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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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zu, dass sie aus dem Zimmer kam, bevor hier der dritte Weltkrieg ausbrach.
    Ich machte Anstalten, meinen Kopf in seinen Schoß zu legen, aber er schlug die Beine übereinander und hob abwehrend die Hand. »Im Ernst, Andrea« – so nannte er mich nur, wenn er ernsthaft aufgebracht war – »ist das alles denn wirklich die Sache wert? Sei mal eine Sekunde lang ehrlich zu mir. Ist es dir das wert?«
    »Was heißt: das alles? Ein Ehemaligentreffen, das es noch dutzendfach geben wird, zu verpassen, weil mein Job etwas von mir verlangt? Ein Job, der mir Türen öffnet, von denen ich nie zu träumen gewagt habe, und zwar rascher als je erwartet? Ja! Das ist es wert.«
    Er ließ das Kinn auf die Brust sinken. Einen Augenblick lang dachte ich, er weinte, aber als er wieder aufsah, stand ihm der blanke Zorn ins Gesicht geschrieben.
    »Meinst du vielleicht, ich würde nicht lieber mit dir nach Connecticut fahren, als eine volle Woche lang Tag für Tag 24 Stunden am Stück die Sklavin zu spielen?«, schrie ich ohne einen Gedanken daran, dass Lily noch irgendwo in der Wohnung war. »Glaubst du im Ernst, ich wollte nach Paris? Aber was wäre die Alternative?«
    »Die Alternative? Das ist ja wohl ein Witz! Andy, nur für den Fall, dass du es noch nicht bemerkt haben solltest, dieser Job ist doch längst kein simpler Job mehr – er hat dich gefressen, mit Haut und Haaren!«, brüllte er zurück und lief vom Hals bis über die Ohren rot an. Normal fand ich das total süß, fallweise sogar sexy, aber heute Abend wollte ich einfach bloß noch ins Bett und schlafen.
    »Alex, hör zu, ich weiß -«
    »Nein, jetzt hörst du mir gefälligst zu! Lass mich mal für eine Sekunde außen vor – auch wenn’s dir schwer fällt, was ich bezweifle – okay, vergiss, dass wir uns praktisch nie mehr sehen, weil du immer so elend lange arbeitest und ständig bei irgendwelchen
Notfällen einspringen musst. Aber was ist mit deinen Eltern? Wann hast du die eigentlich zum letzten Mal gesehen? Und deine Schwester? Ist dir klar, dass du deinen neugeborenen Neffen bislang noch gar nicht zu Gesicht bekommen hast? Hat das alles denn nichts mehr zu bedeuten?« Er senkte die Stimme und beugte sich näher zu mir hin. Doch statt des erwarteten Versöhnungsversuchs kam die nächste Frage: »Und was ist mit Lily? Ist dir vielleicht noch nicht aufgefallen, dass deine beste Freundin sich zur Vollalkoholikerin entwickelt hat?« Sofort setzte er auf meinen offenkundigen Schock noch eins drauf. »Oder willst du etwa im Ernst behaupten, dass du nichts davon mitgekriegt hast? Das ist doch klar wie Kloßbrühe, Andy.«
    »Ja, klar trinkt sie. So wie du und ich und alle anderen, die wir kennen. Lily ist Studentin, und unter Studenten ist das völlig normal, Alex. Was führst du dich deswegen so auf?« Laut ausgesprochen klang es noch lahmer, als es ohnehin war. Alex schüttelte bloß den Kopf. Nach einer Weile brach er das Schweigen.
    »Du kapierst es einfach nicht, Andy. Ich weiß nicht genau, wie es so weit kommen konnte, aber ich habe das Gefühl, als würde ich dich gar nicht mehr kennen. Ich glaube, es ist eine Auszeit angesagt.«
    »Was? Was sagst du? Es ist aus?« Erst jetzt, viel zu spät, ging mir auf, wie ernst es Alex damit war. Er war immer so verständnisvoll, so lieb, so jederzeit verfügbar gewesen, dass ich mit der Zeit davon ausging, er würde immer da sein, um mir am Ende eines langen Tages geduldig zuzuhören und mich wahlweise zu beruhigen oder aufzumuntern, wenn der Rest der Welt wieder einmal kräftig auf mich eingedroschen hatte. Das einzige Problem daran war, dass ich selbst dabei nur sehr wenig zum Gelingen der Beziehung beigetragen hatte.
    »Nein, nein, nicht aus. Bloß eine Auszeit. Ich denke, es würde uns nicht schaden, unsere Beziehung mal neu zu überdenken. Du bist mit mir in letzter Zeit ganz offensichtlich nicht glücklich, und ich muss sagen, meine Begeisterung für dich hält sich
auch in Grenzen. Vielleicht tut ein bisschen Abstand uns beiden ja gut.«
    »›Tut uns gut?‹ Würde uns ›nicht schaden‹?« Seine abgedroschenen Formulierungen und die Idee, »eine Auszeit« könnte uns wieder näher zusammenbringen, machten mich schier rasend. Musste er denn partout so selbstsüchtig sein und ausgerechnet jetzt damit ankommen, wo ich mein Jahr bei Runway (hoffentlich) so gut wie abgesessen hatte und kurz vor der bislang größten Herausforderung in meiner Karriere stand? Eben hatten mich noch Trauer und Betroffenheit angewandelt, doch

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