Der Teufel trägt Prada
du mir, so ich dir. Man hält ein Jahr bei Miranda durch, ohne gefeuert zu werden, dann klemmt sie sich ans Telefon und besorgt einem den Job, den man wirklich will.«
»Dann musst du es machen. Im Ernst, Andy. Du ziehst das eine Jahr durch, und dann fängst du beim New Yorker an. Das hast du dir doch immer gewünscht. Und mit dem Job bei Runway kommst du um einiges schneller ans Ziel.«
»Ja, du hast Recht.«
»Außerdem müsstest du dann nach New York ziehen, ein sehr verlockender Gedanke.« Er gab mir einen langen Kuss. »Mach dir keine Gedanken. Du sagst doch selbst, du weißt nicht, ob du wirklich so versessen auf den Job bist. Am besten lässt du erst mal alles auf dich zukommen.«
Wir schmissen uns eine Pizza in den Ofen, knallten uns vor den Fernseher und schliefen irgendwann erschöpft ein. Mitten in einem Traum von fiesen Neunjährigen, die es wie die Karnickel auf dem Schulhof miteinander trieben und sich dabei einen hinter die Binde gossen, klingelte das Telefon.
Benommen tastete Alex nach dem Hörer. Ohne die Augen aufzumachen oder ein Wort zu sagen, reichte er ihn an mich weiter.
»Hallo?«, murmelte ich und warf einen Blick auf die Uhr. Viertel nach sieben. Wer konnte das denn sein, um diese Uhrzeit?
»Ich bin’s«, raunzte eine aufgebrachte Lily.
»Hi, ist was passiert?«
»Meinst du, ich würde dich anrufen, wenn nichts passiert wäre? Ich habe einen Mordskater. Die halbe Nacht habe ich über dem Klo gehangen, und als ich eben glücklich eingepennt war, holt mich irgendeine putzmuntere Tussi aus der Personalabteilung von Elias-Clark wieder aus dem Bett. Und warum? Weil sie dich sprechen will! Um viertel nach sieben! Ruf sie zurück, und sag ihr, sie soll meine Telefonnummer wegschmei ßen.«
»Entschuldige, Lil. Ich habe ihr deine Nummer gegeben, weil ich doch noch kein Handy habe. Kaum zu glauben, dass sie um diese Uhrzeit anruft. Ob das wohl was Gutes oder was Schlechtes zu bedeuten hat?« Ich angelte mir das Telefon, schlich mich auf leisen Sohlen aus dem Schlafzimmer und zog leise die Tür hinter mir zu.
»Mir doch egal. Viel Glück. Sag mir Bescheid, wie’s gelaufen ist. Aber nicht in den nächsten paar Stunden, okay?«
»Na klar doch. Danke. Und sorry.«
Auf den Schock musste ich mir erst mal einen Kaffee machen. Es war Viertel nach sieben, und ich sollte ein Gespräch führen, das über meine Zukunft entscheiden würde. Mit meiner Tasse hockte ich mich auf die Couch. Es musste sein. Jetzt oder nie. Ich hatte keine andere Wahl.
»Hallo, hier spricht Andrea Sachs.« Hoffentlich hörte man mir nicht an, dass ich eben erst aus den Federn gekrochen war.
»Andrea, einen wunderschönen Guten Morgen! Ich hoffe, es ist nicht zu früh für Sie«, trällerte Sharon mit einer Stimme wie eitel Sonnenschein. »Zu früh? Was rede ich da? Daran werden Sie sich bald gewöhnen müssen. Ich habe nämlich eine gute Nachricht für Sie, eine fantastische Nachricht! Miranda war sehr beeindruckt von Ihnen und freut sich schon darauf, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Ist das nicht herrlich? Meine herzlichsten Glückwünsche. Was ist das für ein Gefühl, Mirandas Priestlys neue Assistentin zu sein?«
Mir schwirrte der Kopf. Ich wollte mich von der Couch hochrappeln, um mir noch einen Kaffee zu holen oder ein Glas Wasser, ganz egal was. Hauptsache, ich konnte wieder klar denken. Aber ich versank nur noch tiefer in den Polstern. Wollte sie von mir wissen, ob ich den Job gern haben würde? Oder bot sie ihn mir offiziell an? Ich verstand überhaupt nichts mehr, bloß, dass ich Miranda Priestly gefallen hatte.
»Sie müssen begeistert sein. Wer wäre das nicht? Dann wollen wir doch mal sehen. Sie können am Montag anfangen? Miranda ist dann zwar im Urlaub, aber das wäre geradezu ideal, um sich in Ruhe einzuarbeiten und die anderen Girls richtig kennen zu lernen. Eine Supertruppe, das können Sie mir glauben!« Wie bitte? Kennen lernen? Montag anfangen? Supertruppe? Ich war so benebelt, dass ich kein Wort kapierte. Ich stürzte mich auf den einzigen Satz, den ich überhaupt begriffen hatte, und beantwortete ihn.
»Also, ich glaube nicht, dass ich schon am Montag anfangen kann«, sagte ich leise. Kaum hatte ich diese – hoffentlich halbwegs zusammenhängende – Antwort über die Lippen gebracht, war ich schlagartig hellwach. Gestern hatte ich das Elias-Clark-Building zum ersten Mal betreten, und nun holte mich jemand aus dem Tiefschlaf, um mir mitzuteilen, dass ich in drei Tagen zur Arbeit antreten
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