Der Thron der Welt
feindselig zusammengekniffen. Einer von ihnen sagte etwas auf Russisch.
«Wir sind Händler. Auf dem Weg nach Nowgorod», sagte Hero.
Die Russen verstanden ‹Nowgorod›. Ihr Sprecher deutete hinter Hero und fragte, zu wievielt sie wären.
Hero zählte dreißig an seinen Fingern ab, und die Russen begannen zu stöhnen.
Da glitt auf dem Fluss der Drachensteven der Drakkar aus dem Schneevorhang. Vallon stand im Bug wie der leibhaftige Tod, und Drogo neben ihm trug Kettenhemd und Eisenhelm.
Die Russen stoben auseinander. «Waräger!»
«Nein! Wartet. Keine Waräger.»
Diese Worte kamen von Wulfstan, er rief sie auf Russisch und sprang von dem Langschiff. Die Waldmänner blieben in sicherer Entfernung stehen. Wulfstan rief erneut nach ihnen und winkte sie zu sich. Doch die Waldmänner wichen zurück, dabei verbeugten sie sich und baten die Reisenden um Verzeihung. Wulfstan konnte ein paar Brocken ihrer Sprache und stellte fest, dass sie Grenzbewohner waren, die den Sommer über Fallen gestellt und Honig und Bienenwachs gesammelt hatten. Nun waren sie in ihren Kanus auf dem Heimweg zu ihrem Dorf, das drei Tage westlich an der Mündung des Wolchows lag.
Wayland trat aus dem Wald, als die beiden Seiten noch verhandelten. Er warf einen Blick auf die Russen und hastete zu einem Jungen, der ein Bündel Birkenschneehühner auf eine Schnur gezogen über der Schulter hängen hatte. Wayland drehte sich zu Wulfstan um. «Erklär ihm, dass ich sie kaufen will.»
Der Vater des Jungen kam zu ihm. Er sah Waylands flehenden Blick und sagte etwas, das die Russen zum Lachen brachte.
Wayland fuhr herum. «Was hat er gesagt?»
«Du kannst sie für fünf Eichhörnchen haben», sagte Wulfstan.
«Ich habe aber keine fünf Eichhörnchen. Wenn ich sie hätte, bräuchte ich die Schneehühner nicht.»
Wulfstan grinste. «Die Hinterwäldler rechnen in Fellen. Eichhörnchen sind die kleinste Währungseinheit. Ich schätze, mit einem Penny kannst du all diese Schneehühner kaufen und bekommst noch eine Rehkeule dazu.»
Für zwei Silberpennys kaufte Wayland genügend Fleisch, um die Falken drei Tage lang zu ernähren.
Später, im Lager der Russen, tauschte Richard mehrere Fuchsfelle gegen einen Sack Roggenmehl und zwei triefende Honigwaben ein. An diesem Abend quetschten sich die Reisenden in eine Hütte und aßen zum ersten Mal seit einem Monat Brot. Der gebackene Teig war alles andere als eine Köstlichkeit – es waren verkohlte und grobkörnige Fladen, die sie in der verräucherten und mit Moos abgedichteten Hütte aßen – doch alle senkten andächtig die Köpfe, als Vater Hilbert das Dankgebet sprach.
Das zivilisierte Rus begann bei Staraja Lagoda, einer Festungsstadt ein paar Meilen den Wolchow hinauf. Hier blieben sie lange genug, um ihre Vorräte aufzufüllen. Südlich der Stadt lichteten sich die Wälder und wurden schließlich zu einer sandigen Heidelandschaft, die nur noch hier und da mit eiskalten Weihern und Kiefern- oder Birkenwäldchen durchsetzt war. Dann erreichten die Reisenden Ackerland und ruderten an massiven Blockhäusern auf Wiesen mit flügelschlagenden, zischenden Gänsen und krähenden Hähnen vorbei. Zwischen den Bauerngehöften gab es prächtige Eichenbestände und Ahornwälder, aus denen Axthiebe schallten. Die Bauern auf den Feldern richteten sich von der Arbeit auf, um das Langschiff vorbeiziehen zu sehen. Viele von ihnen bekreuzigten sich, dachten vielleicht an die Erzählungen ihrer Großeltern von alten Zeiten, als die Einwohner geflüchtet waren, wenn ein Drachenschiff auftauchte. Ihre Kinder hatten keine solchen Befürchtungen und jagten stöckeschwenkend neben dem Langschiff her. «Waräger! Waräger!»
Vier Tage, nachdem sie in den Wolchow eingefahren waren, erreichten sie Nowgorod. Nördlich der Stadt teilte sich der Fluss um eine große Insel, an deren Spitze eine Mautstelle lag. Dort wurden sie von einer bewaffneten Reitertruppe zum Ufer dirigiert. Ihr Anführer, ein Mann mit blatternnarbigem Gesicht, war elegant in einen knöchellangen Pelzmantel mit Silberknöpfen gekleidet. Er richtete sich an die ungewaschene Besatzung, als wären sie Exarchen und von Byzanz ausgesandt worden.
«Willkommen in Groß-Nowgorod», sagte er auf Nordisch. «Die Jäger, denen Ihr am Swir begegnet seid, haben Eure Ankunft angekündigt. Erlaubt mir, mich vorzustellen. Mein Name ist Andrei Ivanov, Verwalter des Herrn Vasili, eines Bojaren aus der Stadt und Gildemeister der Händler.» Sein Blick zuckte herum.
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