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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ist weiß wie Marmor, ihre Lippen sind blass, ihre Augenlider von einem fahlen Rosa. Es scheint ihr gar nicht gutzugehen, denn sie lehnt sich schwer an den Kaminsims, als sei sie erschöpft.
    «Ich danke Euch für Eure Dienste. Ihr sollt mir als meine erste Hofdame dienen.» Sie spricht leise und ein wenig kurzatmig. «Bei meiner Krönung werdet Ihr die Schleppe tragen.»
    Ich senke den Kopf, um meine Freude zu verbergen. Es ist eine Ehre für meine Familie, nur einen Schritt von der Krone entfernt zu stehen, während sie über ein gesalbtes Haupt gehalten wird. Ich stehe dann nur noch einen Schritt hinter der Königin von England, und ich bin bereit – Gott weiß es –, ihren Platz einzunehmen. «Ich bin erfreut über diese Ehre», erkläre ich.
    «Mein Gemahl hat eine hohe Meinung von Lord Thomas Stanleys Weisheit», fügt sie hinzu.
    So hoch, dass seine Lanzenträger ihm fast den Kopf abgeschlagen hätten und ihn eine Woche unter Hausarrest gestellt haben. «Wir sind dem Hause York seit langem zu Diensten», bemerke ich. «Ihr und der Herzog wurdet schmerzhaft vermisst, als ihr weit fort vom Hof im Norden weiltet. Ich freue mich, Euch zu Hause in Eurer Hauptstadt willkommen heißen zu dürfen.»
    Auf einen Wink hin stellt ihr ein Page einen Stuhl ans Feuer. Ich bleibe stehen und sehe, wie ihre Schultern beim Husten beben. Keine Frau, die alt wird. Gewiss wird sie dem Hause York auch keine Kinderschar schenken wie die fruchtbare Königin Elizabeth. Diese Frau ist krank und schwach. Ich bezweifle, dass sie noch fünf Jahre zu leben hat. Und dann?
    «Und Euer Sohn, Prinz Edward?», erkundige ich mich artig. «Kommt er zur Krönung? Soll ich dem Hofmeister befehlen, Gemächer für ihn vorzubereiten?»
    Sie schüttelt den Kopf. «Seiner Gnaden geht es nicht gut», bedauert sie. «Er wird bis auf weiteres im Norden bleiben.»
    Nicht gut? Nicht gut genug, um zur Krönung seines Vaters zu kommen? Dann muss es ihm sehr schlecht gehen. Er war schon immer ein blasser Junge mit dem schmächtigen Körperbau seiner Mutter. Man sah ihn nur selten bei Hofe, denn aus Angst vor der Pest haben sie ihn aus London ferngehalten. Hat er die Kinderkrankheiten noch nicht überwunden, wird aus einem schwächlichen Jungen ein kränklicher Erwachsener? Hat es Herzog Richard versäumt, einen Erben zu zeugen, der ihn überleben wird? Schlägt jetzt nur noch ein starkes Herz zwischen meinem Sohn und dem Thron?

[zur Inhaltsübersicht]
    Sonntag, 6 . Juli 1483
    J etzt sind wir dort, wo wir es geplant hatten: Nur ein Schritt trennt uns noch von der Krone. Mein Gemahl folgt dem König mit dem Amtsstab des Constable of England in der Hand. Ich folge der neuen Königin Anne und trage ihre Schleppe. Hinter mir kommt die Duchess of Suffolk und dahinter die Duchess of Norfolk. Aber ich bin diejenige, die in die Fußstapfen der Königin tritt, und als sie mit heiligem Öl gesalbt wird, bin ich ihr so nah, dass mir der berauschende Moschusduft in die Nase steigt.
    Für diese Zeremonie wurden weder Kosten noch Mühen gescheut. Der König ist in ein Gewand aus purpurrotem Samt gekleidet, er schreitet unter einem goldenen Baldachin einher. Mein Verwandter Henry Stafford, der junge Duke of Buckingham, trägt einen blauen Umhang, auf dem das strahlende Emblem eines goldenen Wagenrades prangt. In einer Hand hält er die Schleppe des Königs, in der anderen den Amtsstab des High Steward, seine Belohnung dafür, dass er Herzog Richard unterstützt und ihm zum Thron verholfen hat. Der Platz seiner Gemahlin, Katherine Woodville, die Schwester der Königinwitwe, ist leer. Die Herzogin ist nicht gekommen, um die widerrechtliche Aneignung des Throns ihrer Familie zu feiern. Sie begleitet ihren verräterischen Gemahl nicht. Er hasst sie wegen ihrer Familie und weil sie über ihn triumphierte, als er jung war und sie die Schwägerin des Königs. Dies ist nicht das letzte Mal, dass er sie demütigen wird.
    Ich schreite den ganzen Tag hinter der Königin her. Als sie zum Diner in die Westminster Hall geht, sitze ich an der Tafel der Hofdamen, während man ihr das herrliche Abendessen serviert. Der King’s Champion persönlich verbeugt sich vor unserem Tisch und vor mir, nachdem er mögliche Anfechter König Richards als Souverän laut brüllend herausgefordert hat. Dieses Diner ist so pompös wie alle feierlichen Anlässe an Edwards Hof. Bis nach Mitternacht wird diniert und getanzt. Stanley und ich verabschieden uns in den frühen Morgenstunden, und unsere Barkasse

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