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Der Thron der roten Königin

Der Thron der roten Königin

Titel: Der Thron der roten Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ihrer Töchter, sich erschrocken haben muss, als die Tür aufgerissen wurde und Edward of York hereinmarschierte, siegreich wie stets. Ich verbringe zwei lange Stunden auf den Knien, aber ich kann weder für den Sieg beten noch für den Frieden. Ich kann nur daran denken, wie sie sich in seine Arme stürzt: dem mutigsten und besten Mann im ganzen Königreich. Wie sie ihm den Sohn zeigt, umringt von ihren Töchtern. Ich nehme meinen Rosenkranz und setze mein Gebet fort. Ich bete für die Sicherheit meines Königs, aber meine Eifersucht überschattet alles. Warum kann diese Frau, von weit geringerem Stand als ich, mit weitaus schlechterer Bildung als ich, die zudem zweifellos von Gott weniger geliebt wird als ich, mit dem Sohn auf dem Arm freudig auf ihren Gemahl zulaufen, in dem sicheren Wissen, dass er für seine Verteidigung kämpfen wird. Warum wird eine Frau wie sie, die gewiss nicht in Gottes Gunst steht und die – im Gegensatz zu mir – keinen Anstand an den Tag legt, Königin von England sein? Sollte Gott mich durch ein Mysterium – das zu groß ist, als dass ich es verstehen könnte – tatsächlich übersehen haben?
    Mein Gemahl sitzt ernst am Kopf der Tafel in der großen Halle. Sein Haushofmeister, der neben ihm steht, legt ihm ein Dokument nach dem anderen zum Unterzeichnen vor. Der Schreiber schmilzt Wachs und drückt das Siegel hinein. Ich brauche nur einen Augenblick, um zu erkennen, dass es Einberufungsbefehle sind. Er ruft seine Pächter zu den Waffen. Endlich zieht er in den Krieg. Bei diesem Anblick hebt sich mein Herz, wie eine Lerche über dem frühlingshaften Feld. Gott sei gepriesen, endlich erkennt er seine Pflicht und zieht in den Krieg. Froh trete ich zu ihm an den Tisch.
    «Gemahl, Gott segne dich und die Arbeit, die du nun endlich tust.»
    Er erwidert mein Lächeln nicht, sondern sieht mich nur müde an, in seinen Augen steht Trauer. Er fährt fort, ein ums andere Mal mit «Henry Stafford» zu unterzeichnen, wobei er kaum auf die Feder achtet. Sie kommen zum letzten Dokument: Der Schreiber lässt Wachs darauf tropfen und drückt das Siegel hinein. Dann übergibt er das Siegel in der Schachtel dem Haushofmeister.
    «Schickt sie gleich hinaus», sagt Henry.
    Er schiebt seinen Stuhl zurück und steigt von dem kleinen Podium. Er hakt mich unter und entfernt sich mit mir von dem Schreiber, der die Papiere in den Stall bringt, wo schon die Boten warten.
    «Gemahlin, ich muss dir etwas mitteilen, was dir Kummer bereiten wird», sagt er.
    Ich schüttele den Kopf. Vermutlich will er mir sagen, dass er schweren Herzens in die Schlacht zieht, weil er mich nicht allein lassen möchte, also beeile ich mich, ihm zu versichern, dass ich nichts fürchte, wenn er Gottes Werk tut. «Wahrlich, Gemahl, ich bin froh …» Er streicht mir sanft über die Wange und bringt mich zum Schweigen.
    «Ich berufe meine Männer nicht ein, um König Henry zu dienen, sondern König Edward», sagt er leise.
    Obwohl ich die Worte höre, ergeben sie zunächst keinen Sinn. Doch dann erstarre ich vor Entsetzen. Ich bin so stumm, dass er glaubt, ich hätte ihn nicht gehört.
    «Ich werde König Edward of York dienen, nicht Henry of Lancaster», sagt er. «Es tut mir leid, wenn du enttäuscht bist.»
    «Enttäuscht?» Er erzählt mir, er sei zum Verräter geworden, und denkt, ich könnte vielleicht enttäuscht sein?
    «Es tut mir leid.»
    «Aber mein Cousin ist zu uns gekommen, um dich davon zu überzeugen, in den Krieg zu ziehen …»
    «Er hat mich davon überzeugt, dass wir einen starken König brauchen, der dem Krieg ein für alle Mal ein Ende bereitet, sonst macht er mit seinesgleichen so lange weiter, bis England ganz zerstört ist. Als er mir gesagt hat, er werde ewig kämpfen, wurde mir bewusst, dass er geschlagen werden muss.»
    «Edward ist nicht zum König geboren. Er ist kein Friedensbringer.»
    «Meine Liebe, du weißt, dass er das ist. Die einzige Zeit des Friedens, die wir in den letzten zehn Jahren erlebt haben, war die kurze Periode, in der er auf dem Thron saß. Jetzt hat er einen Sohn und Erben, also werden die Yorks, so Gott will, den Thron für immer halten, und die endlosen Schlachten werden ein Ende finden.»
    Ich befreie meine Hand aus seinem Griff. «Er ist nicht von königlichem Geblüt», weine ich. «Er ist nicht heilig. Er ist ein Usurpator. Du bietest deine und meine Pächter auf,
meine
Pächter von
meinen
Ländereien, um einem Verräter zu dienen. Du lässt meine Standarte, das Fallgatter der

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