Der Thron der Welt
zuckten. «Das könnte jedes Katzenjunge behaupten.»
Caitlins Blick wurde weicher. «Wie geht es deiner Verletzung?»
«Ist verheilt.»
«Lass mich mal sehen.»
«Das ist nicht notwendig. Glaub mir einfach.»
Mit hypnotisierender Langsamkeit kam Caitlin auf ihn zu. «Ich habe sie gesehen, als sie frisch war. Ich habe den Verband gewechselt. Und ich habe den Tod auf deiner Schulter sitzen sehen und ihn mit meinen Gebeten vertrieben.»
«Dafür danke ich dir. Wie du siehst, sind deine Gebete erhört worden.»
«Dann lass mich sehen.»
Vallon warf einen verzweifelten Blick zur Tür. Dann zog er seinen Kittel hoch und starrte geradeaus wie bei einer Armeeparade. «Hier.»
Sie sank auf die Knie. «Du bist so mager.»
Er sah hinunter auf den violetten Streifen, um den herum der Bluterguss inzwischen nur noch blassgelb und grünlich war. Zu seinem Erstaunen bewegte sich Caitlins Kopf auf den hässlichen Narbenstreifen zu. Wollte sie ihn etwa küssen?
Er zog sie hoch. «Caitlin!»
Sie hing in seinen Armen, fraulich und weich, die Lippen leicht geöffnet. Ihr in die Augen zu sehen war, wie in den Ozean einzutauchen.
Sie lächelte. «Hat dich wirklich nur der Zufall an den Kratersee geführt?»
Als er antwortete, klang seine Stimme rau. «Reiner Zufall.»
«Siehst du. Das Schicksal hat seine Hand im Spiel.» Ihr Blick umflorte sich. «Du bist der erste Mann, der mich je nackt gesehen hat. War der Anblick ein Vergnügen für dich?»
«Er war keine unzumutbare Härte.» Träumerisch schloss sie die Augen, und ihr Mund näherte sich seinem. Er rührte sich nicht. Er konnte sich nicht bewegen. Ihre Lippen begegneten sich. Er küsste sie. Und nicht nur das. Er liebkoste sie, schlang die Arme um sie. Sie stöhnte, als sie ihn spürte. Er riss sich los und starrte blindlings zu der Ikone über seinem Bett.
«Ein Moment der Schwäche. Es wird nicht wieder vorkommen.»
«Wird es doch. Du kannst dich nicht dagegen wehren.»
«Ich werde es nicht zulassen!» Er ballte die Fäuste und funkelte die Ikone wütend an. «Hast du verstanden?»
Keine Antwort. Als er sich umdrehte, sah er gerade noch, wie der Türriegel wieder herunterfiel. Nach einer Weile erfolgte ein entschlossenes Klopfen. Vallon drehte sich wieder zu der Ikone um. Ihm war beinahe schwindlig. «Herein.» Er hörte Schritte, die kurz hinter ihm haltmachten. «Drogo.»
«Vallon. Caitlin ist ganz erhitzt und aufgeregt. Was hast du getan, um sie so außer sich zu bringen?»
Vallon bohrte die Fingernägel in seine Handflächen, um sich zu beherrschen. «Du bist nicht gekommen, um über Caitlin zu reden. Was willst du? Nein, sag’s nicht. Du bist mir inzwischen so ergeben, dass du eine Trennung nicht ertragen kannst. Stimmt’s?»
«Caitlin braucht immer noch meinen Schutz.»
«Sie hat Olaf und Tostig, die auf sie aufpassen können.»
«Du vergisst den Eid, den ich ihrem Bruder geschworen habe.»
Vallon drehte sich mit einem unschönen Grinsen zu ihm um. «Nun, die Wahrheit ist, dass ich dich nicht dabeihaben will.»
«Als ich dich mit Fulk bei dem Kampf gegen die Wikinger unterstützt habe, warst du noch froh, dass ich dabei war.»
«Dein Schwert ist zweischneidig. Es wird Zeit für deine Rückkehr nach England.»
«Ich habe kein Geld.»
«Ich bezahle für deine Überfahrt.»
«Das kann ich nicht annehmen.»
«Dann schwimm eben.»
«Hör zu, Vallon, ich bitte nur darum, dass du mich Caitlin bis Konstantinopel begleiten lässt. Ich habe nicht vor, euch nach Anatolien zu folgen. Was zwischen dir und Walter geschieht, interessiert mich nicht mehr.»
«Du bist ein Lügner. Bitte abgelehnt.»
«Dann lässt mir meine Ehre keine andere Wahl, als dich herauszufordern.»
«Herausforderung abgelehnt. Schick die Wikinger herein, wenn du draußen bist.»
«Vallon, ich kann Caitlin nicht allein lassen. Und das liegt nicht nur an dem Eid, den ich Helgi geschworen habe. Ich will, dass sie meine Frau wird.»
Dieser Vormittag wurde immer grauenhafter. «Ich bin kein Heiratsvermittler.»
Drogo trat dicht vor ihn. «Du brauchst mich und Fulk. Nach dem Tod Rauls ist Wayland der einzige richtige Kämpfer, den du hast. Was passiert, wenn du in eine schwierige Situation kommst?»
«Ich nehme es lieber mit Schwierigkeiten auf, als dich mitzunehmen.»
«Aber die Wikinger nimmst du mit. Sie sind gegen dich drei zu eins in der Überzahl. Was machst du, wenn sie sich gegen dich wenden?»
Vallon fühlte sich, als würde er von den Fäden einer Spinne eingewoben.
Weitere Kostenlose Bücher