Der Thron der Welt
landeinwärts», murmelte Snorri. «Die Bauern gehen schon vor Sonnenaufgang auf die Felder.»
Vallon drehte sich um. «Seid ihr bereit?»
Wayland nickte, ihm wurde die Kehle eng.
«Geht keine Risiken ein. Wir können es genauso gut ein anderes Mal versuchen. Wir bleiben so lange wie möglich in der Nähe. Wenn ihr heute Abend nicht zurück seid, gehe ich davon aus, dass man euch gefangen genommen hat.»
Wayland und Raul wechselten einen Blick und nahmen ihre Waffen.
Snorri grabschte nach Waylands Arm. «Vergiss das Mädchen nicht.»
Wayland sah nach achtern. Syth war aus dem Laderaum aufgetaucht und stand mit dem Hund auf dem Achterdeck.
Vallon tastete nach seiner Börse. «Gib ihr das mit.»
Wayland starrte die Münzen an.
«Du hast zu mir gesagt, du hättest die Sache geklärt», sagte Vallon.
«Das habe ich auch. Ich meine, ich dachte, ich hätte sie geklärt.»
Syth biss sich auf die Fingerknöchel. Der Hund saß aufrecht und angespannt neben ihr.
«Worauf wartest du dann noch?»
«Sie will nicht gehen.»
«Was sie will, ist unerheblich. Du hast dich entschieden.»
«Ich habe gedacht …»
«Es ist zu spät, um noch länger zu überlegen. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Hol sie.»
Wayland drehte den Kopf weg. Vallon biss die Zähne zusammen, sodass die Kieferknochen hervortraten. «Raul, setz das Mädchen in das Boot.»
Raul warf einen Seitenblick auf Wayland. «Hauptmann …»
«Raul», sagte Vallon ganz leise. «Hol das Mädchen.»
Ohne Wayland noch einmal anzusehen, ging Raul auf Syth zu. Noch bevor er drei Schritte getan hatte, war der Hund auf den Beinen, und ein lautes Knurren ließ seinen Körper erbeben. Raul blieb stehen. «Das riskiere ich nicht, Hauptmann. Nur Wayland kann sich zu dem Hund wagen, wenn das Vieh in dieser Stimmung ist.»
Vallon murmelte eine Obszönität, zog sein Schwert, und ging über das Deck. Der Hund machte einen Satz nach vorn. Speichelfäden hingen von seinen Lefzen herab.
«Nicht!», rief Wayland.
Vallon blickte sich zu ihm um, das Gesicht rot vor Zorn. «Hol das Mädchen, oder ich tue es.»
«Das ist nicht gut. Ich kann sie nicht verlassen. Ich wollte es, aber ich kann es nicht.»
«Gott im Himmel. Wenn du dir wirklich etwas aus ihr machen würdest, müsstest du der Erste sein, der sie an Land bringen will.»
«Ich weiß. Ich kann es nicht erklären.»
Schwer atmend ging Vallon auf ihn zu. «Also sind wir wieder dort, wo wir angefangen haben. Wenn das Mädchen geht, gehst du auch.»
«Ich will nicht gehen.»
Vallons Atmung normalisierte sich wieder, und der Zorn wich aus seiner Miene. Er warf einen Blick zu den verblassenden Sternen hinauf und steckte sein Schwert in die Scheide. «Es wird bald hell. Ihr holt jetzt besser die Leute.»
Wayland trat einen Schritt auf ihn zu. «Heißt das …»
«Geht!»
Snorri hastete auf Vallon zu. «Aber Ihr habt’s versprochen!»
Der Hauptmann schob ihn zur Seite. Raul packte Wayland am Ärmel.
Sie sprangen ins Beiboot. Als Raul die Leine losmachte, landete der Hund ebenfalls im Boot. Sie begannen ans Ufer zu rudern. Als er sich umdrehte, sah Wayland am Bug Syth. Sie schickte ihm ein überwältigendes Lächeln und ein begeistertes kleines Winken hinterher.
Knirschend lief ihr Boot auf den Kiesstrand, und sie zogen es über die Flutlinie aus getrocknetem Seetang. Nach drei Tagen auf See war Waylands Gang beunruhigend schwankend. Sie konnten gerade noch den Umriss der Knarr erkennen. Er befahl dem Hund, auf das Boot aufzupassen, und sie machten sich auf den Weg Richtung Inland. Graues Licht lag über den Wiesen. Ihre Schritte hinterließen schwarze Abdrücke im Tau. Bis sie die Dorfgrenze erreicht hatten, zwitscherten überall in den Hecken die Vögel.
Ein beschaulicher Fluss begrenzte die Felder. Das Dorf lag versteckt hinter einer Ulmenreihe. Nistende Saatkrähen veranstalteten einen unglaublichen Aufruhr in den Bäumen. Wayland setzte sich mit dem Rücken an eine Weide. Raul schnitt Stücke von einem Brotlaib und hielt Wayland eines hin.
Er schüttelte den Kopf.
Raul sah ihn unentwegt an.
«Du kannst dir die Mühe sparen», sagte Wayland. «Alles, was du mir an den Kopf werfen könntest, habe ich schon von Vallon gehört.»
Raul begann zu kauen. «Ich kenne dich, seit dich Walter aus dem Wald gezerrt hat, und ich habe dich noch nie irgendetwas Rührseliges tun sehen, bis dieses Mädchen aufgetaucht ist. Du hast ja nicht mal einen einzigen Blick auf die Dienstmädchen geworfen. Und jetzt
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