Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
daran mangelte, konnte sich eines ortskundigen Führers bedienen. An den Grenzen, namentlich an der zur sowjetischen Besatzungszone (SBZ), die beiderseits am besten bewacht wurde, hatte sich in kürzester Zeit eine ganze Zunft von Grenzführern etabliert, die gegen ein entsprechendes Handgeld jeden, der es wünschte, über die Grenze schleusten. Unter ihnen gab es nicht wenige Kriminelle, die es nur auf das Geld und Gepäck ortsunkundiger Grenzgänger abgesehen hatten. So kam es zu einer Konzentration von Verbrechen entlang der Zonengrenze. Mancher Grenzgänger wurde ermordet oder verschwand spurlos. Die meisten dieser Verbrechen blieben unaufgeklärt. Allein im Zonengrenzgebiet des Landes Niedersachsen wurden beispielsweise vom Sommer 1945 bis Ende 1946 254 unaufgeklärte Morde registriert. Bedenkt man, daß in jenen Tagen selbst solche traditionell vom Verbrechen heimgesuchten Großstädte wie etwa Hamburg „nur" eine jährliche Mordquote von 25 bis 30 Fällen hatte, läßt sich leicht ausmalen, wie es in den Grenzgebieten zuging.
Weder die britische und amerikanische Militärpolizei noch die deutsche Polizei wurden mit diesem kriminellen Ansturm fertig. In Bayern stellten die Amerikaner deshalb schon 1946 eine 1900 Mann starke, teilweise motorisierte, teils berittene oder mit Fahrrädern ausgerüstete deutsche Landesgrenzpolizei auf, die später ein Teil des berüchtigten Bundesgrenzschutzes wurde. Diese Landesgrenzpolizei sollte den illegalen Grenzverkehr in die sowjetische Besatzungszone, in die CSR und nach Österreich unterbinden und zusammen mit der Kriminalpolizei kriminelle Handlungen im Grenzgebiet ahnden. Ähnliche Polizeiformationen entstanden bald auch in der britischen und französischen Zone.
Neun grauenhafte Funde
Von Ende März 1946 bis Anfang März 1947 wurden der Polizei zwischen Uetzen in Niedersachsen und Hof in Bayern neun grauenhafte Entdeckungen gemeldet. Die erste wurde im Bruch von Roklum nahe dem Grenzübergang Mattierzoll gemacht und betraf eine 32jährige Frau, die mit mehreren klaffenden Kopfwunden tot aufgefunden wurde. Aus dem Tatbefund ergab sich, daß die Frau vergewaltigt und ausgeraubt worden war.
Die Polizei konnte das Opfer zwar als Erika M. identifizieren und feststellen, daß sie Verwandte in der sowjetischen Besatzungszone besuchen wollte, vom Täter jedoch fehlte jede Spur. Das Ermittlungsverfahren wurde daher vorläufig eingestellt.
Einige Monate später, am 19. Juli 1946, entdeckte man neben dem Waldweg von Walkenried nach Ellrich die übel zugerichtete Leiche einer etwa 25 Jahre alten Frau. Das Mordwerkzeug, ein Hammer, lag unmittelbar neben der Leiche. Auch diesmal wurde ein Raub- und Sexualverbrechen festgestellt. Dem gerichtsärztlichen Befund zufolge war der Mord bereits zwei Tage zuvor, also am 17. Juli 1946, geschehen. Das Opfer konnte nicht identifiziert werden, obwohl die Frau wegen der auffälligen Kurbelstickerei ihres dunkelblauen Kleides mehreren Zeugen am 16. Juli in der Nähe des Bahnhofs Walkenried aufgefallen war. Zu dieser Zeit hatte sie einen Koffer bei sich gehabt und war offensichtlich auf dem Wege zur Zonengrenze. Ein Zeuge erinnerte sich auch daran, daß die Frau von einem Manne begleitet wurde, den er jedoch nicht näher beschreiben konnte. Der Kriminalpolizei gelang es nicht, diesen Mann zu ermitteln, sie stellte daher die Untersuchung ein.
Der nächste, besonders grausige Fund wurde am 20. August 1946 auf dem Gelände des Güterbahnhofs Hof gemacht. Eisenbahnarbeiter entdeckten dort frühmorgens bei Schichtbeginn eine auffällige Blutspur und einen Damenschuh. Die Spur führte zu einem sieben Meter tiefen Brunnen. Auf seiner Sohle lag die Leiche einer 20- bis 25jährigen Frau, die laut ärztlicher Untersuchung erst wenige Stunden tot war.
Als Todesursache wurde eine schwere Schädelverletzung, verursacht durch einen stumpfen Gegenstand, und Verbluten infolge eines tiefen, bis auf die Wirbelsäule reichenden Halsschnittes festgestellt. Der linke Ringfinger war abgetrennt worden, und außerdem wies der Körper der Toten mehrere Hämatome, Quetschungen und Kratzwunden auf, die ein Sexualverbrechen vermuten ließen. Die Hofer Mordkommission vernahm alle Arbeiter und Angestellten des Güterbahnhofs, stellte Ermittlungen in der Umgebung, insbesondere in den nahe gelegenen Gaststätten an und stieß dabei auf einen wichtigen Zeugen. Ein Kellner konnte sich daran erinnern, die Frau abends zuvor mit zwei Männern in der Bahnhofswirtschaft gesehen
Weitere Kostenlose Bücher