantasiewelt in Szene setzte – und dabei ihre Bewunderung nicht wert war, keine Sekunde lang? Wie viele Mädchen ahnten nicht, dass das Objekt ihrer Verehrung eine einsame, zutiefst unglückliche und grausam veranlagte Person war, die ihre unschuldige Zuneigung und Aufmerksamkeit nicht im Geringsten verdiente?
    Am liebsten hätte ich geweint, um Anita und all ihre Freundinnen, die so verzweifelt bemüht waren, sich zu Models wie Shalom oder Stella oder Carmen umzugestalten – und damit Eindruck oder geschmeicheltes Wohlwollen bei einer Frau zu schinden, die ihre Briefe mit einem Augenrollen, einem Achselzucken quittierte und fortwarf, ohne einen Gedanken zu verschwenden an das Mädchen, das damit ein Stück seines Innersten offenbart hatte. Ich verstaute den Brief in meiner obersten Schreibtischschublade und gelobte mir feierlich, irgendetwas für Anita auf die Beine zu stellen. Sie klang noch verzweifelter als die anderen, die Ähnliches schrieben, und unter all dem, was hier nutzlos herumlag, würde sich doch wohl ein anständiges Kleid für das Date finden, das ihr hoffentlich bald bevorstand.
    »Hey, Em, ich gehe schnell runter zum Zeitungsstand und schaue nach, ob die neue Women’s Wear da ist. Gott, ist das schon spät. Willst du irgendwas?«
    »Kannst du mir eine Cola Light mitbringen?«
    »Klar. Bin gleich wieder da«, versprach ich und schlängelte mich flink zwischen den Kleiderständern hindurch zum Aufzug, wo ich Jessica und James zuhörte, die sich eine Zigarette teilten und mutmaßten, wer wohl abends bei Mirandas Party im Met dabeisein würde. Ahmed hatte zu meiner Erleichterung endlich ein Exemplar von Women’s Wear Daily parat; dazu schnappte ich mir die bestellte Cola Light. Die Dose Pepsi für mich tauschte ich nach kurzem Überlegen gegen eine zweite Cola Light ein. Der bessere Geschmack wog die missbilligenden Blicke und
Kommentare, die ich mir dafür auf allen Fluren einhandeln würde, nicht auf.
    Ich war so in die Betrachtung des farbigen Titelfotos von Tommy Hilfiger vertieft, dass ich gar nicht bemerkte, wie eine Fahrstuhltür aufging. Aus dem Augenwinkel stach mir etwas Grünes ins Auge, ein Grün der besonderen Art – vor allem deshalb, weil meine verehrte Chefin ein Chanel-Kostüm in genau diesem grünlichen Tweed-Ton besaß: eine Farbe, wie ich sie so vorher noch nie gesehen hatte, die mir aber ungeheuer gefiel. Wider besseres Wissen hob ich den Blick und war nicht weiter überrascht, als er tatsächlich auf Miranda traf. Sie stand bolzengerade im Aufzug, das Haar wie üblich straff aus dem Gesicht gekämmt, und musterte eingehend meine vermutlich entsetzte Miene. Mir blieb keine andere Wahl, als mich in die Höhle der Löwin zu begeben.
    »Äh, guten Morgen, Miranda«, brachte ich heraus, aber

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