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Der Tod ist kein Gourmet

Der Tod ist kein Gourmet

Titel: Der Tod ist kein Gourmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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was er über sie schrieb.
    Genau wie im Laurel Tree hatte auch damals ein Ehepaarmittleren Alters das Hotel geführt, in dem er abgestiegen war. Anscheinend hatten sie ihre gesamten Ersparnisse investiert. Das hatte ihm seinerzeit jedenfalls der Mann erklärt, der ihn angerufen und angefleht hatte, seinen Verriss zurückzunehmen. Der Hotelier hatte ihn angeschrien: »Wissen Sie, was Sie da gemacht haben? Sie haben uns ruiniert, verdammt noch mal!«
    »Nein«, hatte Wright knapp geantwortet. »Sie haben sich selbst ruiniert.« Dann hatte er aufgelegt, hatte seine Schlüssel genommen und war Mittagessen gegangen.
    Ehe er das Zimmer verließ, klappte er noch einmal den Laptop auf und tippte ein paar Notizen ein – genug, um daraus einen brauchbaren Entwurf zu machen, ehe er sich an den endgültigen Artikel setzte. Seine Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass knappe Notizen einem halfen, eine scharfe Kritik zu formulieren, und so arbeitete er am liebsten.
    Ehe er den Laptop wieder zuklappte, überprüfte er noch rasch seine Bankkonten. Er hatte eines für die Arbeit, ein privates, von dem er seine Strom- und Gasrechnung und Ähnliches bezahlte, und ein Sparkonto, auf dem nur Einzahlungen vorgenommen wurden, und zwar von Leuten, die er liebevoll seine guten Kunden nannte. Er bezahlte überhaupt selten von irgendeinem der Konten etwas.
    Als sein Auge auf die letzte Zeile seines Online-Auszugs fiel, verhärteten sich seine Züge. Eine große Gutschrift, die er erwartet hatte, war ausgeblieben. Einer seiner guten Kunden war in Verzug geraten. Das fand er gar nicht lustig. Seine Kiefer mahlten.
    Dieser Kunde war relativ neu, und er hatte ihn auch nur zufällig kennengelernt. Verglichen mit ihm waren alle anderen kleine Fische. Na, dachte er, sieht ganz so aus, als müsste ich ihm eine kurze Mahnung schicken.
    Er rief eine Telefonnummer an, die man ihm gegebenhatte – keine Handynummer, sondern eine Festnetznummer in einem Ort am Ende der Welt, die man nicht nachverfolgen konnte, vermutlich die Nummer einer der Telefonzellen, von denen es ja immer noch einige gab, wenn auch sehr viel weniger als früher.
    Zu seiner Überraschung schaltete sich ein altmodischer Anrufbeantworter ein. Also keine Telefonzelle. Aber zumindest war es kein Handy. Dann konnte man das Gespräch nicht nachverfolgen. Er machte keine Geschäfte über Telefonleitungen, die man nachverfolgen konnte.
    »Sie haben noch nicht gezahlt«, sprach er auf den Anrufbeantworter. »Sie haben noch bis sechs Uhr heute Abend. Und dann, mein Freund, steckt Ihr Kopf in der Schlinge.«
    Zufrieden lehnte er sich zurück. Alles war gut, und das Problem mit der fehlenden Gutschrift war sicherlich nur ein Versehen. Er schaltete den Computer ab, räkelte die Arme über dem Kopf und überlegte, was er heute machen würde.
    Er fühlte sich wunderbar. Kleine weiße Wolken zierten den strahlendblauen Himmel. Warum nicht einmal den Touristen spielen und sich ein paar Sehenswürdigkeiten anschauen?, überlegte er.
    Mr. Dodd hatte Dienst am Empfang. Ein breites Lächeln leuchtete auf seinem Gesicht.
    Wright bezahlte mit der Kreditkarte, die er für seine Geschäftsreisen benutzte. Am Ende würde die Zeitung die Rechnung begleichen.
    »Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Aufenthalt?« Der Hotelbesitzer schaute ihn freundlich und erwartungsvoll an.
    Aber so leicht ließ sich Wright die Komplimente nicht entlocken. Er überprüfte die Beträge genau, ehe er die Quittung in die Tasche steckte, und bemerkte erfreut, dass dieGetränke, die er konsumiert hatte, nicht auf der Rechnung erschienen waren. Der Trick mit dem kalten Tee hatte funktioniert.
    »Schöner Tag heute«, sagte Mr. Dodd, nachdem Wright nicht auf seine Frage geantwortet hatte.
    Jetzt war es an Wright, ihn anzulächeln. »Ja, wirklich schön.«
    Er schwang sich den Riemen seiner Reisetasche über die Schulter, verließ das Hotel und stürzte sich in die Menschenmenge, die über die Pulteney Bridge in Richtung Bath Abbey zog.
    C. A. Wright verströmte aus jeder Pore Selbstzufriedenheit. Sie strahlte ihm aus dem dünnlippigen Mund und aus den wässrigen blauen Augen. Er hatte denen im Hotel ihren Whisky weggetrunken, und die Idioten hatten es nicht einmal gemerkt. Er hatte vor dem Weggehen sogar noch eine dieser lächerlich kleinen Fläschchen leergemacht, in denen kaum mehr als ein Schluck war. A propos Schluck, er würde bald wieder einen brauchen, aber noch nicht jetzt gleich. Er hatte ja seinen persönlichen Vorrat dabei.

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