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Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad

Titel: Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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schloss die Augen.
    Gustav zündete sich eine Zigarette an, blies hastig den Rauch in die Luft.
    „Es geht zum Beispiel das Gerücht um, dass auf der Baustelle der Grottenbahn Gespenster hausen. Die Arbeiter, vor allem die aus dem Südosten der Monarchie, weigern sich seit ein paar Tagen, das Gelände zu betreten. Sie haben laute plumpsende Geräusche vernommen und behaupten, abends unheimliche Gestalten auf der Baustelle herumschleichen gesehen zu haben. Ich nehme an, Sie glauben genauso wenig an Geister wie ich.“
    „Natürlich nicht. Lass uns also mit der Grottenbahn anfangen. Du kommst doch mit, oder?“, fragte Gustav aufgeregt und ergriff ihren Arm.
    „Warte, ich denke, wir sollten Kerzen mitnehmen.“ Sie ging in ihr Zelt.
    „Es ist doch helllichter Tag“, murmelte er.
    Sylvia drückte ihm eine große Kerze in die Hand und ging voraus zur Baugrube der neuen Grottenbahn. Gustav kam sich mit der weißen Kerze vor wie bei seiner Erstkommunion.
    Die Baustelle war abgesperrt. Sylvia forderte ihn auf, über die Absperrung zu klettern. Galant half er ihr zuerst über den Bretterzaun.
    Außer Erde und Bauschutt, halbfertigen Gerüsten und monströsen Bergen aus Gips gab es nicht viel zu sehen. Sie wollten schon kehrtmachen, als Gustav eine Grube entdeckte.
    „Dort unten scheint etwas zu sein.“ Er legte einen eleganten Sprung über die Holzlatten hin, die das Loch in der Erde umgaben.
    Sylvia schlüpfte unten den Latten durch und ließ sich von ihm hinunterhelfen.
    Heftig rüttelten sie an den Gitterstäben, die den Eingang versperrten. Es schien ihr nichts auszumachen, dass ihr Gesicht voller Staub und ihr schönes Kleid völlig verdreckt waren. Mit gemeinsamen Kräften schafften sie es, das Gitter aus seiner Verankerung im Boden zu reißen.
    Gustav wollte Sylvia den Vortritt lassen, als ein leises Wimmern ertönte.
    „Da ist jemand. Vorsicht. Lass mich vorangehen.“ Er riss ein Streichholz an und hielt es an den Docht seiner Kerze.
    „Soll mir recht sein. Dann falle ich wenigstens auf dich, wenn ich stolpern sollte.“
    Mit zitternden Knien stieg er die wackelige Leiter hinab. Zum Glück war es eine kurze Leiter mit nicht mehr als fünf Sprossen. Sylvia ließ sich von ihm helfen, obwohl er davon überzeugt war, dass sie die paar Sprossen spielend ohne seine Hilfe bewältigt hätte.
    Im flackernden Schein seiner Kerze erblickten sie eine kleine Gestalt, die zusammengekrümmt auf dem Boden hockte.
    Dass Leonie von Leiden am Leben war, stand außer Zweifel. Sie schluchzte leise.
    Gustav nahm Sylvias Kerze, zündete sie mit einem Streichholz an und leuchtete mit beiden Flammen den engen, schmalen Raum aus.
    Zitternde Fratzen und furchterregende Ungetüme erschienen in dem phosphoreszierenden Licht. Die unterirdische Grotte wurde von höllischen Gestalten aus Pappmaschee, Zähne bleckenden Krokodilen, feuerspeienden Drachen aus Gummi und Teufel mit roten Zungen und großen Schwänzen bevölkert.
    „Das Lager für die Figuren der Schreckensgrotte. Hab ich es mir doch gedacht“, flüsterte Sylvia.
    „Wie bist du bloß darauf gekommen? Nur wegen der Gerüchte?“ Gustav flüsterte ebenfalls, obwohl es keinen Grund gab, leise zu sein.
    Sylvia antwortete nicht, nahm das weinende Mädchen in die Arme und redete beruhigend auf sie ein.
    Die beiden boten einen rührenden Anblick. Gustav kam sich deplatziert vor.
    Sylvia sah ihn belustigt an.
    „Ich hab nicht nur dich in den letzten Tagen im Auge behalten, sondern auch Max Polanski. Habe ihm, vor allem abends, manchmal nachspioniert. Er hat sich öfters hier herumgetrieben. Das kam mir merkwürdig vor. Was hatte er auf der Baustelle zu su-chen?“
    „Du warst das! Ich hab mir also nicht alles nur eingebildet. Weißt du, dass ich fast froh bin? Ich hatte Angst, dass ich unter Verfolgungswahn leide und demnächst auch diesen Seelenarzt Doktor Freud aufsuchen müsste. Warum hast du mich verfolgt?“
    „Weil ich dir helfen wollte. Du hast so verzweifelt gewirkt, als du mich zum ersten Mal besucht hast.“
    Leonie, die von Sylvia inzwischen von Knebel und Fesseln befreit worden war, meldete sich nun lautstark zu Wort: „Was redet ihr da? Wollt ihr noch länger hier bleiben? Lasst uns endlich verschwinden.“
    Gustav schleppte sie die Leiter hoch.
    Sobald sie wieder über der Erde waren, sah sich Gustav die klein gewachsene Leonie genauer an. Sie ähnelte tatsächlich ihrem Vater, war trotz ihrer fünfzehn Jahre ziemlich klein. Von hinten sah sie aus wie eine

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