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Der Teufel vom Waiga-See

Der Teufel vom Waiga-See

Titel: Der Teufel vom Waiga-See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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früh.
    Die Schwüle blieb. Mücken und
andere Plagegeister schwirrten. Die Wiesen verströmten betäubenden Duft. In
weiter Ferne blinkten die Lichter von Goschendorf.
    In anderer Richtung — und noch
viel weiter entfernt — reflektierten Wolken die Lichtglocke der Kreisstadt. In
Weinfurth wurden die Gehsteige noch nicht hochgeklappt. Ein halbes Dutzend
Weinlokale hatte geöffnet; zwei Spiel-Salons, eine bescheidene Disko und das
Eiscafe VENEZIA zog die Jugendlichen an.
    „Mistvieh!“ fluchte Klößchen
und zerklatschte eine Mücke.
    „Nicht so laut!“ warnte Tim.
    „Wenn sie mich sticht. An dich
wagt sich j a keine ran — wegen deiner asiatischen Kampfkünste.“
    „Es steht dir frei“, grinste
Tim, „Kung Fu und Judo zu lernen. Daran lernst du dein Leben lang. Man wird
immer besser.“
    „Wie beim Klavier spielen“,
nickte Klößchen.
    Tim ging voran.
    Die ungemähte Wiese, durch die
sie jetzt schnürten, blühte auf zig-fältige Weise.
    Tim, den Pflanzen und Gräser
interessieren, hatte nachmittags reichhaltige Vegetation ausgemacht: Glocken-
und Flockenblumen, Bocksbart, Platterbse, Salbei und Raute, Sauerampfer,
Schaumkraut, Schwingel, Kerbel, Labkraut und Lieschgras.
    Etliches also, das bei
Menschen, die unter Heuschnupfen leiden, grelle Panik hervorruft.
    Die TKKG-Bande kam an den
Ställen vorbei.
    Eine Kuh muhte.
    Hinter einer anderen Holzwand
blökten mehrere Schafe.
    Etwa 200 Meter vor dem
Schelldorf-Anwesen überdachte eine Feldulme gemähten Wiesenboden.
    Alle setzten sich.
    Klößchen war der einzige, der
als Unterlage eine Distel erwischte, und sofort wieder aufsprang.
    „Verflucht und zugenäht! Jetzt
habe ich Stacheln im Hintern.“
    „Schrei nicht so!“ warnte Tim.
„Sonst können wir hier gleich ein Lagerfeuer machen.“
    Klößchen untersuchte den Boden
sorgfältig, bevor er abermals Platz nahm.
    Tim lehnte sich an den Stamm
der Ulme und legte den Arm um Gaby, die dicht neben ihm saß.
    Sie hatte die Haare zum
Pferdeschwanz gebunden und trug das neue schwarze T-Shirt, auf dem ein
springender Puma abgebildet war — phosphorfarben.
    Für schwarz hatte sie sich
entschieden, um hier in der Dunkelheit nicht aufzufallen.
    Der Puma freilich verhinderte
die totale Tarn-Wirkung. Er leuchtete phosphor-grünlich — weithin.
    Aller Augen richteten sich auf
das verkommene Bauernhaus.
    Vier Fenster waren erleuchtet:
zwei im Parterre, zwei im Obergeschoß.
    Aber hineinsehen konnte man
nicht.
    Oben schirmten die geblümten
Gardinen ab, unten hatte Schelldorn orangerote Vorhänge zugezogen.
    Tim äugte.
    Nach einer Weile sagte er:
„Wieso ist der gleichzeitig oben und unten? Ein einziger Mensch!“
    „Ah ja, das ist auffällig“,
stimmte Karl zu. „Andererseits ist er meschugge. Vielleicht rennt er mal hoch,
mal runter, damit Leben ins Haus kommt. Oder er hat vergessen, in einer der
Etagen das Licht auszuknipsen.“
    „Wahrscheinlich muß er mit
einer bescheidenen Rente auskommen“, meinte Gaby. „Da ist es besonders dumm,
elektrischen Strom zu vergeuden.“
    „Außerdem sind wir alle
aufgefordert, Energie zu sparen“, sagte Klößchen. „Damit die total ausgebeutete
Welt nicht schon heute vor die Hunde geht. Morgen ist früh genug. Ich leiste
schon lange meinen Beitrag zum Energie sparen.“
    „Ist mir neu“, sagte Karl. „Was
machst du?“
    „Ich bewege mich wenig.
Hähähäh.“
    „Lach leiser!“ sagte Tim.
„Hoffentlich sind wir nicht zu spät dran.“
    „Du meinst“, fragte Gaby und
kuschelte sich an seine Schulter, „Prüffe und Maulwurf-Paul sind schon drin?“
    „Warten wir mal ab, wie sich
die Beleuchtung entwickelt.“
    An der änderte sich nichts.
    Eine halbe Stunde verging.
    Jetzt war finstere Nacht — ohne
Mond, ohne Sterne.
    Ein heißer Wind kam von
irgendwoher, und am Waiga-See quakten ungezählte Frösche.
    Tim bemerkte die Gestalt
zuerst.
    Es war nur ein Schatten, eher
ein Spuk — aber für einen Moment geriet er in den Lichtkreis eines Fensters.
    „Da ist wer!“
    Tim wisperte, obwohl die
Entfernung beträchtlich war.
    Alle beugten sich vor, hielten
den Atem an, starrten.
    Aber jetzt war nichts mehr zu
sehen.
    „Wir müssen näher ran.“
    Von der Ulme bis zum Haus fiel der
Boden sanft ab.
    Auf halber Strecke wuchsen ein
paar Büsche.
    Hinter ihnen kauerte sich die
TKKG-Bande nieder.
    „Er ist vor der Scheune“,
stellte Tim fest.
    Jetzt war Wispern angebracht.
    In der nächsten Sekunde
passierte es. Und niemand hatte damit gerechnet. Es war die totale

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