Der Teufel vom Waiga-See
sich in unser Leben. Seit neulich auf dem Hauptbahnhof ist er
nicht abzuschütteln. Ständig ist er gegenwärtig — als Name, als Spukgestalt.
Gaby wandte sich an ihren
Freund. „Wenn an der Meldung was dran ist, könnte auch Prüfte hierher kommen.“
Tim nickte mit ausdrucksloser
Miene.
Ihm war nicht anzusehen, was er
dachte, nämlich dies: Er könnte herkommen, der Kerl, oder er ist schon da.
Himmel, jetzt gäbe ich was drum, hätte ich von meinem Unbekannten nicht nur das
untere Sechstel gesehen!
„Wie immer halten wir die Augen
offen“, sagte Karl.
Das war selbstverständlich und auch
mehr als abschließende Bemerkung gedacht, denn in diesem Moment rollte Oldos
gelber Landrover über die Stichstraße heran und hielt vor einer der
Doppelgaragen, fuhr jedenfalls nicht rein.
Der Neunzehnjährige stieg aus
und stiefelte herbei.
Er sah aus, als wäre er
zufrieden mit sich. Der linke Mundwinkel lächelte auf eine besondere Weise. So,
als wisse Oldo mehr als der Rest der Welt — und als genieße der Neunzehnjährige
die Unwissenheit seiner Mitmenschen.
Thea übernahm es, ihn zu
informieren.
Oldo hob die Brauen. „Ich war
auch beim Blockhaus.“
„Und?“ fragte Tim. „Nichts
bemerkt?“
„Nur daß die Tür offenstand.
Ich dachte, ihr hättet euch umgesehen und würdet gleich zurückkommen.“
Tim spürte, wie sein Herz an
die Rippen trommelte.
Was er in dieser Sekunde
gesehen hatte, das peitschte Wogen in die Blut-Konserven beim
Unfall-Krankenhaus.
Cool bleiben, dachte Tim.
Eisig! Hol den Schauspieler raus. Er darf nichts merken, der Zombie!
Obwohl Oldo mit beiden Händen
nach Mücken schlug — dann und wann, vermied Tim den Blick auf das linke
Handgelenk.
Denn dort — es gab keinen
Zweifel — trug das neunzehnjährige Waisenkind eine neue Uhr.
Tims Uhr.
Und zwar die kostbare, die gute
— jene, die von Poldgar Prüffe geraubt worden war: zu Hause im Grand-Hotel.
„Naja“, meinte er gönnerhaft
aus der Höhe seiner 19 Lenze, „ihr habt euch Mühe gegeben. Auch wenn’s in die
Hose ging. Alles weitere überlaßt der Polizei!“
Er bückte sich, zog wiedermal
das Zigaretten-Päckchen aus dem Stiefel und schob ab.
Thea, die den
Blockhaus-Schlüssel in der Hand hielt, sagte, sie wolle ihn ihrer Mutter
zurückbringen.
Für einen Moment war die
TKKG-Bande allein.
Tim stieß die Luft aus wie bei
einem Karate-Stoß, hinter dem volle Power steckt.
„Freunde, es wird immer heißer.
Oldo hat meine Uhr um.“
„Deine Uhr?“ Klößchen blickte
auf den Billig-Chronometer an Tims starkem Handgelenk. „Da ist sie doch.“
„Nicht die. Die teure, die
Tante Isa mir mitgebracht hat.“ Gabys Kornblumenaugen wurden ganz groß.
Karl war schon dabei, die
Gläser seiner Brille zu polieren — bei ihm ein Anzeichen großer Aufregung.
„Aber“, japste Klößchen, „dann
wäre ja Oldo im Grand-Hotel gewesen, und nicht dieser Prüffe hätte...“
„Willi!“ fiel Tim ihm in die
Rede. „Denk nach! Ich reime mir das so zusammen: Oldo hat meine Uhr gefunden —
und vermutlich auch Isas Schmuck — , als er im Blockhaus war.“
„Du meinst“, flüsterte Gaby,
„Prüffe hat dich niedergeschlagen?“
Tim nickte. „Jetzt paßt
plötzlich alles zusammen. Prüffe versteckt sich im Blockhaus. Wir und Blanka
erschrecken ihn. Er ist so von den Socken — vermutlich, weil er den Wein
geschnasselt hat — , daß er querbeet abhaut und seinen Krimskrams liegen läßt.
Wir verfolgen ihn, und gleichzeitig kommt Oldo zum Blockhaus. Zufällig? Glaube
ich nicht. Ich könnte mir vorstellen, der hat den heimlichen Gast längst
bemerkt, weil er, Oldo, ständig als Gutsinspektor-Imitation durch die Gegend
radelt. Aber verpetzt hat er nichts. Vielleicht, weil er die Gräfin nicht
bloßstellen will. So oder so — Oldo sieht den Staubmantel und die Reisetasche.
Und in der Tasche ist meine Uhr. Mindestens. Wahrscheinlich auch der Schmuck.
Ich erinnere mich. Als Oldo aus dem Blockhaus rauskam, fummelte er am Stiefel.
Logo! Er hat die Beute reingesteckt.“
Tims Freunde schnappten nach
Luft.
„Bist du sicher“, fragte Gaby, „daß
es deine Uhr ist?“
„Völlig sicher. Klar, es gibt
viele von diesem Modell. Aber auf dem Stahlglieder-Band sind zwei Kratzer. Ein
x-förmiger und einer wie ein Fragezeichen ohne Punkt.“
„Ungeheuerliche Folgerungen
schließen sich an“, flüsterte Gaby.
„Ganz richtig. Und jetzt kommen
wir zum zweiten Teil, der eigentlich der erste ist. Unser Unbekannter, von dem
wir jetzt
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