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Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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oberflächlich sieht es ganz so aus – aber diese Krankenschwester, ich wette, die war nicht die ganze Nacht wach. Die ist mal eingenickt und da konnte das Mädchen raus- und reinschlüpfen.»
    «Kaum wahrscheinlich, Monsieur Pennington. Sie hatte ihr ein starkes Opiat verabreicht, vergessen Sie das nicht. Außerdem hat eine Krankenschwester aus Gewohnheit einen leichten Schlaf und wird wach, wenn ihr Patient wach wird.»
    «Klingt mir alles nicht geheuer», erklärte Pennington.
    Mit sanfter Bestimmtheit erwiderte Race: «Sie müssen mir wohl abnehmen, Mr. Pennington, dass wir sehr sorgfältig alle Möglichkeiten geprüft haben. Das Ergebnis ist ganz eindeutig – Jacqueline de Bellefort hat Mrs. Doyle nicht erschossen. Also sind wir gezwungen, woanders zu suchen. Und dabei, hoffen wir, können Sie uns vielleicht helfen.»
    «Ich?», brauste Pennington nervös auf.
    «Ja. Sie waren eng mit der Toten befreundet. Sie kennen aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Lebensumstände viel besser als ihr Mann, denn er hat sie erst vor wenigen Monaten kennen gelernt. Sie wüssten es zum Beispiel, wenn jemand Groll auf sie hatte. Sie müssten eigentlich auch wissen, ob irgendjemand einen Grund hatte, ihren Tod herbeizusehnen.»
    Andrew Pennington fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, die offenbar ziemlich trocken waren. «Ich versichere Ihnen, ich habe keine Ahnung… Sehen Sie, Linnet ist in England aufgewachsen. Ich weiß sehr wenig über ihr Umfeld und ihre Kreise.»
    «Trotzdem», überlegte Poirot laut, «gab es an Bord jemanden, der Interesse hatte Madame zu beseitigen. Sie war ja schon einmal knapp entkommen, wenn Sie sich erinnern, als genau da, wo sie war, dieser Felsbrocken herunterkrachte – ah! Da waren Sie aber vielleicht gar nicht dabei?»
    «Nein. Ich war im Tempel zu der Zeit. Ich habe natürlich davon gehört, hinterher. War wohl ganz knapp. Aber vielleicht doch ein Unfall, meinen Sie nicht?»
    Poirot zuckte die Schultern. «Das hat man damals gedacht. Jetzt – ist man nicht mehr sicher.»
    «Ja – ja, natürlich.» Pennington tupfte sich das Gesicht mit einem feinen Seidentaschentuch.
    Colonel Race setzte die Vernehmung fort. «Mr. Doyle hat beiläufig erwähnt, dass jemand an Bord ist, der Groll hegte – nicht gegen sie selbst, aber gegen ihre Familie. Wissen Sie, wer das sein könnte?»
    Pennington sah aufrichtig erstaunt aus. «Nein, keine Ahnung.»
    «Sie hat Ihnen gegenüber nichts davon erwähnt?»
    «Nein.»
    «Sie waren ein enger Freund ihres Vaters – Sie wüssten keinen Geschäftsvorgang, mit dem er am Ende einen Konkurrenten ruiniert haben könnte?»
    Pennington schüttelte ratlos den Kopf. «Keinen von Bedeutung. So etwas kam natürlich öfter vor, aber ich kann mich nicht erinnern, dass deshalb mal jemand gedroht hätte – oder sonst dergleichen.»
    «Kurz, Mr. Pennington, Sie können uns nicht helfen?»
    «So siehts aus. Mit dem tiefsten Bedauern, meine Herren, dass ich Ihnen nicht von Nutzen bin.»
    Race tauschte einen Blick mit Poirot und sagte: «Ganz meinerseits. Wir hatten auf Sie gehofft.» Er stand auf wie zum Zeichen, dass die Vernehmung beendet war.
    Andrew Pennington hatte noch Fragen. «Da Doyle ja nun das Bett hütet, möchte er sicher, dass ich ein paar Dinge in die Hand nehme. Mit Verlaub, Colonel, aber wie ist denn die Lage jetzt konkret?»
    «Wir fahren von hier aus direkt nach Shellal und werden dort morgen Vormittag ankommen.»
    «Und die Leiche?»
    «Wird in eine der Kühlkammern gebracht.»
    Andrew Pennington deutete mit dem Kopf eine Verbeugung an und verließ den Raum.
    Poirot und Race sahen sich gegenseitig an.
    «Mr. Pennington», Race zündete sich eine Zigarette an, «hat sich aber gar nicht wohl gefühlt.»
    Poirot nickte. «Und», ergänzte er, «Mr. Pennington war sogar so aus der Fassung, dass er eine ziemlich dumme Lüge erzählt hat. Er war nämlich nicht im Tempel von Abu Simbel, als der Felsbrocken herunterkam. Ich – moi qui vous parle – kann das beschwören. Ich kam nämlich gerade da her.»
    «Eine sehr dumme Lüge», sagte Race, «und eine sehr verräterische dazu.»
    Wieder nickte Poirot. «Aber im Augenblick», lächelte er, «wollen wir ihn noch mit Glaceehandschuhen anfassen, nicht wahr?»
    «Ganz recht», stimmte Race zu.
    «Mein Freund, Sie und ich verstehen uns ganz wunderbar.»
    Ein schwaches mahlendes Geräusch erklang, der Boden erzitterte unter ihnen. Die Karnak trat eben ihre Heimfahrt nach Shellal an.
    «Die Perlen», sagte Race. «Die

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