Der Thron der roten Königin
gibt es nichts, was uns belastet. Ich verbrenne alles, was gefährlich ist, sobald ich es gelesen habe, niemals bewahre ich Kopien meiner Briefe auf. Mein Wirken für Henry ist eine Angelegenheit zwischen Gott und mir.
«Ich verstehe. Gestattet Ihr, dass ich mich in meinem Kabinett um meinen Gatten kümmere? Er ist verwundet.»
Er schenkt mir ein grimmiges Lächeln. «Als die Wache einmarschiert ist, um Lord Hastings zu verhaften, hat sich Lord Stanley unter dem Tisch verkrochen, und dabei hätte er sich um Haaresbreite an einer Lanzenspitze geköpft. Es sieht schlimmer aus, als es ist.»
«Ihr habt Lord Hastings verhaftet?», frage ich ungläubig. «Wie lautet die Anklage?»
«Madam, wir haben ihn enthauptet», versetzt er kurz angebunden und schiebt sich an mir vorbei in meine Gemächer. Seine Männer schwärmen in meinen Garten aus und nehmen ihre Positionen ein, und so sind wir bald Gefangene in unserem prächtigen Haus.
Stanley und ich gehen in mein Kabinett, eskortiert von Lanzenträgern, die sich erst davon überzeugen, dass das Fenster zu klein zum Fliehen ist, bevor sie zurücktreten, die Tür hinter sich schließen und uns alleinlassen.
Stanley wirft das blutverschmierte Wams und sein verdrecktes Hemd schaudernd zu Boden, dann setzt er sich, nackt bis zur Taille, auf einen Schemel. Ich gieße einen Krug Wasser in die Schüssel und wasche ihm die Wunde aus. Der Schnitt ist flach und lang, die Klinge hat ihn nur gestreift, sie sollte ihn nicht töten. Doch nur zwei Zentimeter tiefer, und er hätte ein Auge verloren. «Was ist los?», flüstere ich.
«Richard ist zu Beginn der Sitzung hereingekommen, um den Ablauf der Krönung zu besprechen, er bat Bischof Morton lächelnd um Erdbeeren aus seinem Garten und war überhaupt sehr leutselig. Wir haben mit der Arbeit an der Krönung begonnen, der Sitzordnung, den Fragen des Vorrangs, das Übliche. Zwischendurch ging er hinaus, und da muss ihm jemand eine Botschaft überbracht haben, denn als er wieder hereinkam, war er wie ausgewechselt, ein anderer Mann, das Gesicht dunkelrot vor Wut. Hinter ihm stürmten Soldaten herein, als wollten sie eine Festung überrennen. Sie traten mit gezückten Waffen gegen die Tür. Als sie zu mir herumschwangen, ließ ich mich fallen, Morton sprang zurück, Rotherham duckte sich hinter seinem Stuhl, und sie ergriffen Hastings, bevor er sich wehren konnte.»
«Aber warum? Was haben sie gesagt?»
«Nichts! Nichts haben sie gesagt. Es war, als hätte Richard seine geballte Macht entfesselt. Sie haben Hastings ergriffen und ihn hinausgeschleift.»
«Aber wohin? Unter welcher Anklage? Was haben sie gesagt?»
«Gar nichts haben sie gesagt. Du verstehst das nicht. Das war keine Verhaftung. Das war ein Überfall. Richard hat geschrien wie ein Verrückter: Er stehe unter einem Zauberbann, sein Arm versage ihm den Dienst, Hastings und die Königin wollten ihnen durch Hexerei vernichten …»
«Wie bitte?»
«Er hat den Ärmel hochgezogen und uns seinen Arm gezeigt. Seinen Schwertarm. Du weißt, wie stark sein rechter Arm ist. Er hat gesagt, die Kraft schwinde aus seinem Arm. Er gehorche ihm nicht und schrumpfe.»
«Großer Gott, ist er verrückt geworden?» Ich mache eine Pause, um ihm das Blut abzuwaschen. Ich kann es nicht glauben.
«Sie haben Hastings hinausgeschleift. Ohne ein einziges Wort. Sie haben ihn rausgebracht, obwohl er um sich getreten und geflucht hat. Er hat die Fersen in den Boden gestemmt. Draußen lagen Bretter von der Baustelle herum. Sie haben einen Holzklotz aufgestellt, ihn darauf gezwungen und ihm mit einem einzigen Hieb den Kopf abgeschlagen.»
«Ohne Priester?»
«Ohne Priester. Hörst du nicht, was ich sage? Sie haben ihn rausgeschleppt und ermordet! Er hatte nicht einmal Zeit für ein Stoßgebet.» Stanley beginnt zu zittern. «Lieber Gott, ich dachte, sie wären hinter mir her. Ich dachte, ich wäre der Nächste. Es war wie in dem Traum. Der Geruch von Blut und niemand, der mir zur Rettung eilte.»
«Sie haben ihn vor dem Tower enthauptet?»
«Wie ich gesagt habe.»
«Wenn der Prinz zum Fenster getreten ist, um nachzusehen, was der Lärm zu bedeuten hat, so hat er mit ansehen müssen, wie der engste Freund seines Vaters auf einem Holzklotz enthauptet wurde? Der Mann, den er seinen Onkel William nannte?»
Stanley ist still und sieht mich an. Blut rinnt über seine Wange. Er wischt es mit dem Handrücken fort, und seine Wange färbt sich rot. «Niemand hätte sie aufhalten können.»
«Der Prinz
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