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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ihrem Wort kommen meine Mutter, Sir Henry Stafford und der Duke of Buckingham im Januar trotz Schnees und eisigen Nebels nach Pembroke Castle, um mich zur Hochzeit abzuholen. Jasper und ich mühen uns ab, für die großen offenen Kamine in allen Räumlichkeiten genug Brennholz herbeizuschaffen und dem hungernden Landstrich im Winter genug Fleisch für ein Hochzeitsfest abzutrotzen. Am Ende müssen wir uns mit der Tatsache abfinden, dass es nicht mehr als drei Fleischgänge gibt, zweierlei Eingemachtes und nur wenige kandierte Früchte und Marzipangerichte. Es wird nicht das sein, was der Herzog erwartet, doch wir sind mitten im winterlichen Wales. Jasper und ich verbünden uns in einem fast rebellischen Stolz: Wir haben getan, was in unserer Macht stand, und wenn es nicht gut genug ist für Seine Gnaden und meine Mutter, dann sollen sie doch zurück nach London reiten, wo jeden Tag Händler aus Burgund mit frischen Luxuswaren anlegen für all jene, die reich und eitel genug sind, ihr Geld dafür zu verschwenden.
    Am Ende bemerken sie die magere Kost kaum, denn sie bleiben nur zwei Tage. Sie haben mir eine Pelzmütze und Handschuhe für die Reise mitgebracht, und meine Mutter erlaubt mir, einen Teil des Weges auf Arthur zu reiten. Der Aufbruch wird für den frühen Morgen verabredet, um das kurze Tageslicht des Winters so gut wie möglich zu nutzen. Ich muss pünktlich im Stallhof erscheinen, um nicht ungefällig zu sein gegen meine neue Familie und meinen schweigsamen zukünftigen Gemahl. Zuerst werden sie mich zum Haus meiner Mutter bringen, wo wir heiraten, und dann nimmt mich mein neuer Gemahl mit in sein Haus in Bourne in Lincolnshire, wo auch immer das sein mag. Ein neuer Gemahl, ein neues Haus, ein neues Land. Doch ich habe nie irgendwo hingehört, und ich habe nie irgendetwas besessen.
    Als alles bereit ist, laufe ich nach oben ins Kinderzimmer, um mich von meinem Sohn zu verabschieden. Jasper begleitet mich. Henry ist den Wickelbändern und der Wiege entwachsen und schläft inzwischen in einem kleinen Bett mit hohen Gitterstäben auf beiden Seiten. Er wird jetzt sehr bald anfangen zu laufen, und ich bringe es kaum über mich, ihn zu verlassen. Er kann schon stehen und klammert sich auf unglaublich süßen O-Beinchen an den Betschemel oder an den niedrigen Hocker, hält Ausschau nach dem nächsten sicheren Halt und stürzt los, macht einen wackligen Schritt und plumpst hin. Wenn ich hinaufgehe, um mit ihm zu spielen, nimmt er meine Hände und marschiert quer durch den ganzen Raum, während ich ihn an beiden Händen festhalte. Wenn Jasper in den Kindertrakt kommt, kräht er wie ein junger Hahn, denn er weiß, dass Jasper mit ihm auf und ab geht, wieder und immer wieder; gehorsam, wie ein Ochse das Dreschrad im Kreise dreht, hält er unermüdlich Henrys kleine Hände, während der Junge auf seinen pummeligen kleinen Füßen einen tapsigen Schritt nach dem nächsten macht.
    Doch der magische Augenblick, in dem er allein läuft, ist noch nicht gekommen, obwohl ich gebetet habe, dass er vor meiner Abreise kommen möge. Seine ersten Schritte wird er ohne mich machen. Und jeden weiteren Schritt danach ebenfalls. All die Schritte seines Lebens – und ich bin nicht dabei.
    «Ich schreibe dir, sowie er alleine läuft», schwört Jasper.
    «Und schreib mir auch, wenn du ihn so weit hast, dass er das erste Mal Fleisch isst», sage ich. «Er kann sich nicht sein ganzes Leben lang von Haferschleim ernähren.»
    «Und wenn er zahnt», verspricht er mir. «Ich schreibe dir bei jedem einzelnen Zahn, der durchbricht.»
    Ich zupfe an seinem Ärmel, und er dreht sich zu mir um. «Und wenn er krank ist», flüstere ich, «auch wenn sie dir sagen, du sollst mich nicht beunruhigen. Es wird mir sonst keine Ruhe lassen, wenn ich glauben muss, er könnte krank sein und niemand würde mir Bescheid sagen. Schwör, dass du mir schreibst, wenn er krank werden sollte oder stürzt oder einen Unfall hat.»
    «Ich schwöre es», sagt er. «Und ich passe so gut auf ihn auf, wie ich kann.»
    Wir gehen ans Gitterbett, in dem Henry sich am Geländer festhält und strahlend zu uns aufschaut. Für einen Augenblick erhasche ich einen Blick auf unser Spiegelbild in den Butzenscheiben des Fensters hinter ihm. Ich bin fast fünfzehn, und Jasper wird siebenundzwanzig. In dem dunklen Glas sehen wir aus wie die Eltern, wie die gutaussehenden jungen Eltern eines geliebten Erben. «Sobald man es mir erlaubt, komme ich ihn besuchen», sage ich

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