Der Thron der Welt
war beinahe dort, als es stolperte und auf die Vorderläufe sank. Der Hund fiepte und wurde noch aufgeregter. Stöhnend richtete sich das Tier wieder auf. Unsicher ging es ein paar Schritte, dann blieb es stehen, die Beine gespreizt, der Kopf immer tiefer sinkend. Taub für Waylands Befehle, raste der Hund los und grub seine Zähne in ein Hinterbein, um die Laufsehne durchzubeißen. Doch das Tier schlug aus, und der Hund wurde fünfzehn Fuß weit durch die Luft geschleudert.
«Ich hab’s dir ja gesagt!»
Das große Tier schwang den Kopf in Waylands Richtung. Blut tropfte aus seinem Maul. Es stieß ein klagendes Grunzen aus, dann sank es auf die Hinterbeine und kippte um.
Wayland hatte ein Klingeln in den Ohren. Der Hund schwamm, offensichtlich unverletzt, zu dem Kadaver auf der Landzunge zurück. Wayland blies die Backen auf und drehte sich um. Syth stand ein paar Schritte entfernt und starrte ihn entsetzt an. Er zog sein Messer.
«Ich stelle fest, ob es wirklich tot ist.»
Das Tier lag auf der Seite, Blut färbte das Wasser in seinem Umkreis dunkel. Wayland betrachtete das Auge und sah seine eigene Spiegelung, die mit jedem Moment matter wurde.
Der Hund beobachtete ihn mit einem kleinlauten Ausdruck im Blick. Wayland trat in seine Richtung. «Du hast Glück gehabt, dass er dir nicht das Kreuz gebrochen hat.»
Er zog das Tier ganz aus dem Wasser und band es mit einem Seil an einem Baum fest. Syth umkreiste die Beute, betrachtete sie von allen Seiten, wollte sie aber nicht berühren.
«Lauf zum Lager zurück, und sag Raul, er soll mit dem Beiboot herkommen.»
Sie drehte sich um und rannte los. Ihre Beine wirbelten auf die Art, die Wayland immer zum Lächeln brachten.
«Besser, sie kommen gleich mit allen beiden Booten!», rief Wayland.
Sie blieb kurz stehen und schoss dann, den Hund auf den Fersen, wie ein Pfeil davon.
Wayland sah ihr nach, und sein Lächeln erstarb. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
Die aufgehende Sonne lag wie eine Goldkugel in einer Senke des Horizonts. Über Wayland flirrten die Birkenblätter wie blitzende Münzen. Er fühlte sich wie ein Mörder.
Die Sonne blendete ihn, als er wieder aufwachte. Gähnend stand er auf und spähte in Richtung des Wikingerlagers. Die Arbeitsgeräusche hatten aufgehört. Die Wikinger hatten das Langschiff aus dem Wasser gezogen, um die Reparatur fortzusetzen, und es wurde von der Krümmung der Bucht verdeckt.
Er wollte sich gerade wieder abwenden, als ihm eine ruckhafte Bewegung auffiel. Über den Bäumen, von denen die Bucht gesäumt war, schwang eine helle Spiere hoch. Wayland zog ein Gesicht. Sie richteten den Mast auf.
Im Wald schrie ein Tier. Der gequälte Schrei ertönte ein zweites Mal, nun schon weiter entfernt. Wayland musterte die Bäume hinter sich. Es gab Bären und Wölfe in diesem Wald. Er hatte ihre Spuren gesehen.
Als er wieder über den Fluss sah, glitt das Drachenschiff aus der Bucht, die neuen Planken bildeten einen scharfen Kontrast zum Rest des Schiffsrumpfs. Riemen wurden herausgeschoben und dann nicht weiterbewegt. Auch wenn sie mit ihrem Schiff noch nicht aufs offene Meer konnten, so waren sie doch imstande, der
Shearwater
den Fluchtweg zu blockieren. Dann wurden die Ruder eingetaucht, und das Langschiff schob sich zurück in seinen Schlupfwinkel. Wenig später setzte das Hämmern und Pochen wieder ein.
Wayland spähte flussaufwärts und sah die beiden Boote auf sich zukommen. Als Raul das Tier sah, schob er seine Mütze aus der Stirn.
«Wie viele Pfeile hast du gebraucht?»
«Einen. Weißt du, was das ist?»
«Ein Elch. Ich habe an der baltischen Küste welche gesehen. Gutes Fleisch. Wenn wir es räuchern, sind wir versorgt, bis wir Norwegen erreicht haben.» Sein Blick traf auf die Birkhühner, die beim Stamm eines Baumes neben dem Tier lagen. «Und Futter für die Falken hast du auch.»
«Das reicht noch nicht.»
«Morgen Abend kannst du wieder jagen gehen.»
Wayland schüttelte den Kopf. «Die Wikinger haben ihr Langschiff repariert. Sie haben sogar schon einen neuen Mast aufgestellt.»
Raul musterte das feindliche Ufer. «Ein Mast nützt überhaupt nichts ohne Segel.»
«Darauf kommt es doch hier gar nicht an. Sie kontrollieren trotzdem den Fluss.»
Vallons Gruppe schlief auf der
Shearwater
, die mitten auf dem Fluss vertäut war – eine Vorsichtsmaßnahme, falls Drogos und Helgis Männer versuchen sollten, das Schiff in die Hand zu bekommen. Am nächsten Morgen brachten sie die
Shearwater
wieder
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