Der Thron der Welt
Deutsche. «Manchmal kommen ziemlich streitlustige Gesellen herein.» Wayland folgte ihm dicht auf den Fersen und prüfte, ob von irgendwoher Ärger drohte. Die Kirche des Teufels, so hatte seine Mutter die Bierschwemmen genannt. Diese Lasterhöhle war groß, und von einer riesigen Feuerstelle inmitten des Raumes her roch es nach Torfrauch. Im Licht von Talgkerzen machte Wayland eine überraschend große Zahl von Trinkern aus.
Sie begrüßten Raul lautstark und grinsten, als er sich an den Tresen schob. Der Gastwirt war schon mit ergebener Miene dabei, die Becher bereitzustellen. «Eins muss man den Schotten lassen», sagte Raul. «Sie brauen ein gutes Bier.»
Sie nahmen ihre Becher mit zu einer Bank am Feuer. Wayland zog den einen und dann den anderen Schuh aus und streckte die Beine aus. Seine Hosen begannen zu dampfen. Er fühlte sich angenehm müde. Der Hund streckte sich aus, um sich die Flanken zu wärmen.
«Dieses Feuer brennt das ganze Jahr über», sagte Raul. «Ist schon seit hundert Jahren nicht mehr ausgegangen.»
«Ich vermute, du hast dich gestern Abend hier volllaufen lassen.»
Raul frischte seine Erinnerungen mit einem Blick in die Runde auf. Er hob seinen Becher in Richtung einer Gruppe Würfelspieler, die vor der gegenüberliegenden Wand saßen. «Siehst du diesen piktischen Wilden mit den roten Haaren dort drüben? Hört auf den Namen Malcolm.»
Wayland machte einen wüst aussehenden Kerl aus, der auf Rauls Gruß reagierte, in dem er eine Hand schützend über seinen Trinkbecher legte. Seine Gefährten lachten und schlugen auf den Tisch.
«Dem möchte ich nicht ins Gehege kommen», sagte Wayland.
«Genau das ist mir passiert. Er und ich hatten einen Riesenstreit. Er hat mich unglaublich beleidigt, hat mich Sohn einer Hure, Hundefurz und Schweineschwanz genannt. Immer weiter ging das so, er musste kaum Luft holen und hat sich kein einziges Mal wiederholt. Der ist ein echtes Großmaul. Nicht, dass ich jedes Wort genau verstanden hätte, aber was er meinte, war trotzdem klar. Besonders am Schluss, als er sein Hemd hochgezogen und mir seinen dreckigen, behaarten Arsch entgegengehalten hat.»
Wayland riss die Augen auf. «Und was hast du getan, dass er sich so aufregte?»
«Es war eine Wette, und ich habe gewonnen. Du wärst stolz auf mich gewesen.»
Wayland blinzelte. «Es ist ein Wunder, dass wir dich nicht mit aufgeschlitzter Kehle auf einem Misthaufen gefunden haben.»
«Ich habe nur deshalb so viel Ale getrunken, damit sich meine Zunge löst. Jede Beleidigung und Kränkung, die er vorgebracht hat, habe ich noch übertroffen. Ich könnte dir nicht wörtlich wiederholen, was ich gesagt habe, weil ich mich nämlich nicht mehr daran erinnern kann, aber den Abschluss meiner Vorstellung hättest du bestimmt großartig gefunden.»
«Und wie war der?»
«Ich bin zu ihm rübergegangen, hab meine Hosen aufgeknöpft und ihm in den Alebecher gepisst.»
«O Gott», stöhnte Wayland. Er warf einen verstohlenen Blick auf Malcolm und seine Kumpane. «Und was hat er getan? Was haben seine Freunde getan?»
«Haben mir das nächste Bier bezahlt. Haben mir auf die Schulter geklopft und gesagt, ich wäre der König der Lästerer.» Raul prustete vor Lachen. «Du solltest mal dein Gesicht sehen», sagte er und ließ seinen Kopf auf den Tisch sinken. Dann begann er zu schielen wie eine boshafte Kröte. «Verstehst du nicht? Es war ein Spiel. Leute zu beleidigen ist hier eine Art Sport. Flyting nennen sie es.» Raul leerte seinen Becher und deutete auf den von Wayland. «Noch eins?»
«Nein», sagte Wayland schwach. Dann sprang er auf und stemmte die Hände in die Hüften. «Auf gar keinen Fall.»
«Es schüttet aber immer noch.»
«Wir sind hier weg.»
Doch als sich Wayland zum Gehen wandte, öffnete sich mit einem dröhnenden Donnerschlag die Tür und drei lachende Herren kamen herein. Sie schüttelten den Regen von ihren Umhängen. Der Aufwärter verbeugte sich vor ihnen, vollführte einen Kratzfuß, und machte keinerlei Anstalten, ihnen die Schwerter abzunehmen. Von allen Seiten riefen ihnen Gäste mit erhobenen Bechern Willkommensgrüße zu. Die Neuankömmlinge waren offenkundig hochstehende Männer. Ihr Anführer, großgewachsen, dunkelhaarig und gutaussehend, trug sein langes Haar in geölten Ringellocken. Über seinen Rücken hing ein Umhang aus indigoblauer Wolle mit Brokatsäumen. Am Hals wurde er mit einer wundervoll gearbeiteten Spange geschlossen, die zwei Schlangen darstellte, die sich in
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