Der Teufel vom Waiga-See
Das
hält die stärkste Gräfin nicht aus.
„Wird sich schon wiederfinden“,
meinte er besänftigend. „Gestohlen ist er bestimmt nicht. Oder, Gräfin
Durstilitsch, halten Sie es für denkbar, daß jemand vom Personal den Schlüssel
entwendet und dem Unbekannten zuspielt — damit er mühelos ins Blockhaus kann.
Ich frage so ungeheuerlich, weil am Schloß null Einbruchspuren sind.“
„Unmöglich!“ rief Genie. „Unser
Personal — alle sind uns treu ergeben. Und schon lange, lange hier.“
Ergeben! wiederholte Tim in
Gedanken. So sagte man früher, als Menschen noch in Herrschende und Beherrschte
eingeteilt wurden. Aber was heißt früher? Jeder Politiker — wenn er erstmal
seinen Parlamentarier-Job hat — meint, er könnte die Sau rauslassen und wäre
nur noch seinem bißchen Verstand verpflichtet, aber nicht mehr denen, die ihn
gewählt haben. Dem Volk, das er sowieso für doof hält, biedert er sich erst in
vier Jahren wieder an — kurz vor der nächsten Wahl. Und dann trieft er vor
Volkstümlichkeit, als wäre er in Jauche gefallen. Damit ihm die Wähler ergeben sind. Nee, geändert hat sich nichts.
„Also verlegt“, nickte Tim.
„Der Unbekannte hat sicherlich einen Supersatz an Einbruchswerkzeugen. Die
hinterlassen keine Spuren.“
„Aber es muß ein Zweitschlüssel
dasein“, überlegte die Gräfin. „Unten in Papas Arbeitszimmer. Den könnt ihr
nehmen.“ Die fünf Jugendlichen folgten ihr die Freitreppe hinunter. Eine dicke
Hummel hatte sich in die Eingangshalle verirrt und summte am Portal.
Gaby ließ den Brummer hinaus.
Theas Mutter fand den zweiten
Blockhaus-Schlüssel. Klößchen hatte keine Lust, den Weg nochmal zu machen, und
setzte sich draußen auf die Stufen.
Als die andern vom Blockhaus
zurückkamen, hörte der dicke Schokoladenesser Radio-Nachrichten.
Er hatte das
batterie-betriebene Kofferradio heruntergeholt, das im Zimmer der Jungs stand.
„Nichts neues in der
Weltpolitik“, meinte er, denn jetzt hielt der Nachrichtensprecher den Mund und
überließ dem Platten-Aufleger das Mikrofon zur Musikberieselung. „Immer
dieselbe Sch... nakenplage.“ Er schlug nach einem Insekt, das ihn belästigte.
„Aber es war was Interessantes dabei.“
„Nämlich?“ fragte Karl.
„Die Gegend hier ist kriminell
total verseucht.“
„Welche Gegend?“
„Waiga-See-Gegend.“
„Wie kommst du darauf?“
„Die Wiener Polizei vermutet,
daß sich zwei gefährliche Bankräuber am Waiga-See aufhalten. Die Spur führt
hierher.“
„Zwei?“ fragte Tim nach. „Im
Blockhaus, meine ich, war nur einer.“
„Können wir aber nicht mit
Sicherheit sagen“, wandte Gaby ein.
„Mit den Bankräubern aus den
Nachrichten“, sagte Klößchen, „hat unser Typ nichts zu tun. Von den beiden ist
nämlich einer schwer verwundet. Es gab eine Schießerei mit der Gendarmerie. Der
eine Ganove hat eine Kugel abgekriegt und massenhaft Blut verloren. Vor dem
Tatort. Getürmt sind sie mit einem hellblauen Mercedes. Altes Modell. Wiener
Kennzeichen. Die Beute betrug über 200 000 Schilling. Der Wagen wurde mehrmals
gesehen. Die Polizei glaubt, daß sich Handrischek und Mützberger hierher
abgesetzt haben.“
Klößchen grinste.
„Was ist daran komisch?“ fragte
Karl.
„Die Spitznamen sind’s. Der eine
Typ heißt in der Unterwelt Maulwurf-Paul, der andere Stehgeiger-Josef.“
„Einen Maulwurf und einen
Stehgeiger haben wir hier gerade noch gebraucht“, meinte Gaby. „Hoffentlich
hören die beiden Radio — Autoradio — und schlagen der Gendarmerie ein Schnippchen,
indem sie sich nicht hier, sondern in weiter Ferne verstecken.“
Klößchen grinste noch stärker.
„Den schärfsten Hammer, der euch perplex bügelt, daß ihr gleich wie staunende
Bauklötzer vom Himmel fallt — den, du dicker Vater!, habe ich noch im Ärmel.“
„Ach?“ fragte Thea erstaunt.
„Redet man bei euch so?“
„Er bringt alles
durcheinander“, sagte Gaby. „Aber nun bring die Überraschung bitte raus,
Willi!“
Der Nachrichtensprecher sagte:
„...wie die Sicherheitsbehörden mitteilen, werden Mützberger und Handrischek
weitere schwere Straftaten zugerechnet, die gemeinschaftlich mit dem flüchtigen
Berufsverbrecher Poldgar Prüffe begangen wurden... Ist das was, heh?“
Betroffene Stille breitete sich
aus.
Aus den Augenwinkeln
beobachtete Tim, wie Thea sich verfärbte.
Was sie fühlte und dachte, ließ
sich an ihrer Nasenspitze ablesen: Dieser schreckliche, lästige Mensch! Es ist
ja, als drängt er
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