Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad
stürmte an Gustav vorbei.
Freddy und seine Tochter standen eng umschlungen vor dem Herd, herzten sich innig und konnten sich kaum voneinander lösen, als Gustav die Küche betrat.
„Wie kommst du hierher?“
Freddy grinste verschmitzt.
„Ich wollte mir dir reden. Sie haben mich freilassen müssen, nachdem der gerichtsmedizinische Befund eingetroffen war. Angelina ist ermordet worden, während ich das erste Mal im Knast gesessen bin. Mein Alibi ist also hieb- und stichfest. Aber garantiert werden sie jetzt versuchen, mir den Mord an Max anzuhängen. Bestimmt glauben sie, dass ich ihn erschossen habe. Dabei hab ich nicht einmal mehr meine Armee-pistole.“
„Max ist erschossen worden?“ Leonie schaute ihren Vater mit weit aufgerissenen Augen an.
Freddy hatte keine Zeit für Erklärungen, denn Gustav sagte nun: „Ich habe gerade den Kutscher zum Palais Schwabenau geschickt. Ich trau ihm nicht über den Weg. Willst nicht du Margarete die gute Nachricht überbringen?“
Es war offensichtlich, dass Freddy keine Lust hatte, seine wiedergefundene Tochter so rasch wieder zu verlassen.
Leonie klammerte sich an ihn.
„Bleib bei mir Papa. Ich will nicht mit diesem fremden Mann allein bleiben.“ Sie schaute Gustav giftig an.
„Ich bin ja auch noch da“, warf Vera ein.
Gustav musste all seine Überredungskunst aufbieten, um Freddy klarzumachen, dass nur er Margarete holen könne.
„Der Diener der Schwabenaus wird den Kutscher sicher am Tor abweisen. Margarete wird die Nachricht von der Rettung ihrer Tochter bestimmt nicht bekommen. Leider kann ich nicht selber hinfahren. Der alte Schwabenau hat mir Hausverbot erteilt.“
„Das habe ich schon seit fünfzehn Jahren.“
„Aber du kennst die Dienerschaft, nehme ich an. Du könntest ihr also wenigstens eine Nachricht zukommen lassen, während man mir sicher das Haustor vor der Nase zuschlagen würde.“
Dieses Argument überzeugte Freddy schließlich.
Leonie hatte bei dem Wort „Hausverbot“ sofort zu jammern aufgehört und musterte Gustav nun mit fast bewundernden Blicken.
Kaum hatte Freddy die Wohnung verlassen, wollte Gustav seiner Tante von der Einladung seines Vaters erzählen. Doch der Zeitpunkt war äußerst ungünstig. Alles drehte sich um das arme Entführungsopfer.
Josefa gab Leonie heiße Milch zu trinken und schmierte ein paar Butterbrote für sie.
Auch seine Tante bemühte sich, die Kleine bei Laune zu halten, bot ihr ein heißes Bad in ihrer gusseisernen Wanne an. Leonie stank fürchterlich, lehnte es aber ab zu baden, ging sich kurz im Ankleidezimmer seiner Tante waschen und tauschte ihr völlig verdrecktes Kleid gegen eines von Giselas luftigen Sommer-Nachthemden, das ihr Josefa brachte.
Vera wunderte sich, dass Freddy und Margarete von Leiden noch nicht zurück waren. Bis zum Parkring brauchte man sicher nicht länger als zwanzig Minuten. Seit Freddys Abgang war mittlerweile mehr als eine Stunde vergangen.
„Möchtest du schlafen gehen? Du kannst gern bei uns über Nacht bleiben. Ich werde mit deiner Mutter reden, falls sie heute noch kommt. Josefa wird dir die Chaiselongue in meinem Ankleidezimmer herrichten“, sagte Vera, als sich das Mädchen wieder zu ihnen setzte.
Gustav fragte sich, ob seine Tante nicht doch heiraten und Kinder hätte kriegen sollen. Sie schien durchaus mütterliche Qualitäten zu besitzen.
Leonie schien all die Fürsorge sehr zu genießen. Sie schmiegte ihr Köpfchen an die Schulter seiner Tante und legte den Arm um ihre Taille.
„Wenn ich darf, möchte ich noch ein bisschen aufbleiben. Ich habe da unten in der finsteren Grotte mehr als genug geschlafen.“ Sie wirkte plötzlich sehr kindlich.
Nervös ging Gustav in der Küche auf und ab und rauchte eine Zigarette nach der anderen.
„Wo bleiben die beiden bloß?“, murmelte er.
„Vielleicht hat Freddy sie nicht zu Hause angetroffen?“, warf Vera ein.
Oder sie feiern womöglich gar den glücklichen Ausgang der Entführung ihrer gemeinsamen Tochter, dachte Gustav. Er versuchte, den Gedanken an Margarete in heißer Umarmung mit dem Jockey zu verdrängen, und fragte Leonie, ob sie ihm nicht endlich die Wahrheit über diese ganze Entführungsgeschichte erzählen wollte.
„Ich verspreche dir, dass dir nichts passieren wird. Keiner wird dich bestrafen. Wir werden es niemandem weitersagen“, log er.
Die Kleine schaute seine Tante unsicher an.
„Du musst ihm nichts erzählen. Aber es wird dich erleichtern, wenn du mit uns über alles
Weitere Kostenlose Bücher