Der Thron der Welt
Richard in ein Laken, legten ihn in das Kanu und überantworteten ihn dem Meer. Ein kalter Wind peitschte Schaumkronen empor, und eine Schar Pelikane stand am Ufer und sah zu einem Lichtfenster in dem grauen Wolkenhimmel hinauf. Nachdem die anderen zurückgegangen waren, blieb Hero noch allein am Ufer stehen und sah dem Kanu nach, das von der Strömung hinausgezogen wurde.
Er war tief in seine traurigen Gedanken versunken, als er Wayland seinen Namen sagen hörte. Aufgeschreckt drehte sich zu ihm um. «Ich war völlig abwesend. Hat Vallon einen Rat einberufen? Halte ich euch alle auf?»
«Es geht um Syth. Sie ist krank.»
«O nein! Warum hast du mir das nicht früher gesagt?»
«Ich wollte dich nicht stören. Sie hat es mir erst heute Morgen erzählt. Dass sie schon seit drei Tagen krank ist.»
«Und was hat sie?»
«Sie übergibt sich. Und drei von den Falken scheinen auch krank zu sein.»
«Ich gehe gleich zu ihr.»
Syth sah ihm zurückhaltend entgegen. Von ihrer strahlenden Erscheinung war kaum noch etwas übrig. Sie hatte Schatten unter den Augen, und ihr Haar war strohig und hing schlaff herunter. Hero maß ihren Puls, hörte sie ab und fühlte an ihrer Stirn, ob sie erhöhte Temperatur hatte. Er konnte nichts Auffälliges feststellen.
«Beschreibe mir die Symptome.»
Sie schnitt ein Grimasse und machte ein würgendes Geräusch.
«Du musst dich übergeben?», sagte Hero. «Nach dem Essen?»
«Schon beim Gedanken an etwas zu essen. Manchmal wird mir sogar bei einem Geruch schlecht.»
«Du hast aber kein Fieber. Vielleicht hast du etwas Falsches gegessen.»
Caitlin kam zu ihnen herüber. «Was ist denn?»
«Syth ist krank. Sie erbricht sich ständig.»
Caitlin legte Syth die Hände auf die Schultern. «Um welche Tageszeit wird es dir denn schlecht?»
«Am schlimmsten ist es morgens.»
Caitlin blickte die Männer an. «Lasst uns doch mal einen Moment allein.»
Hero sah zu, wie Wayland unruhig auf und ab ging. «Das wird schon wieder», sagte er, «sie braucht nur etwas Erholung.»
«Und wie soll Syth sich erholen? Vor uns liegt das Schwarze Meer und hinter uns zweitausend Meilen kumanenverseuchte Steppe.»
«Ihr Schafsköpfe!»
Hero drehte sich um. Caitlin hatte die Hände in die Hüften gestemmt und lächelte breit.
«Ich kann noch nachvollziehen, dass Wayland nicht begriffen hat, was mit Syth los ist, aber in deinem Fall …»
Hero lief rot an. «Ich gebe zu, dass mein medizinisches Wissen Lücken hat.»
«Man muss doch kein Arzt sein, um festzustellen, was Syth hat. Das Mädchen ist nicht krank. Syth ist schwanger.»
Beim Mittagessen hielt Vallon eine Besprechung ab. «Ich wollte unsere Lage nicht erörtern, solange Richard am Leben war. Wir stecken ernsthaft in Schwierigkeiten. Die Frage ist, wie wir aus dem Schlamassel herauskommen.»
«Wir müssen der Galeere folgen», sagte Drogo. «Wir halten uns an der Küste Richtung Westen. Die Russen segeln nicht direkt nach Konstantinopel. Sie halten unterwegs bei Handelsposten.»
«Siehst du das auch so?», fragte Vallon Hero.
«Ich weiß nicht recht. Der nächste Hafen liegt an der Donaumündung. Wir könnten eine Woche brauchen, bis wir dort sind, und wir müssten jeweils über Nacht anlegen. Die Nomaden halten die Küste besetzt, und früher oder später laufen wir ihnen in die Arme. Igor hat mir erzählt, dass es auf der Krim-Halbinsel eine griechische Kolonie gibt.»
«Wie weit ist das?»
«Ich weiß nicht.»
«Wie lange reichen unsere Essensvorräte noch?»
«Fünf Tage.»
«Wayland? Irgendwelche Vorschläge?»
Der Falkner warf einen Blick auf Syth, bevor er antwortete. «Haben wir unseren Plan aufgegeben, Anatolien zu erreichen?»
«Vergiss Anatolien. Unser Überleben ist das Einzige, worauf es ankommt.»
Noch einmal ließ Wayland seinen Blick auf Syth ruhen. «Ich weiß nicht, welche Richtung wir einschlagen sollen.»
Vallon strich sich mit den Fingerknöcheln über den Mund.
«Osten oder Westen», sagte Drogo. «Was soll es sein?»
«Weder noch.» Vallon deutete aufs Meer hinaus, das Richards Leiche im Kanu wegtrug. «Wir werden dem Kurs folgen, den dein kleiner Bruder genommen hat.»
«Was? Wir werden doch wohl nicht versuchen, das Meer mit unserem kleinen Boot zu überqueren!»
«Die Griechen haben Kolonien an der gesamten Schwarzmeerküste. Das bedeutet, dass es eine Menge Schiffsverkehr gibt. Wir segeln südwärts, bis wir eine Seestraße erreichen und warten, bis uns ein Schiff aufnimmt.» Vallon sah in die
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