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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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die aus Bächen entsprungen sein soll und eine Wassergöttin zu ihren Vorfahren zählt. Seither sind ihr Skandale und Gerüchte so sicher gefolgt, wie Wasser bergab rinnt. Man erzählt sich, sie sei mit dem Teufel im Bunde. Und dies ist die Frau, deren Tochter sich erkühnte, Königin von England zu sein! Kein Wunder, dass er in Schande gestorben ist und sie so tief gesunken sind. Ihre Wohnstatt ist kaum besser als ein Gefängnis. Sie sollte ihre schwarzen Künste nutzen und davonfliegen oder den Fluss anrufen und sich schwimmend in Sicherheit bringen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Frühjahr 1471
    D iese Gedanken äußere ich nicht gegenüber Sir Henry, der in den dunklen Januar- und Februartagen so schwermütig ist, dass man denken könnte, er trauerte um seinen König im Exil. Eines Abends bei Tisch frage ich ihn nach seinem Befinden, und er sagt, er mache sich große Sorgen.
    «Ist Henry in Sicherheit?», frage ich rasch.
    Sein müdes Lächeln beruhigt mich. «Selbstverständlich. Ich hätte dir gesagt, wenn ich schlechte Nachrichten von Jasper bekommen hätte. Ich zweifle nicht daran, dass die beiden in Pembroke sind und wir sie besuchen können, sobald die Straßen nicht mehr so matschig vom Regen sind. Zumindest, wenn es keine anderen Probleme gibt.»
    «Probleme?», wiederhole ich.
    Sir Henry dreht sich zum Truchsess mit dem Weinkrug um, der direkt hinter uns steht, und dann schaut er in die große Halle, wo die Bediensteten und Pächter an den nächsten Tischen unser Gespräch mit anhören können. «Wir können später darüber reden», sagt er.
    Wir warten, bis wir in meinem Schlafgemach unter uns sind, nachdem die Bediensteten uns heißen, gewürzten Wein serviert und sich für die Nacht zurückgezogen haben. Wie er dort vor dem offenen Kamin sitzt, sieht er müde aus und älter als seine fünfundvierzig Jahre.
    «Es tut mir leid, dass du dir so große Sorgen machst», beginne ich. Doch er ist in einem Alter, wo ein Mann leicht aus einer Mücke einen Elefanten macht, und wenn es meinem Sohn Henry gutgeht und unser König auf dem Thron sitzt, was für Probleme haben wir da zu befürchten? «Bitte sag mir, was du auf dem Herzen hast, Gemahl. Vielleicht können wir deine Sorgen zerstreuen?»
    «Ich habe eine Nachricht von einem Mann erhalten, der York treu ist und glaubt, auch ich sei ein treuer Yorkist», bringt er mit Mühe hervor. «Eine unmissverständliche Aufforderung.»
    «Unmissverständliche Aufforderung?», wiederhole ich wie benommen. Einen Augenblick lang glaube ich, er meint, er solle wieder als Richter amtieren, aber dann geht mir auf, dass York wieder zu den Waffen ruft. «O Gott, verschon uns! Doch kein Aufruf zur Rebellion?»
    Er nickt.
    «Eine yorkistische Verschwörung, und sie kommen zu dir?»
    «Ja.» Er seufzt. Einen Augenblick lang fällt alle Angst von mir ab, und ich bin versucht zu kichern. Der Absender kann meinen Gemahl nicht besonders gut kennen, wenn er ihn für einen Yorkisten hält. Vor allem, wenn er glaubt, er werde sich auf Kommando bewaffnen und leichten Herzens ins Gefecht ziehen. Mein Gemahl ist ein äußerst widerstrebender Soldat. Er ist nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem man Helden macht.
    «Edward beabsichtigt, in England einzufallen und sich sein Königreich zurückzuerobern», sagt er. «Bald fangen die Schlachten wieder an.»
    Jetzt bin ich aufgeschreckt. Ich umklammere die Lehne meines Stuhls. «Aber es ist nicht sein Königreich.»
    Mein Gemahl zuckt die Achseln. «Wem auch immer es rechtmäßig zusteht, Edward wird darum kämpfen.»
    «O nein», bitte ich. «Nicht schon wieder. Er kann doch nicht hoffen, unserem König gewachsen zu sein. Nicht jetzt, wo er gerade erst wieder eingesetzt wurde. Er ist doch erst seit … wie lange? … seit fünf Monaten wieder auf dem Thron?»
    «Mein Freund, der mich aufgefordert hat, für Edward anzutreten, hat noch mehr geschrieben», fährt mein Gemahl fort. «Er ist nämlich nicht nur Edwards Mann, er ist auch ein Freund von George, Duke of Clarence.»
    Ich warte. George of Clarence kann unmöglich wieder die Seiten gewechselt haben. Er hat alles darangesetzt, seines Bruders Feind zu sein. Er ist Warwick hörig, mit dessen Tochter vermählt und steht in der Thronfolge nach unserem Prince of Wales an zweiter Stelle. Er ist ein bedeutendes Mitglied des Hofes, ein geliebter Verwandter unseres Königs. Er hat alle Brücken zu seinem Bruder abgebrochen, er kann nicht zurück. Edward würde ihm nie wieder vertrauen. «George?»,

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