Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)
nicht den Mund aufgemacht, da schickt sie ihn schon mit denselben Worten zurück. Der Dritte entspricht astrologisch mehr den Zwillingen. Er sagt ihr wunderschöne Dinge wie: »Schöne Feentochter, niemand belauscht uns, unwiderstehlich ist deine Anmut, du bist so schön wie die Morgenwolken über Slieve Bloom. Wenn du dich mir hingibst, will ich dein Lob singen bis an mein Lebensende.« Und sie antwortet: »Deines Lobes bedarf ich nicht, ich bin, wie ich bin, auch ohne dein Lob. Ich mag dich nicht mehr, nachdem ich dir schon einmal gehört habe.« Dermot ist als Einziger übrig geblieben. Er denkt bei sich, wenn sie einen von uns gemeint hat, so kann nur ich es sein. Also geht er zum Lager der Schönen; sie richtet sich auf und empfängt ihn mit den Worten: »Ich liebe dich, aber auch dir kann ich nicht gehören, denn wem ich einmal gehört habe, zu dem kann ich nie wieder zurückkehren. Du musst wissen, mein Name ist Jugend, und ich gehöre jedem Menschen nur einmal.« Aber weil sie ihn wirklich liebt, gibt sie ihm ein Zeichen ihrer Gunst mit. Sie küsst ihn auf die Stirn, und dieses Liebesmal der Göttin Jugend macht ihn fortan für alle Frauen unwiderstehlich. Er braucht sie nur anzusehen, und sie fallen ihm zu, wie Blumen vor der Sichel fallen.
Auch wenn man das nicht wörtlich nehmen muss, geht es um eine erotische Energie, um eine Liebesenergie. Wer diesen Kuss von der Göttin bekommen hat, zieht, wie auch immer das aussehen mag, die Menschen an. Es geht nicht ums Beherrschen, nicht ums Bewundertwerden und um Schmeicheleien, sondern allein um jene Energie in der Tiefe unseres Herzens, die reine Liebe ist.
Bliebe noch die Frage: Wieso bekommt gerade Dermot den Kuss der Göttin? Weil er sich auf sie bezieht ! Er stellt auf seine Weise die Frage »Wer bist du?«. Als einziger der Männer versucht er nicht, sie zu »kriegen«, sondern er fragt sich: »Vielleicht meint sie mich?« Es ist eine große Heldentat auf dem Weg des Mannes zur Liebe, mit dieser Haltung auf das Weibliche zuzugehen.
Mond in Waage
Ein Kind, das mit Waage-Mond geboren wird, ist ein kleines Blumenkind mit der Sehnsucht, dass die Welt, in die es hineingeboren wird, eine schöne Welt sei. Da die erste Umwelt eines Kindes die Mutter ist, soll auch die Mutter schön sein. Das kann nun einerseits bedeuten, dass die Mutter schön aussehen soll und dass das Kind es ihr übel nimmt, wenn sie hässlich ist, sich nicht pflegt, sich nicht schön kleidet. Auf der anderen Seite geht es natürlich auch um innere Schönheit, um den Wunsch, die Mutter möge eine freundliche, eine lächelnde Frau sein, die ihr Kind wohlwollend ansieht, die mit ihm lacht und tanzt. Das Bild dieser Waage-Mond-Königin oder -Mutter hat sehr viel mit dem der Hetäre zu tun. Eine Hetäre, die auch im Salon zu Hause ist.
Ein Waage-Kind wird meist mit einem Lächeln auf den Lippen geboren. Es sind Kinder, die ein ausgesprochen freundliches Wesen haben und von Anfang an aus der Wiege herauslächeln. Wer so auf die Welt zugeht, bekommt normalerweise auch ein entsprechendes Echo zurück. Solche Kinder sind meist von klein auf beliebt, auch sie sind kleine Prinzessinnen und Prinzen, aber weniger wie Löwe-Kinder, die im Mittelpunkt stehen wollen, sondern aufgrund ihrer Anmut und ihres Charmes. Diese Kinder sind extrem abhängig von der Atmosphäre in der Familie, aber nicht weil sie so durchlässig für Seelenschwingungen wären wie die Wasser-Monde, sondern weil sie ein stark ausgeprägtes Gefühl für Harmonie und Disharmonie haben. Schwierig wird das zum Beispiel, wenn die Eltern nicht gut miteinander auskommen, wenn die Ehe der Eltern schwierig ist, wenn es gar zu Trennung und Scheidung kommt – so etwas passt einfach nicht in die Waage-Welt. In der Familientherapie habe ich anrührende Situationen miterlebt, bei denen kleine Waage-Mond-Kinder die Hände ihrer streitenden Eltern genommen und zusammengefügt haben – kleine Diplomaten, Sandwich-Kinder, die leicht zwischen die Parteien geraten und dabei oft große Not leiden, weil ihr eigener Standpunkt so völlig untergeht. Diese Kinder sind damit beschäftigt auszugleichen, was in der Familie im Ungleichgewicht ist, sie sorgen sozusagen für die Familien-Homöostase. Dadurch entwickeln sie oft früh die Vorstellung: Ich muss nett, freundlich, angenehm sein, wenn ich überleben will. Denn wenn ich Probleme mache, unfreundlich bin, nicht schön bin, auf der äußeren oder der inneren Ebene, dann mag mich keiner, sprich, dann kann
Weitere Kostenlose Bücher