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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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einen Pfeil einzulegen.
    «Ich sehe ihn. Verteilt euch. Lasst ihn nicht über die Flanken entkommen.»
    Ein umgestürzter Baum versperrte Wayland den Weg. Der Stamm war zu dick, als dass er einfach darüber hätte hinwegspringen können, und zu lang, um außen herum zu laufen. Er stieg auf den Stamm, und gerade, als er auf der anderen Seite herunterspringen wollte, traf es ihn wie ein Keulenschlag zwischen die Schultern.
    «Ich hab ihn! Hab ihn genau erwischt!»
    Keuchend lag Wayland auf der anderen Seite des Baumstamms. Er wusste, dass er schwer getroffen worden war. Die Tatsache, dass er keinen Schmerz spürte, hatte nichts zu bedeuten. Er hatte einen Hirsch gesehen, der mit einem Pfeil im Herzen noch hundert Schritt weitergeflüchtet war, bevor die Beine unter ihm nachgaben. Wayland spuckte Sand aus und schleppte sich mit stechendem Atem weiter. Das Gelände fiel in Richtung der Schlucht steil ab, und er musste sich an den Bäumen entlanghangeln, um nicht haltlos den Hang hinunterzutaumeln. Eine abgestorbene Birke knickte unter seinem Griff. Mit rudernden Armen stolperte er abwärts. Die Schlucht gähnte ihm immer schneller entgegen. Er warf sich zu Boden und schlidderte mit den Füßen voran durch feuchten Mulch. Sein rechtes Knie prallte böse verdreht auf einen Baumstumpf. Er krallte sich mit den Händen in den Boden, und es gelang ihm, nur noch ein paar Fuß von der Absturzkante entfernt, zum Halt zu kommen. Als er sich umdrehte, sah er vier Normannen, die zu Fuß den schlüpfrigen Abhang herunterhasteten. Er stand auf. Der Schmerz in seinem Knie ließ sein Bein unter ihm einknicken. Er musste seinen Plan aufgeben, in die Schlucht hinunterzuklettern und dort abzuwarten, bis es vollkommen dunkel geworden war.
    Er hinkte nach rechts weiter, flussabwärts, auf den Topf zu. Die Felsen dort neigten sich über den Weiher, und solange er denken konnte, war die Lücke zwischen ihnen von einer umgestürzten Esche überbrückt worden. Er dachte an das entsetzte Gesicht seiner Mutter, als sie ihn zusammen mit Edith auf dieser Brücke bei einer Mutprobe entdeckt hatte. Aber das war Jahre her. Inzwischen konnte der Baum verrottet und durchgebrochen sein. Aus dem Augenwinkel sah er zwei berittene Normannen, die oben auf der Kuppe des Abhangs mit ihm Schritt hielten.
    Der Baum war noch da, überzogen mit einem Teppich aus Moos und Pilzen. Wayland warf einen Blick über die Schulter, um festzustellen, wie viel Zeit ihm blieb. Noch verwundet und hinkend war er schneller als die Soldaten, die ihn zu Fuß verfolgten. Er tastete nach seinem Rücken. Ein Armbrustbolzen hatte seinen Beutel durchbohrt. Als er die Hand wieder vors Gesicht hob, war Blut daran. Die Wunde musste tödlich sein, aber er konnte nicht anders, als all seine übriggebliebenen Kräfte einzusetzen, um sich vor den Verfolgern in Sicherheit zu bringen. Es war der Instinkt eines waidwunden Tieres.
    Die Rufe der Soldaten wurden lauter. Die Reiter oben auf dem Hang sagten den anderen die Richtung an. Einer von ihnen blieb stehen und legte mit seiner Armbrust an. Wayland schaute ihm dabei zu, als wäre er in einem Traum gefangen. Der Bolzen schoss aus der Führungsschiene. Wayland ließ sich kopfüber fallen und hörte den Bolzen vorbeizischen, bevor er auf der anderen Seite der Schlucht am Fels zersplitterte. Er warf sich auf den Eschenstamm. Das schwammige Holz löste sich in großen Fetzen ab. Fünfzig Fuß darunter rauschte der Fluss in die schwarzen Wasser des Topfs, in dem er die Leiche seiner Schwester entdeckt hatte.
    Ohne die Schmerzen in seinem Bein zu beachten, lief er schnell und möglichst vorsichtig auftretend über den Stamm. Als er auf der anderen Seite heruntersprang, zerrte ein Armbrustbolzen am Stoff seines Ärmels. Auf dieser Seite der Schlucht bestand das Unterholz aus einem dichten Gewirr von Stechpalmen und Haselsträuchern. Wayland brachte sich in Deckung und schleppte sich den Hang hinauf bis zu einer Erle. Er ließ sich mit dem Rücken gegen den Baum sinken und schluchzte vor Erschöpfung und Schmerz. Übelkeit stieg in ihm auf, und zugleich verschwamm alles vor seinen Augen. Er hatte wohl so viel Blut verloren, dass er bald das Bewusstsein verlieren würde. Der Hund schnupperte an ihm und begann an seinem Rücken herumzulecken. Wayland erschrak so, dass er dem Hund einen Schlag auf die Schnauze gab. Das Tier zuckte zurück, legte sich mit dem Kopf auf den Pfoten hin, und bedachte Wayland mit vorwurfsvollen Blicken.
    Wayland erriet, was in

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