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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Er unterbricht sich. «Und jetzt geh.»
    Ich gehe voran, die Treppe hinunter in den Hof der Burg, wo die Pferde warten. Mein Verlobter steigt schwer aus dem Sattel, um mich auf mein Pferd zu heben, und murmelt schon wieder, es sei ein langer Weg, ob ich nicht doch lieber im Damensattel reiten oder eine Sänfte nehmen wolle. Und ich antworte noch einmal, dass ich reiten gelernt habe, dass ich gern reite und dass Arthur, den Jasper mir zur Hochzeit geschenkt hat, mich den ganzen Tag ruhig und sicher tragen wird.
    Die Garde sitzt auf und formiert sich zur Reihe. Die Männer senken die Banner zum Earl of Pembroke, der den kleinen Earl of Richmond, meinen Sohn, in den Armen hält. Sir Henry salutiert ihm flüchtig. Jasper sieht mich an, und einen unerschrockenen Augenblick erwidere ich seinen Blick, und dann wende ich mein Pferd und reite davon, fort von Pembroke, fort von der Burg und ihrem Graf. Ich muss mich nicht umdrehen, um zu sehen, ob er mir hinterherblickt, ich weiß, dass er es tut.
    ***
    Wir reiten zum Haus meiner Mutter in Bletsoe, und ich werde in der kleinen Kapelle getraut, meine Halbschwestern sind die Brautjungfern. Diesmal frage ich meine Mutter nicht, ob man mir die Heirat nicht ersparen kann, und sie beschwichtigt mich nicht mit falschen Versprechungen. Ich werfe einen Seitenblick auf meinen neuen Gemahl. Obwohl er doppelt so alt ist wie ich, wird er vielleicht freundlicher zu mir sein als ein jüngerer Mann. Als ich vor dem Altar niederknie, um den Hochzeitssegen zu empfangen, bete ich voller Inbrunst, er möge so alt sein, dass er impotent ist.
    Sie servieren uns ein Hochzeitsmahl und schicken uns danach ins Bett. Ich knie am Fuß des Bettes, um Mut betend und darum, dass seine Kräfte ihn verlassen mögen. Er kommt ins Zimmer, bevor ich fertig bin, zieht sich aus und zeigt sich mir nackt, als wäre nichts dabei. «Wofür betest du?», fragt er mit nackter Brust und nacktem Hintern, abstoßend und schockierend. Aber er spricht, als wäre es ihm gar nicht bewusst.
    «Dass ich verschont werde», platze ich heraus und schlage mir augenblicklich entsetzt die Hand vor den Mund. «Es tut mir leid, ich bitte um Verzeihung. Ich meinte, dass ich von Angst verschont werde.»
    Erstaunlicherweise bekommt er keinen Wutanfall. Er scheint nicht einmal verärgert zu sein. Er lacht und steigt nackt ins Bett. «Armes Kind», sagt er. «Armes Kind. Von mir hast du nichts zu befürchten. Ich werde versuchen, dir nicht wehzutun, und ich werde immer freundlich zu dir sein. Aber du musst lernen, deine Zunge zu hüten.»
    Ich laufe puterrot an vor Scham und steige ins Bett. Er zieht mich behutsam an sich, legt den Arm um mich und schmiegt mich an seine Schulter, als wäre es das Natürlichste von der Welt. Kein Mann hat mich je im Arm gehalten, und ich bin starr vor Angst bei seiner Berührung und seinem Geruch. Ich warte darauf, dass er sich grob auf mich stürzt, wie Edmund einst, doch nichts geschieht. Er rührt sich nicht, und irgendwann lassen seine ruhigen Atemzüge mich glauben, dass er eingeschlafen ist. Ganz allmählich wage ich zu atmen, und dann merke ich, dass ich in dem weichen Bett zwischen den feinen Laken langsam zur Ruhe komme. Er ist warm, und seine massige Gestalt und die Stille, in der er neben mir liegt, strahlen etwas Tröstliches aus. Er erinnert mich an Arthur, das Pferd, so stark und groß und sanft ist er. Ich erkenne, dass Gott meine Gebete erhört hat: Mit dreiunddreißig ist mein neuer Gemahl so alt, dass er vollkommen impotent ist. Warum sollte er sonst so still und ruhig daliegen und mir nur zärtlich den Rücken streicheln? Liebe Muttergottes, sei gepriesen! Er ist entmannt, und wie ich so neben ihm liege, fühle ich mich sicher und warm und sogar geliebt. Er rührt sich nicht, er gibt keinen Laut von sich, außer einem leisen Seufzer, und als die Angst endlich von mir abfällt, schlafe ich in seinen Armen ein.

[zur Inhaltsübersicht]
    Sommer 1459
    I ch bin anderthalb Jahre lang verheiratet, als ich meinen Schwager Jasper wiedersehe, und während ich in der Halle unseres großen Hauses in Lincolnshire auf ihn warte, überkommt mich eine seltsame Verlegenheit, als müsste ich mich für die Annehmlichkeiten meines Lebens mit meinem Gemahl, Sir Henry, schämen. Jasper wird mich vermutlich sehr verändert finden, denn ich habe mich verändert. Ich bin nicht mehr so ruhelos wie das Mädchen, das geschworen hat, nie wieder zu heiraten; ich bin viel glücklicher als das Mädchen, das mit seiner

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