Der Teufel trägt Prada
die Party zu Ende war. Sie hatte sich schon zweimal übergeben, und ich wollte sie in diesem Zustand nicht allein in ihrer Wohnung zurücklassen. Alex und ich packten ihr ein paar Sachen ein, verfrachteten sie in ein Taxi und nahmen sie mit. Wir übernachteten alle bei mir, Alex und ich in meinem Riesenbett, Lily auf dem Futon im Wohnzimmer, und am nächsten Morgen gingen wir ausgiebig brunchen.
Ich war froh, dass die Feierei zu Ende war. Höchste Zeit, dass ich ein bisschen in die Gänge kam – mit meinem Leben als solchem und vor allem mit meinem neuen Job. Obwohl es sich so anfühlte, als ob ich schon seit zehn Jahren bei Runway schuftete,
stand ich in Wahrheit noch ganz am Anfang meiner Karriere. Ich hoffte sehr, dass sich die Situation bessern würde, sobald Miranda und ich Tag für Tag miteinander zu tun hatten, am Telefon konnte schließlich jeder ein eiskaltes Monster sein. Vielleicht verreiste sie nur nicht gern oder war einfach immer gereizter Stimmung, wenn sie sich nicht in die Arbeit knien konnte. Also war ich überzeugt, dass die Quälerei der ersten Wochen nun schon bald ein Ende haben und sich mir eine vollkommen neue Welt eröffnen würde. Und darauf freute ich mich.
Es war der dritte Januar, ein kalter grauer Tag, kurz nach zehn, ich saß im Büro und war glücklich. Glücklich! Ich! Im Büro! Emily schwärmte mir von dem megascharfen Typen vor, den sie auf einer Silvesterparty in Los Angeles kennen gelernt hatte, »ein Songwriter, der kommende Star«, und der versprochen hatte, sie in den nächsten Wochen in New York zu besuchen. Ich hielt einen gemütlichen Plausch mit dem stellvertretenden Beauty-Redakteur, der ein paar Bürotüren weiter residierte. Ein wirklich süßer Knabe, dessen Eltern keine Ahnung hatten, dass er schwul war, obwohl er an einem ehemaligen Frauencollege studiert hatte und bei einer Frauenzeitschrift arbeitete.
»Ach, komm doch mit. Was meinst du, was wir für einen Spaß haben? Ich mache dich mit ein paar absoluten Traumtypen bekannt, Andy. Glaub mir, ich habe auch fantastisch aussehende Heterobekannte. Außerdem ist es Marshalls Party, und Marshalls Partys sind immer toll«, sagte James beschwörend. Er lehnte an meinem Schreibtisch, während ich meine E-Mails abrief. Emily erging sich zwischendurch in Details über das Rendezvous mit ihrem langhaarigen Sänger.
»Wenn ich nichts vorhätte, würde ich ja auch mitkommen. Aber mein Freund und ich haben diesen Abend schon vor Weihnachten geplant«, sagte ich. »Wir wollen seit Wochen einmal todschick essen gehen, und neulich habe ich ihm in letzter Sekunde abgesagt.«
»Dann triffst du ihn eben hinterher! Ich bitte dich, wann hast du schon mal die Gelegenheit, den begnadetsten Coloristen der gesamten zivilisierten Welt kennen zu lernen? Es kommen jede Menge Promis, und alle in den fantastischsten Outfits. Ich weiß einfach, es wird der Party-Event der Woche! Und dann auch noch ausgerichtet von der Agentur Harrison und Shriftman – was Besseres gibt es nicht. Los, sag schon ja.« Er sah mich so treuherzig an wie ein Cockerspaniel, und ich musste lachen.
»James, ich würde wirklich gerne mitkommen – ich war doch noch nie im Plaza! Aber ich kann Alex nicht schon wieder versetzen. Er hat uns bei einem feinen, kleinen Italiener einen Tisch reserviert. Es geht nicht, dass ich ihn hängen lasse, ausgeschlossen.« Ich konnte die Verabredung wirklich nicht absagen, und ich wollte es auch nicht. Ich freute mich so darauf, Alex einmal ganz für mich allein zu haben, und war schon sehr gespannt, was er über die neue Nachmittagsbetreuung an seiner Schule zu berichten hatte. Allerdings war es schon Pech, dass wir uns ausgerechnet für heute verabredet hatten, den Abend dieser Megaparty. Seit einer Woche schrieben die Zeitungen über nichts anderes mehr: Es sah aus, als ob ganz Manhattan der alljährlichen Nach-Silvesterparty von Marshall Madden entgegenfieberte, dem angesagtesten Coloristen der Stadt, und in diesem Jahr sollte sie noch bombastischer werden als sonst, da er gerade ein neues Buch herausgebracht hatte: Die Farbe Marshall . Aber nur wegen einer Promiparty würde ich meinem Freund keinen Korb geben.
»Okay, wie du meinst. Aber dann behaupte hinterher ja nicht, ich würde dich nie irgendwohin mitnehmen. Und wenn du morgen in den Klatschkolumnen liest, dass ich mit Mariah oder J-Lo geplaudert habe, brauchst du mir auch nichts vorzuheulen. Du hast es nicht anders gewollt.« Damit zog er beleidigt ab und seine
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