Der Thron der Welt
deutete auf die Eisrinne, als führte dieser Schacht in die Hölle. «Da gehe ich nicht wieder hinunter. Hast du gehört?»
Glum rollte das Seil über seine Schulter auf. «Doch, das musst du. Es ist der einzige Weg.»
Der Aufstieg hatte beinahe den gesamten Vormittag in Anspruch genommen, und der Himmel bezog sich. Von dem Plateau aus konnten sie die gewaltige Polarwüste im Inland sehen. Ein kalter Gletscherwind ließ ihre Gesichter prickeln, als sie über das Plateau stapften. Es ging weiter leicht bergauf, und sie sahen nichts außer Schnee und Himmel und ihren eigenen Fußspuren, die sich hinter ihnen verloren. Dann begann der Hang abzufallen, und die Schneedecke war nicht mehr geschlossen, sodass weite Flächen frostgesprengter Felsen frei lagen. Wayland sah die eisumgürteten Felskuppen auf der anderen Seite des Fjords, und dann kam der Rand des Gipfelplateaus in Sicht – zerbrochene Felssäulen und Pfeiler, die durch messerscharfe Grate mit der Felswand verbunden waren. Glum ging auf einen der weiten Vorsprünge hinaus. Er wirkte sehr verletzlich auf diesem luftigen Felssporn.
Dann hob er den Arm über den Kopf und deutete nach links. Sie gingen weiter gegen den Wind.
«Da!», rief Wayland und deutete auf einen klobigen Umriss, der auf einem Gesims in der Steilwand saß.
«Ja, das ist der Falke», sagte Glum. «Ich glaube, sein Nest ist ganz in der Nähe.»
Wayland vergaß die Gefahren des Aufstiegs und hastete voran. Er hatte den halben Weg zu dem Gesims hinter sich, als sich der Falke abstieß und in einer Kurve um den Wachfelsen herum außer Sichtweite glitt. Das Tier war nicht so groß, wie Wayland erwartet hatte. «Das muss das Männchen sein», sagte er. «Der Terzel.» «Wartet hier», sagte Glum und balancierte leichtfüßig auf einen anderen Klippenvorsprung hinaus. Am Rand hakte er sich mit seiner Axt in einer Felsspalte ein und beugte sich weit vor. Dann zischte er und winkte sie zu sich.
Waylands Herzschlag beschleunigte sich, als er sich vorsichtig auf den Felsvorsprung schob. Ganz vorn angekommen, drückte ihn ein heftiger Aufwind auf die Fersen zurück. Mit tränenden Augen spähte er über den Rand. Die Welt begann sich zu drehen. Benommen und furchtsam zog er sich zurück.
«Nimm meine Hand», sagte Glum. «Siehst du, meine Axt hält mich ganz fest.»
Wayland vertraute dem Griff des Jungen sein Leben an und beugte sich über die Felskante. Der Wind blies ihm das Haar aus dem Gesicht. Das Schiff unter ihnen schien kaum größer als ein Reiskorn. Dann hörte er einen klagenden Schrei, und der Gerfalke glitt von einem Felsüberhang zu seiner Linken. Wayland sah auf ihn hinab, nahm seine Größe und sein weißes Gefieder wahr, seine muskulösen Schultern, die breiten Flügelansätze. Ein Weibchen. Es ließ sich vom Aufwind tragen, schwebte mit leicht abwärts geneigten Flügeln an der Steilwand entlang und flog so nahe an ihm vorbei, dass Wayland den Lichtreflex in seinen Augen sehen konnte.
Er drehte sich zu Raul um. «Schneeweiß! So groß wie ein Adler!»
«Das Nest liegt unter dem Überhang», sagte Glum. «Es ist unmöglich, direkt hinzukommen. Ich finde heraus, ob es von der anderen Seite aus einfacher ist.»
Der Falke entfernte sich, gewann an Höhe. Bei dem Gedanken, die Jungen dieses Vogels zu besitzen, noch bevor es Abend war, kribbelte Wayland das Blut in den Adern.
Glum kam zurück und wiegte den Kopf. «Auf dieser Seite ist es nicht so schwierig, glaube ich. Jetzt müssen wir eine Stelle finden, an der wir die Seile befestigen können.»
Sie musterten die Umgebung oberhalb des Horsts. Ungefähr fünfzehn Fuß hinter der Felskante entdeckte Glum eine Spalte, in die sie die Eisenstange einen Fuß tief versenken konnten.
Raul wischte sich mit dem Ärmel unter der Nase entlang. «Wer steigt hinunter?»
Glum sah Wayland an. «Ich glaube, das muss ich machen. Für euch ist es nicht so einfach.»
Beinahe hätte ihm Wayland zugestimmt. Die Aussicht darauf, an diesem Felshang hinunterzuklettern, brachte sein Herz zum Flattern und ließ ihm die Beine weich werden. Doch als er in die Weite blickte und das Falkenweibchen ihr Territorium überwachen sah, wusste er, dass sein Triumph nicht vollkommen wäre, wenn er die Nestlinge nicht selbst holte.
«Ich gehe», sagte er. «Zeig mir den Weg.»
Glum führte ihn auf den Felsvorsprung und deutete den Steilhang hinunter. «Zuerst musst du bis zu diesem Sims dort absteigen. Dann folgst du ihm bis zu einem Fels, der aussieht wie die
Weitere Kostenlose Bücher