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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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Caitlins Unterkunft mitnahm. Der Gutsverwalter hieß die Männer im Vorraum all ihre Kleidung ausziehen, die er dann von einem Bediensteten einsammeln ließ, der sie zum Verbrennen nach draußen warf.
    «He», rief Hero. «Das ist die einzige Kleidung, die wir besitzen.»
    Der Gutsverwalter schob sie in die Schwitzstube. Dort saßen sie nackt auf niedrigen Bänken, und der herablaufende Schweiß malte helle Muster auf ihre schmutzige Haut. Als ihre Körper annehmbar sauber waren, verteilte der Gutsverwalter Bündel aus Birkenzweigen und zeigte ihnen, wie sie sich damit gegenseitig auf den Rücken schlagen sollten. Anschließend scheuchte er sie hinaus auf den Hof, wo ihnen Diener kübelweise kaltes Wasser über die Köpfe schütteten, bevor sie wieder in den Vorraum des Badehauses zurückkehren durften. Als sie nach der dritten Runde Schwitzstube und eiskaltes Wasser in den Vorraum hasteten, erwartete sie dort saubere Kleidung. Diener reichten jedem Mann ein einfaches Leinenhemd mit eckigem Halsausschnitt, ein Paar weite Hosen und Lederschuhe, die oberhalb des Knöchels zugeschnürt wurden. «Ein Geschenk von Herrn Vasili», sagte der Gutsverwalter.
    «Was er wohl als Gegenleistung haben will?», flüsterte Hero Vallon zu.
    Eine weitere Überraschung wartete auf sie, als sie ins Haus zurückkehrten. In ihrer Abwesenheit war der Saal in eine Warenhaus verwandelt worden, in dem ein halbes Dutzend Schneider und Kürschner Kaftane aus Wolle und Seide ausgelegt hatten, dazu Hosen und Pelzmäntel und Fellkappen aus Marder, Bär, Wolf, Eichhörnchen, Zobel und Biber. Auch Juweliere waren da und präsentierten ihre Waren aus Silber, Emaille und Cloisonné.
    Vallon warf einen Blick auf die Herrlichkeiten, dann sah er Hero an. «Da hast du deine Antwort. Wir können uns wohl kaum weigern, etwas zu kaufen, und ich wette, dass Vasili eine gut bemessene Umsatzbeteiligung erhält.»
    Doch als die Händler ihre Preise nannten, wurde er blass. «Diese Summen können wir uns nicht leisten.»
    «Aber wir können auch Vasili nicht beleidigen, indem wir in seinen Almosen auftauchen und uns nicht fein machen», sagte Hero.
    Richard rettete die Situation. Er nahm seine Rolle als Schatzmeister sehr ernst und war bestens über Zahlungsmittel und Wechselkurse informiert. Von den Wikingern hatte er erfahren, dass das Silber in Rus üblicherweise aus Zentralasien stammte. Doch in den vergangenen fünfzig Jahren hatten sich die asiatischen Silberminen erschöpft, sodass die Silberwährung abgewertet wurde. Die meisten Münzen, die in Rus im Umlauf waren, hatten nur noch einen Silbergehalt von eins zu zehn.
    «Unsere englischen Pennies enthalten neun Anteile Silber», sagte Richard. «Also ist es ganz einfach. Ihr bietet ein Achtel des Preises, den der Schneider verlangt.»
    So einfach war es dann natürlich doch nicht, aber Richard blieb eisern, und schließlich senkten die Händler ihre Preise um mehr als die Hälfte.
    Während sich Vallon die Kleidungsstücke ansah, bemerkte er, dass sich Drogo mit unbehaglicher Miene abseits hielt. «Du und Fulk sucht euch besser auch etwas aus.»
    «Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich deine Almosen nicht will.»
    «Dafür hast du aber schon recht viele angenommen.»
    «Damit ist jetzt Schluss.»
    «Sei nicht so halsstarrig. Betrachte es von mir aus als Bezahlung für deine Dienste.»
    Drogo nickte knapp. «Und was ist mit Caitlin und den anderen Frauen?»
    Hero sah auf. «Sie soll ihre Kleidung von dem Geld bezahlen, das sie der alten Frau gestohlen hat.»
    Drogo brauste auf. «Entschuldige dich für diese Verleumdung.»
    «Es stimmt», sagte Richard. «Ich habe selbst gehört, wie die alte Frau Caitlin beschuldigt hat.»
    «Das ist nichts als böse Nachrede. Caitlin hat das Geld nur für sie aufbewahrt.»
    «Haltet den Mund», befahl Vallon. «Alle. Wir sind durch die Hölle gegangen, und ihr habt nichts Besseres zu tun, als euch um Kleider zu streiten.» Er rieb sich über die Augenbraue. «Wayland, geh zum Haus der Frauen und sage ihnen, sie können sich auf meine Kosten etwas Neues zum Anziehen aussuchen. Und Richard, du gehst auch mit und handelst einen fairen Preis aus. Oh, Wayland, bitte sag der Prinzessin, dass sie ein wenig Zurückhaltung üben soll.»
     
    Sie gingen die Straße zu Caitlins Unterkunft hinunter. Die Frauen waren gerade aus dem Badehaus gekommen und probierten Kleider an, die ein Schwarm Näherinnen vor ihnen ausgelegt hatte. Eine von Caitlins Mägden schrie auf und bedeckte

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