Der Thron der Welt
«Wer spricht für Euch?»
Finger zeigten auf Vallon.
«Die Jäger haben gesagt, Ihr kommt vom Weißen Meer, aber sie wissen nicht, wo Ihr Eure Reise begonnen habt.»
Vallon sah sich nach Wayland um. «Erklär du es ihm.»
«Wir sind in diesem Frühling von England abgesegelt und über Island und Grönland hierhergekommen.»
Andrei lachte laut auf. «Ich bin schon viel zu lange in der Handelsschifferei, als das Ihr mir so einen Bären aufbinden könnt.»
«Glaubt, was Ihr wollt», sagte Wayland. «Ich bin Engländer, und das Mädchen auch. Unser Anführer Vallon ist Franke. Die beiden da sind Normannen. Und die Leute dort sind Isländer. Die übrigen sind Wikinger aus Halogaland. Wenn Ihr meine Worte bezweifelt, dann fragt den Mann mit der Tonsur. Er ist ein Mönch aus Deutschland. Bis vor ein paar Wochen hatten wir noch einen anderen Deutschen dabei. Er wurde in den Wäldern von Lappen getötet.»
Andrei wechselte erstaunte Blicke mit seiner Eskorte, dann nahm er seinen Hut ab. «Vergebt mir meine Zweifel. Ihr seid die ersten Reisenden, die nach solch einer Fahrt nach Nowgorod kommen. Welche Waren führt Ihr mit?»
«Walross-Elfenbein, Hörner von Meereseinhörnern, Eiderdaunen, Schwefel, Robben-Öl.»
«Die Jäger haben gesagt, Ihr habt auch Gerfalken.»
«Das stimmt. Ich habe sie selbst in den nördlichen Jagdgebieten Grönlands gefangen.»
«Bitte, wenn es Euch nichts ausmacht. Ich würde sie gerne sehen.»
Nicht ohne Stolz zog Wayland das Tuch von dem Käfig des weißen Falken.
Andrei ging in die Hocke, um den Vogel zu begutachten. Dann sagte er nüchtern: «Mein Herr hat einen vermögenden Kunden, der den Falkenflug liebt. Er ist ein Prinz, der für seine Vergnügungen großzügig bezahlt. Auch wenn dieses Exemplar aussieht wie ein Staubwedel, gebe ich Euch viel mehr dafür, als ihr auf dem Markt bekommen würdet.»
«Die Falken stehen nicht zum Verkauf.»
Andrei runzelte die Stirn. «Warum habt Ihr sie nach Nowgorod gebracht, wenn Ihr sie nicht verkaufen wollt?»
«Wir bleiben nicht hier. Wir sind nur auf der Durchreise nach Anatolien.»
«Rum? Ihr wollt nach Rum?»
«Sobald wir uns ausgeruht und alles Notwendige gekauft haben.»
Anrei lachte erneut. «Weiter als bis Nowgorod kommt Ihr dieses Jahr nicht mehr. Verkauft die Falken, solange sie noch gesund sind.»
«Es tut mir leid. Sie sind schon vergeben.»
Andrei trat einen Schritt zurück. «Habt Ihr Silber, um Euren Aufenthalt in Nowgorod zu bezahlen?»
Wayland warf Richard einen Blick zu. «Wir können für unsere Unterkunft bezahlen.»
Andrei verbeugte sich vor Vallon. «Dann werdet Ihr hier einen bequemen Aufenthalt haben. Unsere Stadt hat ein eigenes Quartier für ausländische Händler. Es wird Euch in Nowgorod gefallen. Wir haben sogar eine romanische Kirche.»
Auch Vallon verbeugte sich. «Ich danke Euch. Wir brauchen drei getrennte Unterkünfte. Dass die Isländer und Wikinger hier sind, habe ich mir nicht ausgesucht.»
«Überlasst das mir», sagte Andrei. Seine Eskorte half ihm in den Sattel. «Ihr seid hier nur drei Werst von Nowgorod entfernt, das entspricht etwa drei Meilen.» Er gab seinem Pferd die Sporen. «Ich erwarte Euch dort, um Euch willkommen zu heißen.»
Sie ruderten das Langschiff die rechte Fahrrinne hinauf, und bald sahen sie die Stadt Nowgorod, die sich auf beiden Ufern des Flusses ausbreitete.
Richard stieß einen bewundernden Pfiff aus. «Ich habe mir die Stadt nicht einmal halb so groß vorgestellt.»
Die Metropole war ganz aus Holz erbaut, die einzigen Ausnahmen bildeten eine große gemauerte Zitadelle und eine Kirche mit fünf Kuppeln auf dem Westufer. Sie ruderten unter einer überdachten Brücke hindurch, die lang genug war, um den Schiffsverkehr in beide Richtungen passieren zu lassen. Hinter der Brücke winkte ihnen Andrei von einem Kai auf dem Ostufer. Ein Trupp Arbeiter stand bereit. Die Reisenden ruderten ans Ufer und machten fest.
«Eure Unterkünfte sind vorbereitet», erklärte Andrei. «Meine Männer werden Eure Ladung tragen.» Er klatschte in die Hände, und die Träger sprangen in die Boote und begannen, die Ladung auf Handkarren zu verladen.
«Wir sollten ihm nicht zu viel über unser Vorhaben verraten», murmelte Hero Vallon zu.
«Vermutlich kennt er den Wert unserer Ladung bis auf den letzten, durchgehackten Halfpenny, noch bevor wir heute Abend schlafen gehen.»
Der Verwalter führte sie durch Straßen mit Holzpflasterung, an denen Häuser mit Lattenzäunen standen. Die
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