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Der Thron des Haryion

Der Thron des Haryion

Titel: Der Thron des Haryion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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allmählich verstummte, schwanden ihm die Sinne.
*
    Carlumen!
    Dieses eine Wort verlieh ihm die Kraft, sich den Geistern wenigstens zum Teil zu entziehen.
    Er mußte mehr erfahren, mußte alles wissen. Seine Zukunft konnte davon abhängen, daß er Caerylls Fliegende Stadt erreichte.
    Wo lag Yhr? Welchen schrecklichen Ort bezeichnete dieser Name, daß selbst ein Pfader wie Borker davor zurückschreckte?
    Wieviel Zeit ist seither vergangen? fragte Mythor lautlos. Borker antwortete nicht. Er schien verwirrt. Obgleich seine Erinnerung offenlag, konnte der Sohn des Kometen Einzelheiten nur schwer erkennen.
    Und dann veränderte sich schlagartig die Umgebung. Plötzlich war die Schattenzone in weiter Ferne, nur mehr als Unheil verkündender schwarzer Streifen am Horizont erkennbar.
    Über Mythor wölbte sich das strahlende Blau eines fast wolkenlosen Himmels und die grell bunte Hülle eines Ballons.
    Vinas Zugvogel.
    Er fühlte, wie freudige Erregung von ihm Besitz ergriff. Hoch über der verstreuten Inselwelt Vangas glitt er dahin. Eine sanfte Brise trieb das Luftschiff südwärts, dem weit entfernten Hexenstern entgegen.
    Mythor wußte, daß Fronja dort auf ihn wartete. Fast schien es ihm, als dringe ihr sehnsuchtsvoller Ruf schon jetzt leise an sein Ohr.
    Gib mir Zeit! dachte er.
    Ermüdend das leise Säuseln des Windes, das stete Rauschen des Meeres.
    Carlumen! – Nur mit Mühe vermochte Mythor sich noch auf den Beinen zu halten. Mit aller Kraft sträubte er sich gegen die Müdigkeit, die bleiern in seine Glieder kroch.
    War es Täuschung, oder stieg in diesem Augenblick wirklich ein mächtiger Schatten über den Horizont empor?
    Eine fliegende Stadt?
    Etwas zerriß in Mythors Innerem. Jäh wechselte die Umgebung. Er stöhnte; stechende Schmerzen durchpulsten seinen Brustkorb. Aber er konnte klar sehen. Und er begriff.
    »Laß mich, Fronja!« ächzte er.
    Da kauerte die Tochter des Kometen, keine zehn Schritte vor ihm, und wie im Traum bewegten ihre Hände die beiden Bruchstücke des DRAGOMAE.
    Erneut zwängten sich Trugbilder in Mythors Überlegungen, wollten ihn glauben machen, er stünde vor dem Schrein am Nabel der Welt. Aber er fiel nicht mehr darauf herein.
    »Ich bitte dich, Fronja«, kam es schwer über seine Lippen, »sende mir jetzt keine Träume.«
    Unwillkürlich hatte er sich des Vanga bedient. Richtig bewußt wurde ihm das jedoch erst, als er den schweren Flügelschlag mehrerer Haryien vernahm. Sie ließen sich vor Fronja, Robbin und Siebentag auf den Boden sinken, und ihre Haltung war offensichtlich feindselig.
    »Wage es nicht, den Haryion zu belästigen.«
    Fronja war aufgesprungen. Ratlosigkeit spiegelte sich auf ihren Zügen. Immerhin hatte sie nichts anderes getan, als gedankenversunken zwischen ihren Begleitern zu sitzen. Tatsächlich gelang es ihr, die Haryien damit zu verunsichern.
    »Laßt sie!« befahl Mythor, wobei er krampfhaft bemüht war, seine wahren Gedanken vor Borker zu verbergen. Zum Glück achtete der frühere Pfader mehr auf das Geschehen als auf ihn.
    »Mythor«, rief Fronja. »Ich will dir helfen.«
    Nur ein erneuter, scharfer Befehl des Haryion hielt die Nesfar davon zurück, sich auf die Frau zu stürzen. Allerdings zogen sie sich nur wenige Schritte weit zurück.
    »Höre auf mich«, sagte Mythor dann. »Versuche nicht wieder, mir Träume zu schicken.«
    Die Haryien blickten ihn fragend an. Sie verstanden die Sprache der Südwelt nur bruchstückhaft.
    »Ich muß dir beistehen«, behauptete die Tochter des Kometen. »Dein Tun beweist, daß du schon viel zu sehr als Haryion fühlst, als daß du aus eigenen Stücken den Weg zurück finden könntest.«
    Mythor schwieg. Er spürte Fronjas Verzweiflung. Aber noch war der Zeitpunkt nicht gekommen, um die Freiheit zu kämpfen. Erst galt es, alles über Carlumen in Erfahrung zu bringen.

7.
    In Scharen kamen die Angreifer von Norden her, und sie schwärmten aus, noch ehe die Nesfar-Haryien ihr Kommen bemerkten. Staubwolken, die in Richtung des Schlundes trieben, verbargen die Zaron bis zuletzt.
    Burra wirkte verbissen. Wegen des Staubes, der sich nur allmählich wieder lichtete, konnte sie nicht allzu viel erkennen. Ein Pfeil lag auf der Sehne ihres Bogens. Sie wußte, daß auch die anderen Amazonen, egal, welcher Zaubermutter Zeichen sie trugen, bereit waren zu kämpfen.
    Erneut aufkommende Zweifel verunsicherten sie. Um sich abzulenken, schob Burra sich halb aus ihrer Deckung hervor und wandte sich Tertish zu, die knapp vier Schritte

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