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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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unglücklich.
    Mein kleiner Henry weiß nicht, dass ich gekommen bin, um Lebewohl zu sagen. Er streckt mir die Ärmchen entgegen, um auf den Arm genommen zu werden. «Ich bringe dir Neuigkeiten von ihm, sooft ich in England bin», verspricht Jasper.
    Er beugt sich hinunter und hebt unseren Jungen hoch. Henry umklammert ihn und schmiegt sein kleines Gesicht an Jaspers Hals. Ich trete zurück und versuche, mir dieses Bild meines Sohnes und seines Vormunds gut einzuprägen, damit ich es vor meinem geistigen Auge heraufbeschwören kann, wenn ich für sie bete. Ich weiß, dass ich sie zu jedem Stundengebet sehen werde, fünfmal am Tag. Ich weiß, dass mein Herz sich den ganzen Tag nach ihnen verzehren wird, jeden Tag – und auch jede Nacht, wenn ich vor Sehnsucht nach ihnen nicht schlafen kann.
    «Komm nicht mit hinunter, um mich zu verabschieden», bitte ich ihn ängstlich. «Ich sage ihnen, du seiest gerufen worden. Ich ertrage es nicht.»
    Er sieht mich starr an. «Natürlich komme ich mit hinunter, und ich bringe auch deinen Sohn mit», sagt er rau. «Es würde einen sehr seltsamen Eindruck machen, wenn ich, als dein Schwager und Vormund deines Sohnes, dir nicht Lebewohl sagen würde. Du bist jetzt verlobt, Margaret, du musst darauf achten, welchen Eindruck du der Welt vermittelst und wie du auf deinen zukünftigen Gemahl wirkst.»
    «Glaubst du wirklich, dass ich ausgerechnet heute Rücksicht auf ihn nehme?», platze ich heraus. «Wo ich dich verlassen und meinem Sohn Lebewohl sagen muss? Glaubst du, es liegt mir etwas daran, was er von mir denkt, wenn mir das Herz bricht?»
    Doch Jasper nickt. «Heute und an jedem anderen Tag. Achte gut auf ihn. Er wird all dein Land besitzen. Er ist der Hüter deines guten Rufes, er wird über das Erbe deines Sohnes entscheiden. Wenn du ihm keine liebevolle Gemahlin sein kannst», er hebt die Hände, damit ich meinen Widerspruch hinunterschlucke, «dann sei ihm wenigstens eine Gemahlin, über die er sich nicht beschweren kann. Seine Familie gehört zu den bedeutendsten im Land. Er wird ein Vermögen erben. Wenn er stirbt, geht ein Teil davon an dich. Sei eine Gemahlin, über die er sich nicht beklagen kann, Margaret. Das ist der beste Rat, den ich dir geben kann. Du wirst ihm angetraut, das heißt, du wirst seine Dienerin sein, sein Besitz. Er ist dein Herr. Sei ihm gefällig.»
    Ich komme ihm nicht näher, und ich berühre ihn nicht. Nach dem einen Mal beim Abendessen, da ich meine Hand auf die seine gelegt habe und er seine weggezogen hat, habe ich ihn nie wieder berührt. Ich mag ein Mädchen von vierzehn Jahren sein, aber ich habe meinen Stolz, und abgesehen davon sind manche Dinge einfach zu mächtig für Worte. «Lass mich dir wenigstens dieses eine Mal sagen, dass ich ihn nicht heiraten will und dass ich nicht von hier wegwill», vertraue ich ihm leise an.
    Über dem runden Köpfchen meines Sohnes lächelt Jasper mich an, doch der Schmerz hat seine Augen verdunkelt. «Ich weiß», sagt er. «Und ich kann dir versichern, dass mein Herz von Trauer erfüllt sein wird, wenn du fort bist. Ich werde dich vermissen.»
    «Du liebst mich wie eine Schwester», beharre ich, weil ich ihn zum Widerspruch herausfordern muss.
    Er wendet sich ab, macht einen Schritt und kommt dann zu mir zurück. Henry gluckst und streckt seine Ärmchen nach mir aus, weil er glaubt, es sei ein Spiel. Doch Jasper bleibt abrupt stehen – nur einen halben Schritt von mir entfernt, nah genug, dass ich seinen warmen Atem auf meiner Wange spüre, nah genug, dass ich mich ihm in die Arme werfen könnte, wenn ich es nur wagte. «Du weißt, dass ich es nicht sagen darf», sagt Jasper gepresst. «In wenigen Tagen wirst du Lady Stafford sein. Geh in dem Wissen, dass ich jedes Mal, wenn ich deinen Jungen aus seinem Bett hebe, an dich denken werde, jedes Mal, wenn ich mich zum Gebet niederknie, jedes Mal, wenn ich mir mein Pferd bringen lasse, jede Stunde des Tages. Es gibt Dinge, die können zwischen dem Earl of Pembroke und Lady Stafford nicht in Ehren ausgesprochen werden, also werde ich sie nicht aussprechen. Damit wirst du dich zufriedengeben müssen.»
    Ich reibe mir kräftig die Augen, und als ich die Fäuste senke, sind sie nass vor Tränen. «Aber das ist nichts», fahre ich auf. «Nichts im Vergleich zu dem, was ich zu dir sagen würde. Ganz und gar nicht das, was ich hören möchte.»
    «Und so soll es auch sein. So hast du nichts zu beichten, weder einem Priester, noch einem Gemahl. Und ich auch nicht.»

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