Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)
wurde, ob er eine Beziehung habe, so tat, als gäbe es da niemanden: Na ja, ich kenne eine Frau, mit der bin ich hin und wieder zusammen. Lud man die beiden auf ein Fest ein und fragte ihn: »Kommt ihr am Samstag?«, dann antwortete er gewöhnlich: »Nein, ich komme und sie kommt.« Hier kann das Wort Wir tabu sein, als Gefahr für den Ausdruck der Individualität erlebt werden.
Ein Wassermann-Musiker hat einmal in einem Liedtext gedichtet: »Liebe ist die Flucht des Menschen auf der Suche nach sich selbst.« So kann man es auch sehen: Liebe, die Sehnsucht nach der Ergänzung durch das Du, als ein Verlust an Individualität, der Feigheit bedeuten kann oder Flucht. Das ist extreme Wassermann-Philosophie. Das Bindungsmotiv, das Gefühl von Zusammengehörigkeit hat hier oft Freundschaftscharakter, und aus dem Gefühl der Verbundenheit (nicht: Gebundenheit) kann eine tiefe Solidarität entstehen, aber es bleibt immer ein gesunder Widerstand gegen dauerhafte Verschmelzung.
Kollektiv gesehen enthält das Wassermann-Prinzip die Vision, die Begegnung mit Partnern freier zu gestalten, und die Loslösung von überholten Beziehungsmodellen. »Die Ehe ist der Tod der Liebe«, sagte Osho. Liebe hat so viele Gesichter, wie es Menschen gibt. Und wie jeder Fluss auf seinem Weg zum Meer fließt, gibt es auch für jeden Menschen einen eigenen Weg zur heiligen Hochzeit. Das trägt dazu bei, dass wir kollektiv in einem schöpferischen Chaos leben, in dem viele Menschen gar nicht mehr wissen, wie Liebe eigentlich geht. Trennungen und Abschiede sind heute an der Tagesordnung, im Gegensatz zur Welt unserer Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, die oft zusammenblieben, weil sie nun einmal geheiratet hatten, weil die Kirche damals mächtiger war und die materielle Situation oft schwierig. Heute trennt man sich leichter, und es ist wunderbar, diese Möglichkeit zu haben, aber die Gefahr ist das Umkippen in den Gegenpol der Flüchtigkeit (»War da was?«). Die Beziehungsarbeit, die den Weg zur heiligen Hochzeit immer begleitet, ist auch für einen Wassermann-betonten Menschen unerlässlich.
Männer mit Wassermann-Venus zieht es zu den Hetären hin, den leichtfüßigen, tanzenden, unabhängigen Zigeunerinnen. Positiv gesehen inspiriert sie dieser Frauentyp; zugleich wird ihnen aber der Boden unter den Füßen weggezogen. Ohne Boden zu leben, vogelfrei, hat eben zwei Gesichter.
Mars in Wassermann
Der innere Krieger ist ein Freiheitskämpfer, ein Rebell, der überall da aktiv wird, wo der freie Ausdruck der Persönlichkeit von Hierarchien und Strukturen verhindert wird. Das Männerbild geht in Richtung des ewigen Jünglings, des Zigeuners, der liebt und verlässt, der ein Tänzer ist, der Freude an Spiel und Abenteuer hat, ein inspirierender, amüsanter, charmanter Mann, der aber auch absolut unzuverlässig sein kann.
Frauen mit Mars in Wassermann zieht es zu solchen Liebhabern hin, zu den geistig inspirierenden Puer-Typen, den tanzenden Zigeunern, die einen zum Fliegen und zum Lachen bringen. Auf der anderen Seite werden diese Frauen auch die Schattenseite dieses Archetyps erfahren: Du drehst dich einmal um, und schon sind diese Männer im Nirgendwo verschwunden. Hier geschehen Begegnungen mit Männern, auch sexuelle Erfahrungen oft im Reich der Anonymität, wo Verpflichtung und Treue nebensächlich sind.
So wunderbar frei und verspielt die Wassermann-Energie ist, wenn sie verabsolutiert wird, kann sie herzund beziehungslos werden. Das können anonyme Begegnungen sein, wo man morgens neben jemandem aufwacht und fragt: »Wie heißt’n du überhaupt?« Die 68er-Generation, die viele Wassermann-Motive auf ihre Fahnen geschrieben hatte, hat den Spruch geprägt: »Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment.« Der Rebell und Revolutionär, der zu Wassermann-Mars gehört, kann natürlich auch die sexuelle Revolution propagieren. Aber so wichtig es ist, Sexualität von all dem Schrott zu befreien, den wir gelernt haben, von kirchlichem Ballast, von Verboten und Zeigefingern, um diese Energie wieder frei fließen zu lassen, so wichtig ist es auch, die Beziehungslosigkeit zu vermeiden, die in so einer Haltung stecken kann.
Noch ein Wort zur Aggression, weil das auch ein wichtiges Mars-Thema ist. Wassermännische Aggression ist eine Waffe, die darin besteht, sich unerreichbar zu machen, sich zu entziehen, sich quasi in Luft aufzulösen; eventuell auch zu flüchten, den anderen ins Leere laufen zu lassen oder ihm das Gefühl zu
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