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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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Nachfolgerin war nicht zu beneiden, wenn sie Miranda eines Tages eröffnen musste, dass es keinen weißen Hermés-Schal mehr gab, nicht für Geld und nicht für gute (oder böse) Worte. Ein grauenvoller Gedanke. Das arme Ding konnte einem jetzt schon Leid tun.
    Als ich so weit alles vorbereitet hatte, rief Uri an.
    »Andrea? Challo, challo. Uri hier. Kommen Sie bitte runter? Ich chabe Ihnen was mitgebracht. Ich bin in der 58. Straße, vor dem New York Sports Club.«
    Sein Anruf war eine gute, wenn auch leider keine todsichere Methode, mich wissen zu lassen, dass Miranda relativ bald auf der Matte stehen würde. Oder aber auch nicht. Meistens schickte sie zunächst Uri vorbei, der mit dem Wagen ihre Sachen ablieferte: Kleidung für die Reinigung, Zeitschriften, Artikel, die sie zu Hause durchgearbeitet hatte, Schuhe oder Taschen, die zur Reparatur mussten, und das BUCH. Ich verfrachtete den Krempel dann nach oben und erledigte alles Nötige, bevor sie erschien, damit sie durch solchen Alltagskram nicht belästigt wurde. Normalerweise traf sie eine halbe Stunde nach ihrem Klimbim ein. Uri brachte mir das Zeug und fuhr dann gleich wieder zurück, um sie abzuholen.
    Wo genau er sie einsammelte, blieb schleierhaft. Denn da die Frau, wie Emily berichtete, niemals schlief, konnte sie überall sein. Ich hielt das zunächst für ein Ammenmärchen, aber nur so lange, bis ich morgens vor Emily anfangen musste und als Erste den Anrufbeantworter abhörte. Jede Nacht hinterließ uns Miranda zwischen ein und sechs Uhr morgens acht bis zehn kryptische Nachrichten. Sachen wie: »Cassidy möchte eine von diesen Nylontaschen, die heute alle Mädchen haben. Bestellen Sie ihr eine mittelgroße in ihrer Lieblingsfarbe«, oder: »Ich brauche Telefonnummer und Adresse des Antiquitätengeschäfts
zwischen der 70. und der 80. Straße, wo ich die Kommode gesehen habe«. Als ob wir selbstverständlich zu wissen hatten, welche Nylontaschen bei Zehnjährigen zurzeit der letzte Schrei waren oder in welchem der vier- bis fünfhundert Antiquitätenläden, mit denen jener Teil der Stadt gepflastert war, sie irgendwann irgendwas gesehen hatte, was ihr gefiel. Dennoch tippte ich jeden Morgen kreuzbrav die Nachrichten vom Band ab – keine einfache Aufgabe. Ich musste es x-mal vor- und zurückspulen, um sie mit ihrem britischen Genäsel überhaupt richtig verstehen und dem Text vielleicht doch noch den einen oder anderen konkreteren Anhaltspunkt entnehmen zu können. Nur so ließ es sich vermeiden, Miranda um eine nähere Erläuterung bitten zu müssen.
    Einmal hatte ich es tatsächlich gewagt, Emily vorzuschlagen, bei Miranda nachzufragen; das hatte mir nur einen von ihren entsetzten Blicken eingetragen. Sich bei einer Unklarheit direkt an Miranda zu wenden, war offensichtlich ausgeschlossen. Es war besser, man wurstelte sich selbst irgendwie durch und ließ sich hinterher zusammenstauchen, weil man wieder mal etwas falsch verstanden hatte. Die antike Kommode aufzuspüren, kostete mich zweieinhalb Tage. Mit gespitztem Bleistift, Block und Papier und einem Blick wie ein Luchs ließ ich mich stundenlang mit der Limousine durch Manhattan kutschieren. Ich klapperte alle Antiquitätenhandlungen ab, die mir unterkamen, und nahm vorsichtshalber auch gleich noch ein paar am Wegesrand liegende Möbelgeschäfte und Trödler mit. Man konnte schließlich nie wissen. Ab dem vierten Laden hatte ich meine Fragetechnik so verfeinert, dass ich es mit einem Profidetektiv hätte aufnehmen können.
    »Guten Tag, führen Sie antike Kommoden?«, schleuderte ich in den Raum, sobald ich durch die elektronisch gesicherte Tür geschlüpft war. Ab dem sechsten Geschäft blieb ich gleich im Eingang stehen. Irgendeine eingebildete Verkaufsschnepfe musterte mich kritisch von oben bis unten – was sonst? -, um zu
sehen, ob sich die Mühe einer Antwort überhaupt lohnte. Dann erst bemerkten die meisten, dass draußen eine Limousine auf mich wartete, und rangen sich ein Ja oder Nein ab. Andere wollten sich das gesuchte Stück erst noch lang und breit beschreiben lassen.
    Falls sie Möbel führten, auf die meine Zweiwortbeschreibung – antik + Kommode – zutraf, setzte ich sofort mit einem knappen: »War Miranda Priestly kürzlich bei Ihnen?« nach. Wenn sie mich bis dahin noch nicht für verrückt gehalten hatten, standen sie spätestens nach dieser Frage kurz davor, einen Wachmann zu rufen. Einige hatten den Namen noch nie gehört, was für mich aus zwei Gründen erfreulich war:

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