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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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Thorfinn.
    «Natürlich. Für Felle und Sklaven. Das letzte Mal vor zwei Sommern.»
    Vallon musterte die Zeichnung. Eine unbekannte Landschaft nahm in seinem Kopf vage Gestalt an. «Bucht der Gefahren hast du das Meer genannt.»
    «An seinem Ufer leben Skraelinger, Lappen, Nomadenfischer und Rentierhirten. Auf unserer letzten Fahrt haben sie sich drei von meinen Männern geschnappt. Ich habe nicht einmal mitbekommen, wie es passiert ist. Ihre Zauberer können jede beliebige Gestalt annehmen.»
    «Gibt es auf dieser Route Nahrung?»
    «Um diese Jahreszeit wimmelt es am Ufer von Wildvögeln, und in den Flüssen drängen sich die Fische so dicht, dass sie kaum stromauf schwimmen können.»
    «Und wie lange dauert es von der Bucht der Gefahren bis nach Nowgorod?»
    «Von einem Neumond bis zum nächsten.»
    «Einen ganzen Monat?»
    «Hör zu, Franke, durch das Baltische Meer nach Nowgorod zu segeln würde dich drei Monate kosten.»
    «Er hat vermutlich recht», sagte Wayland. «Wir haben ja schon zu den Orkneys drei Wochen gebraucht.»
    Vallon sah wieder Thorfinn an. «Beschreibe mir die Route durchs Land.»
    Thorfinn nahm wieder Kalk zwischen die Finger. Auf einem anderen Stück des Felsens zog er eine senkrechte Linie, der er einen kleinen Kreis hinzufügte. «Man folgt einem Fluss Richtung Süden, bis man einen See erreicht.» Er zog noch einen Strich und einen großen Kreis. «Das sind noch ein Fluss und noch ein See, der Onega heißt.» Darauf zeichnete er noch eine Senkrechte und einen Kreis, der so groß war, dass der Platz nicht reichte. «Und noch ein Fluss bringt dich zum Ladogasee, der sogar noch größer ist als der letzte. Folge seinem südlichen Ufer, und du bist im Land der Rus.»
    «Und was hindert uns daran, uns diesen Weg alleine zu suchen?»
    «In die Bucht der Gefahren münden hundert Flüsse. Aber nur einer davon führt nach Holmgard. Alle anderen führen ins Grab.» Thorfinn reckte die Brust. «Ich kenne den richtigen Fluss.»
    «Und diese Route willst du nehmen?»
    «Es ist der einzige Weg, den wir noch nehmen können. Selbst wenn wir ein Segel hätten, wäre unser Kiel zu schwach, um sich damit aufs offene Meer zu wagen. He, Franke, gib mir dein Ersatzsegel, und wir fahren zusammen nach Süden.»
    Vallon sah stromaufwärts. «Hat dieser Fluss hier einen Namen?»
    Thorfinn zuckte mit den Schultern. «Du kannst ihn nennen, wie du willst.»
    «Er fließt nach Süden. Würde er uns nicht auch an unser Ziel bringen?»
    Thorfinn schüttelte den Kopf. «Eine Tagesreise flussauf teilt er sich. Ein Arm fließt nach Westen, in dem anderen gibt es Stromschnellen, über die man nur mit kleinen Booten kommt.»
    «Werden wir unser Schiff nach Nowgorod bringen können?»
    Erneutes Kopfschütteln. «Eure Knarr hat zu viel Tiefgang.»
    «Wir müssen über deinen Vorschlag beraten.»
    Thorfinn machte eine weitausholende Geste. «Lass dir ruhig Zeit, Franke.»
    Vallon sagte zu Wayland: «Was hältst du davon?»
    «Die Route ist vermutlich schwieriger, als er behauptet, aber er würde uns nicht anbieten, uns zu führen, wenn sie nicht schiffbar wäre. Was ich nicht verstehe, ist, warum er diesen Vorschlag macht.»
    «Das ist doch ganz einfach. Erstens sind er und seine Männer tot, wenn wir ihm kein Segel geben. Zweitens will er unsere Passagiere als Sklaven verkaufen und unsere Handelswaren erbeuten. Weil er unser Schiff nicht erobern kann, hofft er, uns am nächsten Handelsplatz wie die Schafe zur Schlachtbank treiben zu können. Auf diese Art muss er uns auf der Reise nicht einmal verköstigen.»
    «Ein Waffenstillstand würde nicht so lange halten. Ein falsches Wort, ein kleiner Rückschlag … Außerdem würde es bedeuten, dass wir die
Shearwater
aufgeben. Wenn sich die Überlandstrecke als unpassierbar erweist, gibt es keinen Weg zurück.»
    «Ich weiß.» Vallon spreizte Daumen und Zeigefinger und umfasste seine Stirn. Dann schaute er stromauf zu ihrem Schiff. Alle an Bord beobachteten sie und fragten sich, welches Schicksal wohl für sie beschlossen wurde. «Es ist eine schwere Entscheidung. Was würdest du machen?»
    Wayland ließ seinen Blick über den Wald und dann zum Himmel hinaufschweifen. Vallon wartete ab. Seine Lage setzte ihm zu – hier saß er auf einem Felsen inmitten eines namenlosen Flusses in der Wildnis und verhandelte mit einem Barbaren.
    «Es sind die Falken», sagte Wayland schließlich. «Wenn wir den Seeweg nehmen, werden sie alle sterben. Schon ein paar Tage ohne Futter wären zu viel.

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