Der Thron der Welt
wird kein Leid geschehen.»
Doch Worte haben nur eine begrenzte Macht. Die
Shearwater
war schon beinahe an der Flussmündung, bis die Isländer vier Männer aus ihren Reihen stark genug unter Druck gesetzt hatten, damit diese sich als Geiseln zur Verfügung stellten.
Wayland sah Vallon stirnrunzelnd an. «Du hast Thorfinn sechs Geiseln versprochen.»
«Die anderen beiden stelle ich. Garrick.»
Der Engländer zuckte zusammen.
«Wenn du als Geisel zu Thorfinn gehst, findest du vielleicht eine Möglichkeit, die Frauen zu befreien.»
«Ja, Hauptmann.»
Die Übrigen starrten Vallon betroffen an. Er ließ seinen Blick von einem zum anderen wandern. «Ich brauche jemanden, der die Wikinger ausspioniert. Der feststellt, welche Stärken und Schwächen und welche Gewohnheiten sie haben. Nach so vielen Rückschlägen wird die Stimmung unter ihnen wohl nicht gut sein. Möglicherweise können wir ein paar von ihnen auf unsere Seite bringen.» Sein Blick wanderte über Raul hinweg und blieb an Wayland hängen, doch dann glitt er weiter zu einem anderen.
«Hero. Ich schicke dich zu ihnen.»
XXXIII
V on Nordwesten trieb schneidend kalter Wind Regenböen vor sich her. Die
Shearwater
lag im Windschatten der Flussmündung.
«Warum ich?», sagte Hero zum tausendsten Mal. «Warum überhaupt einer von uns? Das hat Thorfinn nicht zur Bedingung gemacht. Vallon hat mich eingesetzt wie einen Bauern auf dem Schachbrett.»
«Es ist ja nicht für lange», beruhigte ihn Richard.
«Zehn Tage mit einer Bande mordlustiger Wilder!»
Jemand rief etwas, und das Schiff neigte sich, als alle auf eine Seite stürzten.
«Dort kommen sie!», rief Vallon. «Zieht das Segel auf. Wir drehen auf die Windseite.»
Der scheckige Rumpf des Langschiffs tauchte aus den Regenschleiern auf.
«Ich würde an deiner Stelle gehen, wenn ich könnte», sagte Richard.
«Das weiß ich.» Hero brachte ein schwaches Lächeln zustande. «Das Seltsame ist, dass ich dasselbe für dich tun würde.» Er stand auf, seine Decke rutschte ihm von den Schultern, und er küsste Richard auf beide Wangen. «Falls du mich nicht wiedersiehst, sollst du wissen, dass ein Teil meines Herzens für immer bei dir bleibt.»
Garrick hob die Decke auf und legte sie Hero wieder um die Schultern. «Ich passe gut auf ihn auf.»
Die
Shearwater
krängte, als sich das Schiff auf die ostwärts gelegene Landspitze ausrichtete. Eine halbe Meile in Windrichtung vor dem Langschiff befahl Vallon, das Segel einzuholen. Die Wikinger hörten auf zu rudern. Vallon beobachtete sie lange und schweigend, und Hero hatte das Gefühl, dass er selbst in diesem Moment noch seine Meinung ändern könnte.
«Die Wikinger machen ihr Beiboot klar», sagte Raul. «Sieht so aus, als wollten sie die Sache durchziehen.»
«Ins Boot», sagte Vallon.
Zwei Ruderleute stiegen ein, dann kletterten die vier isländischen Geiseln in das Boot. Vater Hilbert erklärte ihnen, dass sie nun Gottes Zorn für ihre Sünden ernteten, dass sie aber, wenn sie wahre Reue zeigten, dereinst vielleicht dennoch in die glückseligen Gefilde des Himmels eingehen könnten.
Vallon raunte ihm leise zu: «Wenn Ihr nicht augenblicklich einen anderen Ton anschlagt, findet Ihr Euch gleich bei den Wikingern zum Predigen wieder.»
Dann nahm er Garrick beiseite, und der Engländer grinste, als er sich mit einem Handschlag verabschiedete. Anschließend wandte sich Vallon an Hero.
«Hasse mich nicht zu sehr. Ich habe dich ausgewählt, weil du einen raschen Verstand hast und überzeugend reden kannst. Bald bist du wieder bei deinen Gefährten.» Er nahm Hero an den Schultern, legte sein Gesicht an Heros Wange und fügte leise hinzu. «Du bist mir so lieb wie mein eigener Sohn. So, jetzt habe ich es gesagt. Keinen Augenblick zu früh.»
Verwirrt von diesem Bekenntnis, kletterte Hero ins Boot. Das halbe Segel und das Tauwerk wurden hinuntergereicht. Dann löste jemand die Vertäuung, und unter bedauernden und ermutigenden Rufen wurden die Geiseln davongeschickt.
Mit dem Wind im Rücken bewegte sich das Beiboot der Wikinger schneller, als die Isländer rudern konnten. Heros Truppe hatte erst ein Drittel der Strecke zu dem Langschiff zurückgelegt, als das Beiboot der Wikinger schon bei ihnen angelangt war. Keine Seite konnte sich den Blick auf den Gegenpart verkneifen. Zwei der Wikinger bemühten sich um eine betont gleichgültige Miene. Einer zog Rotz hoch und spuckte aus. Der vierte, er war sehr jung, sah genauso verängstigt aus, wie Hero
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