Der Teufel trägt Prada
bestand die unausgesprochene Übereinkunft, schlicht abzuwarten, bis meine Strafe abgesessen, mein Sklavenjahr überstanden war und alles wieder in den alten Bahnen lief. Trotzdem, ich hatte Sehnsucht nach ihm. Und fühlte mich wegen der ganzen Sache mit Christian immer noch ziemlich mies.
»Hey, Glückwunsch! Nicht, dass du eine Bestätigung für deine überragenden Fähigkeiten als Lehrer bräuchtest, aber damit hast du sie, so oder so! Du bist bestimmt ganz aus dem Häuschen.«
»Ja, es ist ziemlich aufregend.« Im Hintergrund hörte ich es klingeln.
»Hör mal, besteht das Angebot noch, dass wir zwei uns heute einen schönen Abend machen?«, fragte ich, in der schwachen Hoffnung, dass er keine anderweitigen Pläne hatte. Als ich mich heute Morgen aus dem Bett gekämpft und meinen ausgepowerten, schmerzenden Leib unter die Dusche geschleppt hatte, rief er mir noch nach, er wollte einfach bloß ein Video ausleihen, etwas zu essen bestellen und es sich gemütlich machen. Ich knurrte irgendwas unnötig Sarkastisches zurück von wegen, er solle sich zu seinem eigenen Besten was Aufregenderes einfallen lassen, weil ich sowieso erst mitten in der Nacht heimkommen und ins Bett fallen würde und wenigstens einer von uns beiden das Leben und den Freitagabend genießen sollte. Jetzt hätte ich ihm gerne gesagt, dass ich sauer auf Miranda, auf Runway und auf mich selbst war, aber nicht auf ihn, und dass ich mir nichts Schöneres
vorstellen konnte, als 15 Stunden am Stück mit ihm auf der Couch abzuhängen und zu kuscheln.
»Klar.« Er klang überrascht, aber erfreut. »Ich kann ja bei dir warten, bis du heimkommst, und dann überlegen wir uns was? Solange vergnüge ich mich eben mit Lily.«
»Klingt absolut perfekt. Lass dir alles über den kleinen Freudianer erzählen.«
»Über wen?«
»Egal. Du, ich muss los. Ich darf die Königin nicht länger auf ihren Kaffee warten lassen. Bis heute Abend – ich kann’s kaum erwarten.«
Ich musste nur zweimal den Refrain von (meine Wahl) »We Didn’t Start the Fire« absingen, damit Eduardo mich durch die Sperre ließ, und Miranda war in eine angeregte Unterhaltung vertieft, als ich ihre Kaffeevariation auf dem linken äußersten Eck des Schreibtischs abstellte. Den restlichen Nachmittag lang legte ich mich mit sämtlichen Assistenten und Redakteuren der New York Post an, die ich an den Apparat kriegen konnte, und versuchte ihnen klar zu machen, dass ich ihre Zeitung besser kannte als sie selbst, und dass ich bitte gerne bloß eine klitzekleine Kopie von der Asien-Restaurantkritik hätte, die tags zuvor in ihrem Blatt erschienen sein musste.
»Ma’am, ich habe es Ihnen schon ein Dutzend Mal gesagt, und ich sage es noch mal: Wir haben kein solches Restaurant besprochen . Ich weiß, dass Ms. Priestly nicht ganz richtig tickt und Ihnen zweifellos das Leben zur Hölle macht, aber ich kann mir einfach keinen Artikel aus den Rippen schnitzen, den es gar nicht gibt. Ist das klar?« So lautete das letzte Wort eines freien Mitarbeiters von der Klatsch-und-Tratschseite, der dazu verdonnert worden war, den Artikel aufzutreiben, damit ich endlich Ruhe gab. Er hatte sich geduldig und willig gezeigt, aber nun war er mit seiner Nächstenliebe am Ende. Emily verhandelte gerade mit einem freien Restaurantkolumnisten von der Post, und James hatte auf sanften Druck von mir einen Ex-Freund angerufen,
der dort in der Anzeigenabteilung arbeitete und vielleicht irgendwas – irgendwas – auf die Beine stellen konnte. Es war schon drei Uhr nachmittags, und sie hatte gestern danach gefragt: das erste Mal, dass ich das Gewünschte nicht sofort liefern konnte.
»Emily!«, ertönte es von Miranda aus ihrem so hell und freundlich wirkenden Büro.
»Ja, Miranda?«, riefen wir wie aus einem Mund und schossen hoch, unsicher, wer von uns gemeint war.
»Emily, wie ich höre, haben Sie soeben mit den Leuten von der Post gesprochen?« Die echte Emily ließ sich erleichtert wieder auf ihren Stuhl sinken.
»Ja, Miranda, ich habe gerade aufgelegt. Ich habe mit insgesamt drei verschiedenen Leuten dort gesprochen, und sie sind alle felsenfest überzeugt, dass sie zu keinem Zeitpunkt innerhalb der vergangenen Woche auch nur ein einziges neues Asien-Restaurant in Manhattan besprochen haben. Vielleicht war es ja früher?« Mittlerweile stand ich vor ihrem Schreibtisch, trat von einem zehn Zentimeter erhöhten Fuß auf den anderen und betrachtete dabei gesenkten Kopfes die schwarzen Jimmy-Choo-Sandaletten, die
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