Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
Vom Netzwerk:
aufzubauen. «Sie werden misstrauisch, wenn wir in den Turm gehen, bevor wir uns für einen Lagerplatz entschieden haben», sagte Vallon. «Such Feuerholz.»
     
    Er blieb im Sattel, während Hero nach Holz suchte. Die Sonne berührte schon den Horizont, als er zurückkam und Vallons Pferd zum Turm führte. Hero half ihm aus dem Sattel, und er sank zu Boden, das Gesicht eingefallen vor Schmerz. Hero fühlte an Vallons Stirn, ob er Fieber hatte, und streckte dann die Hand aus, um den Puls zu messen. «Ich wusste, dass Ihr Euch mit dieser Strapaze überanstrengen würdet.»
    «Kümmere dich nicht um mich. Hol das Evangelium.»
    Hero spähte durch den Bogendurchgang in den Turm. Mit klatschenden Flügelschlägen flatterten Tauben durch das eingestürzte Dach in den Himmel. Überall hing der modrige Geruch nach ihrem Kot. Irgendetwas wuselte über die Mauersteine, die auf dem Boden lagen. Ein guter Teil des Schutts stammte von der Treppe, die sich wie eine Spirale an den uralten Wänden emporwand.
    Vallon schleppte sich hinein und stützte sich mit der rechten Hand an der Wand ab. Sein Blick wanderte forschend durch die Düsternis. «Es ist zu dunkel, um etwas zu sehen. Warte, bis es hell wird.»
    … 
bis es hell wird
, ertönte ein schwaches Echo.
    «Das ist unsere einzige Gelegenheit», sagte Hero. «Die Seldschuken wollen vor der Morgendämmerung aufbrechen.»
    Er entzündete ein Öllämpchen und suchte sich über die Steintrümmer einen Weg zu der Treppe.
    «Ich kann dir nicht helfen», sagte Vallon. «Bist du sicher, dass du das schaffst?»
    Hero drehte sich mit einem schwachen Lächeln zu ihm um. «Bleibt hier und warnt mich, wenn die Seldschuken kommen.»
    Vallon warf einen Blick durch den Torbogen hinaus auf das Lagerfeuer der Seldschuken. «Sie halten das hier für ein Grabmal. Keine zehn wilden Pferde könnten sie hierherbringen.»
    Hero hob die Lampe und folgte seinem Schatten die Treppe hinauf. Zögernd und vor sich hin murmelnd stieg er über die Lücken in der Stufenfolge. Einige der Mauersteine wackelten unter seinem Gewicht, und er kroch auf allen vieren weiter. Dann kam er an eine Stelle, an der ein Dutzend Stufen ausgebrochen waren, sodass nur noch eine steile Schräge voller Geröll aus der Wand ragte. Bebend atmete er ein und setzte, mit dem Rücken zur Tiefe, einen Fuß auf den Ansatz der Schräge. Dann schob er sich hinauf und tastete sich dabei mit den Händen an der Wand entlang. Er hatte die nächste Stufe beinahe erreicht, als sich das Geröll unter seinem Fuß löste. Mit letzter Kraft warf er sich in Richtung der nächsten Treppenstufe und klammerte sich daran. Steine polterten auf den Boden des Turms hinunter. Seine Lampe war ausgegangen.
    «Alles in Ordnung? Wo bist du?», rief Vallon.
    Hero zog sich hinauf in Sicherheit. «Ich habe ungefähr die Hälfte geschafft. Ein paar von den Stufen fehlen.»
    «Wenn du dir das Genick brichst, verzeihe ich es dir niemals.»
    Hero lachte. «Wartet, bis ich meine Lampe wieder angezündet habe.» Er entzündete die Flamme neu und sah, dass er beinahe das gesamte Öl verschüttet hatte. Er spähte nach oben. «Das war das schlimmste Stück. Die Stufen weiter oben sehen ganz gut aus.»
    Mit angstfeuchten Handflächen stieg er weiter auf. Eine kurze Bewegung ließ ihn zusammenzucken, doch es war nur eine Fledermaus, die durch das Licht seiner Lampe ihre unsteten Bahnen zog. Dann hatte er die oberste Treppenstufe erreicht und fand sich auf den Überresten eines Umgangs wieder. Die ersten hellen Abendsterne blinkten durch die Löcher im Dach. Er schob sich den Rundgang entlang und bewegte dabei seine Lampe vor der Wand auf und ab. Ein Stein, in den ein Löwe gemeißelt war, hatte Walter gesagt. Die Flamme war zu kümmerlich, um irgendwelche Einzelheiten zu beleuchten, die weiter als zwei Fuß von ihr entfernt waren. Dann kam Hero an eine Abbruchlücke in dem Rundgang und hielt die Lampe so weit darüber, wie er es nur wagte. Ein Stein kollerte in die Dunkelheit hinab.
    «Hero?»
    «Ich kann nichts sehen. Das Licht ist erbärmlich.»
    «Morgen früh sage ich Broke, dass ich zu krank zum Weiterreiten bin. Dann hast du genügend Zeit, bei Tageslicht zu suchen.»
    «Ich weiß nicht, ob ich noch einmal den Mut aufbringe, hier hochzusteigen.»
    Hero arbeitete sich zum Anfang der Treppe zurück, ohne den verzierten Stein zu finden. Er setzte sich auf die oberste Stufe, stellte die Lampe neben sich und zischte ärgerlich vor sich hin. Das Evangelium musste in seiner

Weitere Kostenlose Bücher