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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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Ievlevich war ein kleiner, ernster Mann mit haselnussbraunen Schlitzaugen über hohen Wangenknochen. Nichts an seinem Verhalten bestätigte Waylands Misstrauen. Mit Andrei als Mittelsmann kauften sie drei Flussbote und ein Kanu. Jedes Flussboot war vierundzwanzig Fuß lang und mit Lärchenplanken von über einem halben Zoll Dicke geklinkert. Obwohl sie leicht genug waren, um getreidelt oder geschleppt werden zu können, waren sechs Männer nötig, um sie anzuheben, und ein Dutzend, um sie eine Strecke weit zu tragen. Sie hatten je acht Ruderdollen und einen Mast für eine kleines Segel. Hinter dem Mast befand sich ein einfacher Stellplatz aus zwei Pfosten und einer Schlinge, an der ein Pferd festgemacht werden konnte. Das Kanu war für Wayland bestimmt, damit er auf die Jagd gehen konnte.
    All die Ausrüstung und die Verpflegung, die Entgeltauszahlungen und weitere Ausgaben schmälerten ihre Kasse erheblich. Der Verkauf der Beiboote und einiger Handelswaren glich die Kosten zum Teil wieder aus, doch als sie zum Aufbruch bereit waren, blieben ihnen nur noch dreißig Pfund Silber.
    Am Morgen ihrer Abreise verließen Vallon und seine Leute noch vor dem ersten Tageslicht ihre Unterkünfte. Am Tag zuvor hatte es heftig geregnet, und in der Nacht war Frost gekommen. Vallons Gesicht prickelte in der Kälte, und auf dem Weg zum Ufer des Flusses trat er Sterne in überfrorene Eispfützen. Caitlins Gruppe und die Wikinger waren schon da, ihr Atem bildete weiße Wolken in der windstillen Luft. Als sie die Boote beluden, kamen Garrick und Arne hinzu, um sich zu verabschieden. Und als eine fliederfarbene Morgenröte über der Stadt heraufzog, stießen Andrei und Oleg zu ihnen.
    Fünfzehn Männer und drei Frauen würden mit auf die Reise gehen, je sechs Personen in einem Boot. Oleg fuhr bei Vallons Gruppe mit. Die sechs Wikinger nahmen das zweite Boot, während im dritten Drogo und Fulk, Caitlin und ihre Magd Asa sowie Tostig und Olaf fuhren. Vallons Boot würde das Kanu ins Schlepptau nehmen, in das Wayland die Falkenkäfige zusammen mit zwanzig lebenden Tauben aus Andreis eigenem Taubenschlag gestellt hatte.
    Die Sonne hob sich über die Stadt, als die Reisenden mit Umarmungen und guten Wünschen verabschiedet wurden und ablegten. Als sie an der ersten Flussschleife zurückblickten, sahen sie Garrick und Arne immer noch winkend am Kai stehen.
    Hero legte sich in den Riemen. «Ich wette, sie wären jetzt gerne bei uns.»
    Vallons Lächeln wirkte nicht sehr überzeugt. Der Winter kam, und sie hatten bis zum Schwarzen Meer noch mehr als tausend Flussmeilen und die Portage vor sich.
     
    Drei oder vier Meilen flussaufwärts ruderten sie in den Illmensee und legten mühelos zwanzig Meilen zurück, bevor sie in die Lowat einfuhren, den Fluss, der Richtung Süden zur Großen Portage führte. Wie Vasili sie vorgewarnt hatte, führte die Lowat Niedrigwasser, und es gab viele Untiefen, bei denen sie aussteigen und die Boote ziehen mussten.
    Das Wetter war unvergleichlich schön. Bitterkalte Frostnächte überzogen das Flussufer mit Eis, das unter dem strahlenden Sonnenschein der Tage wieder schmolz. Zwei Tage flussauf ließ Oleg den Bootskonvoi bei einem Bauernhof in einem Wald aus Birken und Kiefern halten. Zuvor waren sie schon an vielen ähnlichen Gehöften vorbeigekommen: Eine Blockhütte in blauen Rauch gehüllt. Ein Boot, das auf das grasbewachsene Ufer hinaufgezogen worden war, daneben ein Gestell für Trockenfisch. Zwei kleine, um Stangen aufgeschichtete Heuhaufen. Eine Kuh, die aus einer Futterkrippe fraß.
    Oleg sprang ans Ufer und begann laut zu rufen. «
Dorogoy
, Ivanko!»
    Aus der Hütte trat ein Mann mit rotbraunem Haar und Bart. Er hob die Hand zum Gruß. «
Dorogoy
, Oleg!»
    Ivanko stapfte zum Flussufer herunter. Seine Hosenbeine waren viel zu weit. Er war ein merkwürdig gebauter Bursche. Oberhalb der Körpermitte war er ein großer Mann, unterhalb ein kleiner, mit Krüppelbeinen, die in enorm großen Stiefeln steckten. Hinter ihm liefen seine beiden wackeren Söhne mit demselben eigentümlichen Körperbau aus dem Haus. Es war, als wäre ihre Taille dorthin gerutscht, wo eigentlich die Knie hätten sein sollen.
    «
Dorogoy
, Oleg», riefen sie. Die beiden hatten Handbeile unter den Gürtel gesteckt und trugen grobe Schuhe aus Birkenbast. Vielleicht waren Ivankos Siebenmeilenstiefel eine Art Amtszeichen, oder er hatte sie geerbt.
    Vallon verfolgte die fröhliche Begrüßung des Führers und der Träger. Nichts deutete

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