Der Thron der Welt
verschwunden, als es ihnen endlich gelungen war, ein feuchtes Tau anzuzünden. Wayland hielt es über seinem Kopf in die Höhe.
«Für so ein kümmerliches Licht werden sie nicht anhalten», sagte Drogo.
«Ruft nach ihnen», ordnete Vallon an.
Sie schwenkten die notdürftige Fackel und schrien in die Finsternis, bis sie heiser waren.
Da streckte Hero den Arm aus. «Dort drüben!»
Auf Backbord war ein schwaches Schimmern zu sehen. Dann wurde das Licht deutlicher, ein zweites kam dazu, dann ein drittes. Die Fackeln schwammen durch die Dunkelheit auf sie zu, bis Hero schließlich die Gesichter der Männer erkennen konnte, die sie trugen. Außerdem konnte er den Umriss des Schiffs ausmachen. Es war ein eigentümliches Gefährt mit einem sehr hohen Vordersteven, erheblicher Breite am Mast, und am breitesten war es achtern. Einer der Fackelträger stand auf dem Vordeck, und als eine Windbö die Flammen anfachte, erhaschte Hero einen Blick auf das Auge, das an den Bug gemalt war, und einen Namen auf Griechisch.
Planetes
– «Der Wanderer».
«Wer seid ihr?», rief eine Stimme. «Was ist passiert?»
«Schiffbrüchige Händler», schrie Hero. «Wir waren auf dem Weg von Kiew nach Konstantinopel, als unser Schiff gesunken ist. Wir treiben jetzt schon vier Tage auf dem Meer und haben kaum noch etwas zu essen und zu trinken. Wir haben Frauen dabei. Um der gütigen Himmelskönigin willen, rettet uns.»
Die Fackeln drängten sich zusammen. Das Gestikulieren der Seeleute machte deutlich, dass einige dafür waren, die Schiffbrüchigen ihrem Schicksal zu überlassen.
«Wir wollen euch genauer sehen können», rief die Stimme.
Vier raue Gesellen und ein Junge spähten vom Deck herunter, als sie längsseits kamen. «Wer sind die zwei?», fragte der Kapitän und deutete auf Vallon und Drogo.
«Soldaten auf dem Weg zur Warägergarde.»
«Ich nehme keine bewaffneten Männer auf mein Schiff. Übergebt uns die Waffen. Ihr seht nicht aus wie Piraten, aber wie ehrliche Kaufleute genauso wenig.»
Als sie ihre Waffen übergeben hatten, zogen die Seeleute sie an Bord und führten sie zum Bug, vorbei an einem Laderaum, in dem ein Dutzend Pferde in Boxen standen. Das Schiff war ein ramponierter Trampsegler, auf dem es nach Bilgewasser und ehemaligen Öl- und Fischladungen stank. Der Schiffsführer war hässlich wie die Sünde, mit einer enormen Hakennase und fettigem Haar, das wie ein Bündel toter Schlangen von seinem auf der Kopfmitte kahlen Schädel baumelte. Sein Name war Bardas. Er wusste nicht, was er von seinen Passagieren halten sollte, aber der Anblick von Caitlin, die Syth beruhigend übers Haar strich, schien eine Art bärbeißiges Mitleid in ihm zu wecken.
«Ihr bleibt im Bug. Ich bringe euch etwas zu essen, sobald ich kann.»
Die Schiffsmannschaft zog sich in Richtung einer abgesenkten und überdachten Kombüse im Heck zurück. Wenig später kehrten der Kapitän und zwei seiner Männer mit Wasser, einem Bohneneintopf und etwas Brot zurück. Hero erkundigte sich, wohin er fuhr. Sie seien fünf Tage vor Varna, entgegneten Bardas, und brachten Pferde zur griechischen Garnison in Cherson auf der Krimhalbinsel, die noch einen Segeltag ostwärts lag.
«Finden wir dort ein Schiff, das uns nach Konstantinopel mitnimmt?»
Bardas schüttelte den Kopf. «Nicht mehr vor Weihnachten. Ein paar Tage bevor wir abgesegelt sind, ist ein Frachter aus Trapezunt in der Hauptstadt angekommen, dessen Besatzung die Pest hatte und daran gestorben ist. Deswegen schicken die Hafenbehörden nun jedes Schiff, das von Osten kommt, einen Monat lang an der Mündung des Bosporus in Quarantäne. Zur Zeit fährt niemand nach Konstantinopel, wenn es nicht unbedingt sein muss.»
Vallon lachte, als ihm Hero diese Neuigkeiten weitergab. «Dann haben uns die Russen einen Gefallen getan, als sie sich davongemacht haben. Mal sehen, ob wir noch mehr Vorteile für uns entdecken können.» Er starrte zu der erhellten Kombüse hinüber. «Du hast gesagt, wir haben noch zwanzig Pfund Silber übrig.»
«Eher fünfzehn.»
«Drogo, die Pferde, die du in Nowgorod gekauft hast, haben jeweils ungefähr zwei Pfund gekostet.»
«Die haben mich übers Ohr gehauen. Sie waren nicht mal die Hälfte wert.»
Vallon strich sich übers Kinn. «Wisst ihr was? Vielleicht kommen wir doch noch ans Ziel.»
«Ihr meint, nach Anatolien?», sagte Hero. «Das hat doch keinen Zweck mehr. Die Falken, mit denen wir Sir Walter freikaufen wollten, sind tot.»
«Es geht nicht um den
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