Der Thron der roten Königin
frage ich.
«Er schlägt sich wieder auf die Seite seines Bruders», erklärt mein Gemahl. «Die drei Söhne von York wollen sich wieder vereinen.»
«Das musst du sofort dem König schreiben … und Jasper», fordere ich. «Sie müssen es erfahren, damit sie sich vorbereiten können.»
«Ich habe schon Nachricht nach Wales und an den Hof geschickt», sagt mein Gemahl. «Aber ich bezweifle, dass ich ihnen etwas berichten kann, was sie nicht längst wissen. Jeder weiß, dass Edward in Flandern eine Armee aufstellt – wozu sonst, als den Thron zurückzuerobern. Und der König …» Er unterbricht sich. «Ich glaube, dem König ist alles gleichgültig, mit Ausnahme seines Seelenheils. Ich glaube wirklich, er wäre froh, den Thron zu übergeben, wenn er in ein Kloster gehen und seine Tage im Gebet verbringen könnte.»
«Gott hat ihn dazu ausersehen, König zu sein», sage ich entschieden.
«Dann muss Gott ihm helfen», entgegnet mein Gemahl. «Und ich glaube, wenn er Edward Einhalt gebieten will, wird er alle Hilfe brauchen, die er bekommen kann.»
***
Als mein Cousin Edmund Beaufort, Duke of Somerset, uns seinen Besuch ankündigt, wird uns deutlich, wie sehr der König auf Hilfe angewiesen ist. Ich lasse bis nach Guildford und sogar an der Küste nach Köstlichkeiten für die Tafel suchen, damit Seine Gnaden sich jeden Tag zu einem Festmahl niederlassen kann. Als wir in meinem Audienzzimmer sitzen und mein Gemahl, Sir Henry, einen Augenblick den Raum verlassen hat, dankt er mir für meine Gastfreundschaft. Ich neige lächelnd den Kopf, doch ich glaube gewiss nicht, dass er wegen der köstlichen Austern aus Sussex oder der eingemachten Kirschen aus Kent zu uns gekommen ist.
«Du hast mich königlich bewirtet», sagt er und kostet eine gezuckerte Pflaume. «Sind die aus deinem eigenen Obstgarten?»
Ich nicke. «Die Ernte des letzten Sommers», sage ich, als scherte die Haushaltsführung mich auch nur das Geringste. «Es war ein gutes Jahr für Obst.»
«Ein gutes Jahr für England», sagt er. «Unser König sitzt wieder auf dem Thron, und der Thronräuber wurde aus dem Land vertrieben. Lady Margaret, wir können doch nicht zulassen, dass diese Schurken wieder einmarschieren und unseren guten König vom Thron stürzen!»
«Nein, wahrlich nicht!», pflichte ich ihm bei. «Mich, seine Cousine, deren Sohn in die Obhut von Verrätern gegeben wurde, brauchst du davon nicht zu überzeugen. Und jetzt wurde er mir wiedergegeben, wie Lazarus von den Toten auferstanden ist.»
«Dein Gemahl befehligt einen großen Teil von Sussex, und sein Einfluss reicht auch bis nach Kent», fährt der Herzog fort, ohne näher auf Lazarus einzugehen. «Er hat eine Armee von Pächtern, die für ihn in die Schlacht ziehen würden, wenn er sie denn befehligen würde. Es könnte sein, dass die yorkistische Flotte an eurer Küste landet. Wir müssen sicher sein, dass dein Gemahl seinem König treu zur Seite steht und seinen Pächtern befiehlt, unsere Sache zu verteidigen. Aber ich fürchte, ich habe Grund, an ihm zu zweifeln.»
«Er ist ein Mann, dem der Frieden über alles geht», sage ich müde.
«Wir alle lieben den Frieden», erklärt mein Cousin. «Aber manchmal muss ein Mann sich verteidigen. Wir alle sind aufgerufen, den König zu verteidigen. Wenn York mit einer Armee aus flandrischen Söldnern nach England zurückkehrt und uns noch einmal schlägt, kann sich niemand von uns mehr in Sicherheit wiegen: nicht seines Landes, noch seines Titels, noch», er nickt mir zu, «seiner Erben. Möchtest du wirklich mit ansehen, wie der junge Henry noch einmal in einem yorkistischen Haus aufwachsen muss? Wie sein Erbe von einem yorkistischen Vormund verprasst wird? Verheiratet mit einem ihrer Mädchen? Glaubst du nicht, dass Elizabeth Woodville, sobald sie als Königin wieder auf dem Thron sitzt, ihre gierigen grauen Blicke auf deinen Sohn und sein Erbe heften wird? Sie hat deinen kleinen Neffen, den Duke of Buckingham, allein zu ihrem eigenen Vorteil mit ihrer Schwester Katherine vermählt – ein unerhört ungleiches Paar. Wenn sie wieder an die Macht kommt, wird sie sich deinen Sohn für eine ihrer vielen Töchter schnappen.»
Ich trete an den Kamin, sehe in die Flammen und wünsche mir einen Augenblick lang, ich besäße die Fähigkeit der yorkistischen Königin, die Zukunft vorherzusagen. Weiß sie, dass ihr Gemahl kommt, um sie zu retten, um sie und seinen neugeborenen Sohn aus ihrem Gefängnis zu holen? Kann sie vorhersehen, ob sie
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