Der Tod fährt Riesenrad - Kneifl, E: Tod fährt Riesenrad
den Tisch.
„Vielleicht hat’s ja irgendein Wahnsinniger auf die Praterleut abg’sehen.“
„Das glaubst wohl selber nicht.“
„Na, ich bin ja nicht teppert. Drei Kugeln hat der Mörder gebraucht, um das Schwein ins Jenseits zu befördern.“
„Ein Hirschauer Stückl?“ Hatte Rudi Recht gehabt? Hatten sich die beiden Rivalen Max und Freddy doch in der Hirschau duelliert?, fragte sich Gustav.
„Und die Polizei verdächtigt dich?“
„Fragst mich das im Ernst?“
„Max Polanski hatte viele Feinde. Auch du hast ihn gehasst.“
„Das kannst laut sagen! Dieses Mal hab ich leider kein Alibi. Aber warum sollte ich ihn umgebracht haben? Was denkst du? Sei ehrlich.“
„Na schließlich wurde deine Tochter entführt …“
„Geh, du kennst meine Leonie nicht. Dieser kleine Wildfang lässt sich nicht so einfach entführen. Das war eine abgekartete Geschichte. Du hast ja gehört, was Angelina erzählt hat.“
„Hat sie dir, nachdem ich weg war, noch was gesagt?“
Freddy schaute zu Boden.
„Sei ehrlich, Freddy, ich muss es wissen, nur dann kann ich dir helfen.“
Es dauerte ein paar Minuten, bis Freddy antwortete: „Angelina hat Max Polanski verdächtigt, Leonie aus ihrem Wagen geholt zu haben, während sie beim Training war. Die Arme hat mir helfen wollen, ihn zu überwachen. Wir haben gedacht, dass wir vielleicht Leonie finden würden, wenn wir ihn Tag und Nacht nicht aus den Augen lassen. Wir haben ihn abwechselnd verfolgen wollen. Sie hat die erste Beschattung übernommen …“
„Ihr seid verrückt. Du siehst ja, was dabei herausgekommen ist.“
„Ich bin Schuld an Angelinas Tod, ich weiß. Hätt mich niemals auf diesen verrückten Plan einlassen sollen. Aber es war wirklich ihre Idee. Keiner wird mir glauben. Im Gegenteil, sie wollen mir den Mord an Angelina unbedingt anhängen. Warten nur noch auf den Bericht eines zweiten Gerichtsmediziners. Wenn sie ein paar Stunden früher, als sie jetzt annehmen, erschlagen und in die Donau geworfen worden ist, hab ich auch für diesen Mord kein Alibi.“
Seine Jammerei und sein Selbstmitleid gingen Gustav auf die Nerven. Er hatte Freddy bisher für einen richtigen Kerl gehalten. Verlegen wandte er sich ab, als sich der Jockey mit der Hand die Tränen von den Wangen wischte.
„Ich werde noch einmal mit dieser Hellseherin reden.“
„Glaubst du leicht an diesen Quatsch?“
„Nein! Aber diese Frau scheint etwas zu wissen.“
„Über meine kleine Leonie?“
„Ja, könnt sein. Vor ein paar Tagen hat sie mich mit einem Briefchen zu sich in ihr Zelt gelockt. Zwar hat sie mir nur irgendeinen Blödsinn über Eisenbahntunnels erzählt, dennoch habe ich den Eindruck gehabt, dass sie mir etwas ganz Bestimmtes mitteilen wollte, sich aber nicht getraut hat ...“
„Nichts wie hin zu ihr. Quetsch sie aus. Alles ist besser, als tatenlos herumzusitzen und auf meine Hinrichtung zu warten.“
19
Gustav erblickte Sylvia schon von der Weite. Die schöne Zigeunerin stand vor ihrem Planwagen und rauchte eine Zigarette mit Spitz. Ihr enges orangefarbenes Kleid, das ihre tolle Figur prächtig zur Geltung brachte, leuchtete golden in der Mittagssonne. Gustav registrierte, dass sie auch zu diesem eleganten Kleid keine Schuhe trug.
„Ich bin nach wie vor auf der Suche nach Leonie von Leiden und brauche deine Hilfe.“ Er bemühte sich um einen forschen Ton.
„Tut mir leid. Ich habe keine Zeit, ich muss gleich arbeiten gehen.“
„Freddy Mars sitzt im Landl, wird des Mordes an der Kunstreiterin Angelina verdächtigt. Ihm droht der Tod durch den Strang, wenn wir die Kleine nicht finden.“
Sie schaute ihn lange an.
„Ich glaube, dass Leonie von Leiden irgendwo hier auf diesem riesigen Gelände ist.“
Gustav zückte sein Portemonnaie und gab ihr zwei Kronen.
Sie schenkte ihm einen seltsamen Blick.
„Du willst mich schon wieder kaufen, Herr Graf?“
Überrascht, dass sie ihn zurückduzte, stammelte er: „N… nein. Ich möchte Sie … dich ... könntest du mir nicht wenigstens irgendeinen Hinweis geben, wo ich nach ihr suchen soll.“
„Ich hab ein finsteres Loch, eine Art Tunnel und Schienen gesehen …“
„Im Prater gibt es keinen Eisenbahntunnel.“
„Das Versteck liegt sicher unter der Erde.“
„Hier gibt es Dutzende Baugruben. Wenn ich die alle absuche, dauert das eine kleine Ewigkeit. Und dann kann es schon zu spät sein. Der Mörder hat ein drittes Mal zugeschlagen, wie du sicher weißt.“
„Lassen Sie mich nachdenken.“ Sylvia
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