Der Tod hat eine Anhängerkupplung: Ein Campingkrimi (German Edition)
umbringen, die arme Andrea Heinrichs auch, und sie aus dem widerlichsten Grund, den man sich vorstellen kann. Denn es gab keinen! Du wolltest nur eine falsche Fährte legen, dir ein falsches Alibi verschaffen, Zeit gewinnen. Mit ihr hatte das nicht das Geringste zu tun.«
Der Gerichtsmediziner war in sich zusammengesunken. »Arie Tromp, ich nehme dich fest, weil du im dringenden Tatverdacht stehst, Coen Rimmel und Andrea Heinrichs umgebracht zu haben. Agent Munniks, schaffen Sie ihn hier raus. Ich kann diese verlogene Visage nicht mehr sehen!«
Der Polizist führte den Pathologen zum Auto. Hätte es eine Überwachungskamera in der Kantine gegeben, hätte man glauben können, jemand hätte den Monitor auf Standbild geschaltet. Nachdem der Polizist den Pathologen abgeführt hatte, bewegte sich niemand.
Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis die Polizistin endlich aufstand und sagte: »Danke! Wir brauchen Sie nicht mehr. Sie können gehen.«
Wie benebelt trotteten wir zum Ausgang. Die Sonne blendete mich, und ich legte eine Hand über die Augen. Draußen war es unglaublich hell. Die Mittagssonne stand an einem Himmel, dessen Blau von drei kleinen Schleierwolken verziert wurde. Es war ein herrlicher Julitag geworden.
48
Isabelle stand auf und ging zu Piet. Er nahm sie in den Arm.
»Danke«, sagte sie. »Das hätte ich nie gedacht. Doch nicht Arie!« Tränen standen in ihren Augen. Jetzt konnte sie endlich weinen.
»Doch nicht Arie!«, wiederholte Piet. Er drückte die halb gerauchte Zigarette im Aschenbecher aus. »Ich glaube, eigentlich ist jeder von uns zu so etwas fähig. Aber bei den meisten setzt zur richtigen Zeit so etwas wie Gewissen ein. Diesen Augenblick gab es auch für ihn. Er wollte dich umbringen, aber er konnte es nicht. In diesem Augenblick hätte er innehalten können. Diesen Augenblick ließ er vorübergehen. Und wenn man das tut, dann hat man sich dem Bösen verschrieben, ein zweiter Augenblick kommt dann nicht mehr.«
Isabelle küsste ihn auf die Wange und verließ die Kantine.
Annemieke packte ihr Notizbuch und den Stift in die Tasche. Sie wollte sich durch das Haar streichen, doch dann stellte sie fest, dass sie einen Pferdeschwanz trug. Sie hängte sich die Tasche über die Schulter und ging ebenfalls zum Ausgang. Piet folgte ihr. Auf dem Weg zum Wagen sagte sie fast beiläufig: »Gratulation. Großartig. War das nötig?«
Verwundert sah er sie an. »Was meinst du?«
»Das, was du eben gesagt hast, das mit dem Augenblick. Das war ein Zitat, nicht wahr?«
»Ja«, gab er zu. »Das hat Hercule Poirot gesagt, in Tod auf dem Nil , aber in unserem Fall war es die Wahrheit.«
»Du wusstest schon gestern Abend ganz genau, dass Arie der Mörder ist. Aber du wolltest unbedingt dieses wunderbare Happening veranstalten. Wir hätten auch in die Pathologie fahren können. Meinetwegen hätten wir Balkenhol mitnehmen können. Aber nein, du musstest Arie unbedingt vor Zuschauern auseinandernehmen, weil du deinen Fall haben wolltest.« Sie sah ihn halb bewundernd, halb angewidert an.
»Ganz gewiss nicht«, behauptete Piet. »Weißt du? Poirot war eitel, deshalb hatte er gern ein Publikum. Ich gebe gern zu, ich hatte Spaß an diesem Spiel, aber das war nicht der Grund. Ich bin nicht eitel. Arie wollte uns vorführen! Er wollte vor der ganzen Welt einen Mord zelebrieren, an dem wir scheitern mussten. Es war der fast perfekte Mord. Sein Plan hatte einen kleinen Haken, aber den konnte nur ein Gerichtsmediziner finden, und dieser Gerichtsmediziner war er.«
»Und jetzt hast du ihn vorgeführt.« Annemieke nickte langsam.
»Wenn du so willst, ja! Er konnte Isabelle nicht töten. Also hat er ihr das genommen, was sie zum Leben brauchte.« Piet nahm eine Sonnenbrille aus der Jackentasche. »Ich hasse Halbgötter, und ich hasse Menschen, die glauben, dass sie welche sind.«
Sie erreichten den Peugeot, der auf dem Parkstreifen vor Johnnys Supermarkt abgestellt war. Annemieke schloss den Wagen auf: »Vor anderthalb Stunden war das ein schattiger Parkplatz.«
Sie stiegen ein. Es war brütend heiß im Wagen. »Wenn das mit dem Klima so weitergeht, sollte die niederländische Polizei über Klimaanlagen in Dienstfahrzeugen nachdenken«, sagte Annemieke und trat aufs Gaspedal.
»Ich bin nicht eitel«, widerholte Piet. »Ich habe auch gar keinen Grund dazu. Hätte dieser verdammte deutsche Arzt nicht das Hämatom entdeckt, dann wäre Arie mit seinem Plan durchgekommen.«
Vor der Schranke
Weitere Kostenlose Bücher