Der Thron der roten Königin
bringt uns flussaufwärts nach Hause. Eng in meine Pelze gewickelt, sehe ich vom Heck der Barkasse in einem Fenster tief unten am Wasser, unter dem dunkel aufragenden Kloster, ein Licht. Ich weiß genau, dass es Königin Elizabeth ist, die nun nicht mehr Königin ist – als Hure beschimpft und nicht einmal als Witwe anerkannt –, deren Kerze über das dunkle Wasser scheint, während sie dem Triumph ihres Feindes lauscht. Ich male mir aus, wie sie mich in meiner herrlichen Barkasse vorbeifahren sieht, die vom Hof des Königs kommt, so wie sie mir auch vor Jahren hinterhergeblickt hat, als ich meinen Sohn an den Hof des Königs gebracht habe. Auch damals war sie im Kirchenasyl.
Eigentlich müsste ich im Triumph über sie schwelgen, doch mich schaudert, und ich vergrabe mich in den Pelzen, als wäre das kleine, stecknadelgroße Licht ein unheilbringendes Auge, das mich über das dunkle Wasser blendet. Schon einmal ist sie dem Kirchenasyl triumphal entkommen. Ich weiß, dass sie Richards Sturz plant, dass sie Ränke schmiedet, um noch einmal siegreich hervorzukommen.
An meinen Schwager Jasper Tudor und meinen Sohn Henry Tudor,
ich grüße Euch von Herzen. Ich habe viele Neuigkeiten. Richard wurde zum König von England gekrönt, und seine Frau ist jetzt Königin Anne. Wir stehen hoch in ihrer Gunst, sie vertrauen uns. Die frühere Königin Elizabeth hat sich an ihre Verwandtschaft gewandt, sie wollen den Tower von London angreifen und die Prinzen befreien, sobald sich das neue Königspaar nach der Krönung auf die Rundreise durch sein Land begibt. Ich habe ihr unsere Unterstützung versprochen, und Königin Elizabeth hat mir ihre geheimen Pläne anvertraut.
Macht Euch daran,
Eure Männer zu rekrutieren. Sobald die Königin ihre Jungen aus dem Tower geholt hat, wird sie ihre Truppen erheben und gegen Richard marschieren. Wer auch immer diesen Kampf gewinnt, sie oder Richard, soll sich umsehen und feststellen, dass Eure große Armee gelandet ist, dass Lancaster sich erhebt – und eine zweite Schlacht gegen Eure frischen Truppen geschlagen werden muss.
Ich glaube, unsere Stunde hat geschlagen. Ich glaube, unsere Zeit ist gekommen.
Margaret Stanley
An demselben Tag, da ich diese Botschaft abschicke, wird mir heimlich ein langer Brief zugestellt. Er ist von meinem alten Freund Bischof John Morton, der aus dem Tower in die Aufsicht des Duke of Buckingham in dessen Haus in Brecknock entlassen wurde.
Meine liebe Tochter in Christus,
ich bin zwar als Gefangener unter der Aufsicht des jüngeren Herzogs, doch
ich
habe
ihn
überwältigt, denn ich habe ihn von seiner Freundschaft mit Richard – der jetzt König genannt wird – abgebracht. Jetzt kämpft er mit seinem Gewissen, weil er Richard aus dürftigen Gründen zum Thron verholfen hat. Und weil er seinem Gott, seinem Land und sich selbst einen größeren Dienst erwiesen hätte, wenn er entweder die yorkistischen Prinzen unterstützt hätte und ihr Regent geworden wäre oder selbst Anspruch auf den Thron erhoben hätte.
Er ist jetzt bereit, sich gegen Richard zu wenden, und wird sich einem Aufstand gegen ihn anschließen. Um seine guten Absichten unter Beweis zu stellen, könnt Ihr seinen Männern befehlen, den Tower anzugreifen und die Prinzen herauszuholen. Ich werde Euch seine Losung in einer versiegelten Nachricht schicken. Ihr solltet Euch mit ihm treffen, um zu klären, welche Bündnisse Ihr in diesen unruhigen Zeiten schließen könnt. Er wird nach Brecon reisen, wenn er sich in Worcester von Richard getrennt hat, und ich habe ihm zugesagt, dass Ihr ihm wie durch Zufall auf der Straße begegnen werdet.
Ich bleibe Euer Freund
John Morton, Bischof
von Ely
Ich blicke auf und bemerke, dass eine meiner Ladys mich ansieht. «Geht es Euch gut, Mylady? Ihr seid ganz blass geworden, und nun steigt Euch die Röte ins Gesicht.»
«Nein, ich fühle mich gar nicht gut», sage ich. «Bringt Dr. Lewis her.»
***
In der Nacht nach der Krönung sucht mich mein Gatte in der Kapelle auf. «Bald werde ich London mit der königlichen Prunkprozession verlassen, und so bin ich jetzt im Begriff, die Männer auszuwählen, die mit den Getreuen der Königin den Angriff auf den Tower führen sollen», sagt er und lässt sich ohne Umstände auf eine Bank fallen. Den Altar, auf dem eine einzelne Kerze in der Dunkelheit brennt, bedenkt er mit einem flüchtigen Nicken und bekreuzigt sich ohne die geringste Pietät. «Just in diesem Augenblick holen sie ihre Waffen aus der Kammer.
Weitere Kostenlose Bücher