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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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beiden Händen an die oberste Seitenplanke und erbrach sich über die Reling. Als der Würgereiz nachgelassen hatte, lehnte er sich ans Dollbord und sah sich nach dem zweiten Opfer der Seekrankheit um. Es war Vallon, der sich über die Reling krümmte.
    Mit Ausnahme von Snorri und Syth hatten sie alle einen elenden Tag vor sich. Syth war auf Segelbooten mitgefahren, seit sie laufen konnte und flitzte so unbekümmert auf dem Schiff herum wie eine Lerche über den Himmel. Trotz der Übelkeit schonte sich Vallon nicht, und er erlaubte auch den anderen nicht, sich vor ihren Aufgaben zu drücken. Zwischen manchen Plankenverbindungen hatten sich während der Zeit, in der das Schiff an Land lag, Trockenheitsfugen gebildet, und Wayland wurde damit beauftragt, den Laderaum auszuschöpfen und geteerte Wolle in die Holzspalten zu hämmern. Er lud Ballast um, damit die Trimmung verbessert wurde, und half, die Takelung nachzuspannen. Auf Vallons Anweisung hin unterrichteten Raul und Snorri die anderen in den Grundlagen der Seefahrt. Wayland erlernte die notwendigen Handgriffe zum Reffen und Absenken des Segels und den Einsatz des Wendebaums, um das Segel gebläht zu halten, wenn hart am Wind gesegelt wurde.
    Als es Abend wurde, war er immer noch seekrank und suchte sich, ohne etwas zu essen und ohne seine nasse Kleidung zu wechseln, mittschiffs einen Schlafplatz. Nur durch die Körperwärme des Hundes an seiner Seite fand er in den Schlaf. Irgendwann wachte er zitternd vor Kälte unter einem klaren Himmel voller Sterne auf. Der Wind hatte gedreht und brachte eiskalte Luft aus dem Osten. Der Hund lag nicht mehr neben ihm. Wayland setzte sich auf und piff leise.
    «Er ist hier unten bei mir.»
    Wayland ging zum Rand des Landeraums. Syth war das Halbdeck auf der Achterseite als Schlafplatz zugewiesen worden. Ihre Augen glänzten hell im Sternenlicht.
    Sie kicherte. «Er wollte ein warmes Plätzchen haben.»
    «Es ist gut. Er kann bei dir bleiben.»
    «Du zitterst. Warum kommst du nicht auch herunter? Ich möchte mit dir reden.»
    Wayland warf einen Blick über die Schulter. «Nein, da unten wird mir wieder schlecht.»
    Syth gähnte. «Armer Wayland. Dann gute Nacht.»
    Doch die Nacht war noch lang. Was sollte er wegen Syth unternehmen? Das Problem schien sich wie ein Widerhaken in seinem Inneren zu verfangen. Natürlich konnte sie bei dieser gefährlichen Reise nicht mitfahren, aber was bedeutete das für ihn selbst? Auf keinen Fall wollte er zusammen mit einem Mädchen, das er kaum kannte, an einer fremden Küste festsitzen. Er wand sich ein bisschen, als er an das lächerliche Ultimatum dachte, das er Vallon gestellt hatte. Und was er von einem Schwur gefaselt hatte. Er hatte keinerlei Schwur geleistet. Er hatte einfach an seine Schwester gedacht – und Syth war nicht seine Schwester.
    Er betrachtete die Sterne, und ihm wurde klar, dass er sie zurücklassen musste. Als er gedroht hatte, die Expedition zu verlassen, hatte er französisch gesprochen. Syth konnte ihn nicht verstanden haben, also konnte sie auch nicht den Eindruck haben, er würde sein Wort brechen. Sie musste verstehen, dass auf diesem Schiff kein Platz für sie war. Es wäre gefühllos, sie dazubehalten. Er hatte sein Leben riskiert, um sie vor den Normannen zu retten. Mehr konnte sie nicht erwarten. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr näherte er sich Vallons Standpunkt an. Sie mussten das Mädchen bei der ersten Gelegenheit an Land setzen.
    Sobald er zu diesem Entschluss gekommen war, wickelte sich Wayland in seine Decke und rollte sich zum Schlafen auf die Seite.
     
    Als er am nächsten Tag aufwachte, fühlte er sich wie neugeboren. Vallon hatte ihn lange schlafen lassen, die Sonne war schon auf gleicher Höhe mit der Rah und schien warm auf sein Gesicht. Seine Übelkeit war verschwunden, sein Kopf klar. Er setzte sich auf. In der spritzenden Gischt über dem Bug flimmerten die Farben des Regenbogens. Wasser rauschte am Schiffskörper entlang. Er sah, wie sich das Deck bog, als die
Shearwater
über eine Woge in ein Wellental glitt. Wie Snorri gesagt hatte, war das Schiff beinahe wie ein lebendiges Wesen. Wayland stand auf und lehnte sich an den Vordersteven aus dem Holz einer Eiche, die sein Großvater berührt haben konnte. Eine Schule Delfine begleitete sie, manche Tiere sprangen trudelnd und Tropfenkaskaden schleudernd vor dem Bug aus dem Wasser, und zwei ließen sich von der Bugwelle mittragen.
    Er hörte Schritte auf dem Deck. Als er sich

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